Am Anfang war die Hausmusik

Wie das Heidenheimer Voith-Orchester vor 75 Jahren entstand

Die Tradition des seit 75 Jahren bestehenden Orchesters begründete die musizierende Familie von Dr. Hanns Voith schon vor dem Zweiten Weltkrieg. Am 17. Dezember steht das Weihnachtskonzert auf dem Programm.

Wie das Heidenheimer Voith-Orchester vor 75 Jahren entstand

Wenn in zehn Tagen das Voith-Orchester die Bühne im Festsaal der Heidenheimer Waldorfschule betreten wird, dann wiegt das im übertragenen Sinne sicherlich ein wenig schwerer als sonst. Denn das Weihnachtskonzert des Jahres 2023 am Sonntag, 17. Dezember, ist gleichzeitig auch gewissermaßen ein Festkonzert zum 75-jährigen Bestehen des Voith-Orchesters.

Und stellte man das Visier beim langen Blick zurück in die Geschichte nur ein wenig anders ein, könnte sogar vom 95-jährigen Bestehen die Rede sein. Denn bereits im Jahr 1928 wurde im Hause Voith ein Lehrlingsorchester gegründet, das zeitweise an die 50 Mitglieder hatte und sich sogar an Sinfonien wagte. So erklang 1932 im Konzerthaus etwa Joseph Haydns Sinfonie Nr. 94 in G, die „mit dem Paukenschlag“.

Vom Wert des Musizierens

Doch wie dem auch gewesen sein mag: Die offizielle Geschichtsschreibung in Sachen Voith-Orchester beginnt im Jahre 1948 mit der Gründung des Voithschen Kammerorchesters, dessen Keimzelle im schon in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg begründeten Hausmusikkreis der Familie von Dr. Hanns Voith zu finden ist. Voith, der selber Violine spielte, öffnete diese zunächst rein familiär gepflegte musikalische Runde allmählich für Freunde, Bekannte und auch Firmenangehörige.

Hanns Voith betrachtete die Musik als „geistigste aller Künste“. Und dem Musizieren maß er hohe Bedeutung zu. Es forme den Menschen ganzheitlich und habe, in Gemeinschaft praktiziert, zudem „eine enorm pädagogische wie soziale Komponente“. Freilich hatte für ihn die Musik gewissermaßen auch ihre Grenzen. Wo die lagen, illustriert eine in der von Adalbert Feiler im Jahr 1992 herausgegebenen umfangreichen Schrift „Voith-Orchester Heidenheim“ kolportierte Begebenheit. Als kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Dr. Hanns Voith die noch auf dem Betriebsgelände gelagerten Blasinstrumente des einstigen Lehrlingsorchesters an die amerikanische Besatzungstruppe verschenkte, erntete er Widerspruch vom früheren Orchesterleiter Max Ruckhäberle. Voith wiederum erwiderte: „Glauben Sie, ich riskiere meinen Betrieb wegen ein paar Trompeten?“

Vier Dirigenten

Doch weiter im Text. In den Anfängen nach der Gründung des Kammerorchesters im Jahr 1948 kamen nach und nach Bläser hinzu, und das Orchester entwickelte sich so weit, bis es in den 1980er Jahren der große symphonische Klangkörper wurde, als den man es heute kennt.

Vier Dirigenten lenkten die Geschicke des Voith-Orchesters bis heute: Karl Hahn von Beginn an bis 1965, anschließend Gerhard Saal bis 1982, gefolgt von Horst Guggenberger und seit 2005 Paraskevi Kontogianni.

Seit dem Jahr 1948 bis heute geblieben ist die Art der Besetzung des Orchesters mit alten und jungen Musikern, versierten Musikern und Anfängern, Profis und Amateuren. Die jüngste Musikerin derzeit ist 14, die älteste 83, das Durchschnittsalter des Orchesters so um die 45. Und unter den ungefähr 60 Musikern sind inzwischen auch wieder deutlich mehr Voith-Beschäftigte, als das zwischendurch einmal der Fall gewesen war.

Seit 40 Jahren ein Verein

Einen wichtigen Einschnitt in der Geschichte des Orchesters markiert das Jahr 1983. Seinerzeit wurde aus dem bis dahin allein von der Firma Voith subventionierten Betriebsorchester ein auf Spendenbasis operierender eingetragener Verein. Dessen Hauptgönnerin ist die Hanns-Voith-Stiftung, auch die Hugo-Rupf-Stiftung ist und private Spender sind, ebenso wie die rund 130 fördernden Mitglieder, an der Finanzierung des Vereins beteiligt, der so jedes Jahr zwei Konzerte bewerkstelligen kann, für die traditionell weiterhin kein Eintritt verlangt, sondern lediglich eine Spende erbeten wird.

Auf dem Programm des Konzertes am Sonntag, 17. Dezember, ab 17 Uhr im Festsaal der Waldorfschule stehen Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonia concertante für Violine und Viola in Es-Dur und Peter Tschaikowskys hochberühmte Nussknacker-Suite. Die beiden Mozart-Solisten, die Geigerin Johanna Durczok und der Bratscher Felix Weischedel, werden übrigens auch bei Tschaikowsky eine Rolle spielen, und zwar als Erzähler. Die musikalische Leitung des Abends hat selbstverständlich die Dirigentin des Voith-Orchesters, Patty Kontogianni.

Weihnachtskonzert am 17. Dezember: Abendkasse oder Matinée

Für das Weihnachtskonzert des Voith-Orchesters werden an der Abendkasse noch einige Restkarten erhältlich sein. Alternativ ist auch ein Besuch der um 11 Uhr ebenfalls am Sonntag, 17. Dezember, beginnenden Matinée im Festsaal der Waldorfschule möglich, für die keine Platzkarten erforderlich sind.

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