Während am vergangenen Wochenende in der Region ausgelassen Fasching gefeiert wurde, war im Konzerthaus eine andere Art von Freude zu erleben. Der Junge Kammerchor Ostwürttemberg, der sich zweimal im Jahr zu einer Probenwoche trifft, um unter der Leitung von Thomas Baur und Maddalena Ernst hochkarätige A-cappella-Musik einzustudieren, hatte sich diesmal die Natur zum Thema genommen. Charmant und persönlich führte der junge Basssänger Christian Glass durch den Abend und erzählte dem faszinierten Publikum – an die 400 Zuhörerinnen und Zuhörer waren gekommen – welche Lieder als Nächstes gesungen würden und warum das eine oder andere ein Herzenswunsch des Chores war.
Glasklar und hoch konzentriert
In der ersten Konzerthälfte trat der Gesamtchor – etwa 40 Sängerinnen und Sänger, und zwar fast gleich viele in allen Stimmen – auf unter der Leitung von Baur, und was die jungen Menschen da einstudiert hatten, war von Beginn an mitreißend. Schon beim „Ungewitter“ von Robert Schumann zu einem Gedicht von Adelbert von Chamisso waren die Naturgewalten im Saal förmlich zu spüren. Der Chor und jede einzelne Stimme, glasklar und hochkonzentriert, nahmen die Zuhörer mit in den Sturm und in das leise Aufatmen, in Melancholie und Machtlosigkeit. Immer stand die Natur auch sinnbildlich für Liebe und Verzweiflung, für leise Hoffnung und Sonnenstrahlen, die sich Bahn brechen. In dem vertonten Naturhymnus der Navajo-Indianer „In Beauty May I Walk“ („In Schönheit möge ich gehen“) wob der Chor sensationell die Stimmen, die vor dem inneren Auge wie von selbst entstehenden Naturbilder ineinander, sodass man nur noch den Atem anhielt. Auch moderne Stücke von Harald Genzmer, ein vertontes Gedicht von Eduard Mörike oder irische Sagen und die Heerschar der Elfen, wurden von den jungen Sängern eindrücklich vorgetragen. Immer wieder erzeugte der Chor andere Stimmungen, ob es um den dunklen Winter ging, das unglaublich berührende Lied „Tonight Eternity Alone“ von René Clausen, den Sturm in der Liebe von Edward Elgar oder die fließenden Wasser in der Nacht von Eric Whitacre – jedes Lied wurde einzigartig dargeboten.
Chor fand als Ganzes zusammen
Nach der Pause zeigten, nun unter Leitung von Ernst, mehrere Ensembles in kleineren Besetzungen weitere Highlights. In „Fyer, Fyer!“ von Thomas Morley sangen die jungen Menschen leidenschaftlich vom Feuer der Liebe, in „Loch Lomond“ von schottischer Landschaft und Sehnsucht, und das Publikum zollte jedem der Ensembles, auch dem sensationellen Männerchor bei „Schöne Nacht“ von Wilhelm Nagel, jubelnden Applaus. Der Chor fand sich wieder als Ganzes zusammen und präsentierte modernes wie älteres Liedgut von Zane Randall Stroope über Schumanns spannende Jagd im Wald zu Alwin Michael Schronens „Power of Nature“ – ein mitreißend dargebotenes Klangerlebnis. Dies wurde noch gesteigert durch den Frauenchor bei „Fire“, einem Stück der zeitgenössischen Komponistin Katerina Gimon – und ebenso wie zuvor die Männer boten hier die jungen Frauen ein so mitreißendes, modernes, leidenschaftliches Feuer, dass es das Publikum kaum auf den Stühlen hielt. Zum Abschluss gab es eine Vertonung von Christopher Tin zu den berühmten Versen der Dichterin Emily Dickinson: „Hope Is The Thing With Feathers“ („Die Hoffnung ist das Federding, das in der Seel’ sich birgt“) – hier nun wollten die Zuhörer nicht mehr sitzen bleiben. Als Zugabe gab es ein irisches Volkslied, das das Publikum in die Welt von „Herr der Ringe“ und in grüne Landschaften entführte, und am Ende des Abends war allen die Freude anzusehen, eine solche Klangfülle und diese wunderbaren Stimmen erlebt zu haben.
Rund 40 junge Menschen
Der Junge Kammerchor Ostwürttemberg ist ein aus etwa 40 singbegeisterten jungen Menschen im Alter von 15 bis 27 Jahren bestehender Projektchor, der sich zweimal im Jahr trifft, um hochkarätige A-cappella-Musik einzustudieren und in der Region und auch international aufzuführen. Interessierte junge Sängerinnen und Sänger sind willkommen. Nähere Informationen unter jko.heidenheim.com.