Meisterkonzert

Wie das „Barbican Quartet“ in der Waldorfschule auch im Regen „Europäische Blicke“ umsetzte

Perfekt ausgewogene Kammermusik bot das „Barbican Quartet“ in der Heidenheimer Waldorfschule im Rahmen der Meisterkonzerte

.Jung, spontan und vorzüglich zu viert: das „Barbican Quartet“. Die Gruppe der vier Musikerinnen und Musiker, alle etwa 30 Jahre alt, präsentierte „Europäische Blicke“ in einem meisterhaften Kammerkonzert im Saal der Heidenheimer Waldorfschule.

„Barbican Quartet“: Das sind Amarins Wierdsma und Kate Maloney an der Violine, Christoph Slenczka an der Viola und Yoanna Prodanova mit dem Cello. Gemeinsam widmeten sie sich dem traditionellen Kammerkonzert in drei Stücken. Genauso wie die vier Musiker waren auch die Komponisten der Streichquartette vergleichsweise jung, als sie die Stücke verfassten. Aber auch bei der Herkunft waren Parallelen zu erkennen: denn die vier Musiker stammen wie die Komponisten alle aus unterschiedlichen Ländern – ein wahrer Blick gen Europa.

Seidenweicher Auftakt mit Schubert

Das Programm begann mit dem Streichquartett Nr. 10 D 87 in Es-Dur von Franz Schubert. Im ersten Satz, dem „Allegro moderato“, hauchte der Bogen von Amarins Wierdsma seidenweich über die Saiten. Es fühlte sich eher wie ein Streicheln an denn als ein wahres Streichen. Das Quartett moderierte Kontraste, erzählte viele kleine Gedanken, die eng nebeneinander tanzten, drängten und drückten. Dann folgte das „Scherzo prestissimo“: beginnend voller Aufregung, was sich wieder einmal zu einem Hochglanz-Musikerlebnis entwickelte. Darauf folgen wunderschöne Motive, die leicht, hüpfend und unbeschwert daherkamen.

Die Regel bei Konzerten besagt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer erst am Ende des Stückes applaudieren dürfen. Dies einzuhalten, machte es das raffinierte Antäuschen des Endens all denjenigen besonders schwer, die das Stück nicht kannten.

Der Komponist des zweiten Stückes, Benjamin Britten, stammte aus dem Vereinigten Königreich und lieferte das Streichquartett Nr. 1 D-Dur op. 25. Hie und da kann man bei dem Komponisten aus dem 20. Jahrhundert auch Anklänge an den „Vater des Streichquartetts“, Joseph Haydn, erkennen. Im ersten Satz, dem „Andante sostenuto – Allegro vivo“ erzeugten die Geigen und die Bratsche beinahe geisterhaft ätherisierend hohe Töne, die zwar mystisch, aber nicht stechend waren.

Viele Emotionen, beschwingtes Pizzicato

Schließlich erfolgte ein Sprung nach der Pause zurück zu Maurice Ravel, der zwischen Schubert und Britten lebte. Im ersten Satz zeigten die jungen Musiker sehr viele Emotionen, die durch deren Körper zu fließen schienen, und sie setzten teilweise mit den Schuhen hart auf den Boden auf. Beschwingtes Pizzicato zeigt sich im zweiten Satz, besonders von Yoanna Prodanova, ebenfalls zeigte sich eine zart singende Violinenstimme, die von groben Zupfern durchstochen wurde. Die Stille des vorigen Satzendes riss der vierte Satz entzwei, ein Wechselbad der Gefühle folgte.

Zum Ende gab es dann Applaus vonseiten des Publikums – beim nächsten Mal darf der Saal gern voll besetzt sein – und eine kurze Zugabe. „Wenn ich ein Vöglein wär“ von Schumann: ein passendes Ende für perfekt ausgewogene Kammermusik.

Aus dem Quartett wurde ein Quintett

Mitten im Konzert wurde aus dem Quartett ein Quintett, was die Musiker mit einem Lächeln kommentierten, und mitden Worten von Amarins Wierdsma: „Oh, wow!“. Es hatte begonnen, sehr kräftig zu regnen. An manchen Stellen schuf dieser „fünfte Musiker“ einen angenehmen rhythmischen Klangteppich, aber an anderen Stellen prasselte er die feinen Nuancen der Profimusiker schroff nieder und lenkte ab. Für schöne kleine Figuren, helle, ideenhafte Punkte und bestimmende Aussagen im vierten Satz nahmen sich Donner und Regen dann aber rechtzeitig zurück.

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