Der Ältere buddelt am liebsten im Dreck, der Jüngere interessiert sich mehr fürs Rauschen. Kurt und Heinz Bittel haben in ihren Rollen als Prähistoriker respektive Physiker recht unterschiedliche Berufswege eingeschlagen. Was sie verbindet, ist zum einen das Geschwisterband, zum anderen die gemeinsamen Wurzeln in Heidenheim. Dort ist der Name Kurt Bittel freilich weitaus geläufiger als der des jüngeren Bruders Heinz. Ein Umstand, dem zwei Autoren entschieden entgegenwirken wollen: Der Nattheimer Manfred Allenhöfer und Wilhelm Große-Nobis aus Münster präsentieren in einem Buch die außergewöhnlichen Lebenswege und Karrieren der Gebrüder Bittel.
„Der Grundgedanke war von Anfang an, dass es ja zwei Bittel gab“, erklärt Allenhöfer. Der ältere Bruder Kurt (1907-1991) fand bereits in jungen Jahren Gefallen daran, historische Überreste auszugraben – aus seiner Leidenschaft machte Kurt Bittel später seine Profession. Als Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts richtete er seinen Blick Richtung Kleinasien, genauer gesagt auf die Erforschung der hethitischen Hauptstadt Hattusa.
Kuriose Geschichten über Kurt Bittel und seine Weggefährten
Bald darauf avancierte der gebürtige Heidenheimer zum Direktor des Instituts in Istanbul, wurde später Professor in Tübingen, kehrte anschließend nach Istanbul zurück und verlegte im Ruhestand seinen Lebensschwerpunkt einmal mehr nach Heidenheim. Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen pflasterten Kurt Bittels Weg, heute ist der Heidenheimer Kurt-Bittel-Preis selbstverständlich nach dem Prähistoriker benannt.
Bei der Recherche über den älteren Bruder lernte Manfred Allenhöfer vieles über Bittel selbst, ähnlich vieles – und kurioses – offenbarte sich ihm über Bittels Weggefährten. Ilse Bittel etwa, die erste Frau des Forschers, war nicht nur die erste Gymnasiastin und Abiturientin in Heidenheim, sie machte sich zudem als Jahrgangsbeste einen Namen. „Noch am Abend ihrer Hochzeit sind die beiden nach Anatolien gereist“, erzählt Allenhöfer. „Dort hat Ilse eine wichtige Rolle bei der Organisation der Forschungsarbeit gespielt.“ Und vermutlich war sie die Erste, die jemals in Anatolien schwäbische Spätzle zubereitet hat.
Mit dem Klassiker der süddeutschen Teigwaren war Heinz Bittel (1910-1980) sicherlich ebenfalls vertraut. Obwohl er seinen Bruder anfangs bei der ein oder anderen Ausgrabung begleitete, setze Heinz seine beruflichen Segel später entschieden Richtung Physik – äußerst erfolgreich, wie sich herausstellen sollte. Bereits mit 27 Jahren habilitierte Bittel. Seine akademische Karriere wurde vom Krieg unterbrochen, doch noch vor Kriegsende wurde der jüngere Bruder Professor in München. 1951 wurde er an der Universität Münster auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Angewandte Physik berufen, ehe Heinz Bittel 1963 sogar zum Rektor der Universität aufstieg.
„Um das Leben und die Lebensleistung eines Physikers zu würdigen, braucht es einen Physiker“, findet Manfred Allenhöfer. Geradezu prädestiniert dafür war und ist demnach Wilhelm Große-Nobis. Der trat 1963 als Bittels Diplomand ins Institut für Angewandte Physik ein und promovierte später 1969 sogar bei ihm. Heinz Bittel selbst machte sich auf dem Gebiet der ferro- und ferrimagnetischen sowie ferroelektrischen Materialforschung einen Namen, darüber hinaus war er international als Experte für das Phänomen Rauschen anerkannt.
Kurt und Heinz Bittel: von Heidenheim zu internationalem Renommee
Kurt und Heinz Bittel haben es letztlich geschafft, ihre in Heidenheim beginnenden und geförderten Leidenschaften nicht nur zu professionalisieren, sondern sogar, zu Koryphäen auf ihren Gebieten hinaufzusteigen. Oder, wie es der Untertitel der Doppel-Bittel-Biografie formuliert: vom Brenztal auf die Gipfel zweier Wissenschaften.
Biografie über Kurt und Heinz Bittel
„Kurt Bittel / Heinz Bittel – Vom Brenztal auf die Gipfel zweier Wissenschaften“ aus der Feder von Manfred Allenhöfer und Wilhelm Große-Nobis wurde von der Stiftung Literaturforschung in Ostwürttemberg herausgegeben und ist im Einhorn-Verlag erschienen. Das Buch hat die ISBN 978-3-95747-159-8.