Seine erste Karriere ist im Heidenheimer Kunstmuseum bis heute unübersehbar: 1904 wurde das Gebäude als Volksbad eingerichtet, von der Schwimmhalle zeugen bis heute Hinweise von der Neptun-Statue über den angedeuteten Beckenrand bis zu alten Umkleidekabinen. Doch das Heidenheimer Volksbad war viel mehr als ein Hallenbad für Sport und Freizeit. Einst gab es auch die Wannenbäder, also Badezimmer mit Wannen, die man sich mieten konnte. Praktisch in einer Zeit, in der allenfalls Millionäre richtige Badezimmer hatten und fast alle Menschen sich in der Küche in Waschzuber hocken mussten, wenn sie so etwas wie ein Bad wollten. Sogar eine „städtische Wäscherei“ gab es, eine Reinigung mit damals hochmodernen Heißdampf-Waschmaschinen.
All das brauchte Dampf, Hitze und heißes Wasser – von der Schwimmhalle und den 1904 äußerst exotischen Saunen („Dampf- und Heißluftschwitzbäder“) ganz zu schweigen. Man musste heizen, viel heizen, mit Kohle und in den Dimensionen eines Dampfschiffs. Von vornherein bestand das Stadtbad aus drei Trakten: dem Bad, einem Vorgebäude und einem stattlichen Kesselhaus, mit Apparateraum, Kohlebunker – und einem Kamin. Und wie immer in der Heidenheimer Tallage wollte man zu viel Smog vermeiden, indem man den Kamin ordentlich hoch baute: bis auf 32 Meter ziegelte man den Schlot in die Höhe.
Kamin steht unter Denkmalschutz
Der Kamin durchstand das ganze Auf und Ab des Bades: Im Kesselhaus wurde von Kohle mal auf Öl und mal auf Gas umgestellt, das Stadtbad kam in die Jahre und nach der Eröffnung der Aquarena aufs Abstellgleis: Anfang 1987 schloss der Badebetrieb im Schwimmbad (die Wannenbäder gab es noch bis 1994!). 1987 war auch ein schlechtes Jahr für den Kamin: Immer wieder hatte man über die Jahrzehnte den anfälligen Kaminkopf sanieren und erneuern müssen, nun wurde der Kopf entfernt und der Kamin um mehrere Meter niedriger. Zu einem einst geplanten Rückbau kam es aber nicht. Das Stadtbad wurde zum Kunstmuseum, heute steht der Kamin unter Denkmalschutz, 2013 wurde er zuletzt saniert, was vor allem die statisch nötigen Metallringe um das Mauerwerk betrifft. Und als Nistplatz für Störche (die man schon seit den 1990er Jahren immer wieder auf dem Kamin sah) hat er eine Funktion. Geheizt wird heute nämlich gar nicht mehr unter dem Kamin. Warm wird es im Kunstmuseum dank der Heizzentrale des benachbarten Hellenstein-Gymnasiums. Die ist viel moderner, hat sogar ein Blockheizkraftwerk. Nur Störche können dort nicht nisten.
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