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Mit den Weihnachtskonzerten ist es häufig wie mit Lebkuchen in Supermarktregalen: Man findet sie oft viel zu früh, und auch wenn die Konzerte schön sind, will sich manchmal die Freude auf das Fest nur zögerlich einstellen. Ganz anders bei den beiden Weihnachtskonzerten des Neuen Kammerchores. Sie läuteten bzw. sangen wirklich die stille, andächtige Zeit ein.
„Machet die Tore weit“, so schallte es in die voll besetzte Pauluskirche, und schon mit dem ersten Klang wurde deutlich: Dies war erneut ein Konzert der Extraklasse und der Titel des Abends „Wenn Engel singen“ erfüllte sich voll und ganz.
Chorleiter Thomas Kammel zeigte sich überwältigt von den vollen Rängen und führte strahlend durch den Abend. Er hatte mit seinen 80 bis 90 jungen Sängerinnen und Sängern – das allein war schon ein großartiger Anblick – ein Programm erarbeitet, das in thematischen Blöcken, wie er sagte, die Zuhörerinnen und Zuhörer auf die beginnende Weihnachtszeit einstimmen sollte.
Tief bewegende Lieder
Nach „Tochter Zion“, fantastisch dargeboten in jeder einzelnen Stimme und immer wieder in einem herausragend harmonischen Gesamtklang, folgten tief bewegende Lieder zum Thema „Rose“: von dem modernen norwegischen Komponisten Ola Gjeilo „The Rose“ und vom US-Amerikaner Morten Lauridsen das Lied „Dirait-on“, eine Vertonung zu Rainer Maria Rilkes französischem Gedichtzyklus „Les Roses“. Sehr berührende, sphärische Klänge – immer begleitet von der großartigen Alwina Meissner am Flügel. Es folgten Bilder von Winterwelten, auch wenn Kammel zugab, dass es draußen leider nicht ganz so winterlich war (die Zuhörer wurden auf dem Nachhauseweg von stürmischen Böen und sintflutartigen Regengüssen begleitet), sowie Lieder zu Dunkelheit und ein wunderschönes Wiegenlied – wenn man von solchen Engelsklängen in den Schlaf gesungen wird, kann niemandem mehr etwas geschehen. Tief bewegend.
Publikum überaus beeindruckt
Kammel hatte darum gebeten, nicht zwischen den Liedern Applaus zu geben, und das fiel manchmal angesichts der überwältigenden und berührenden Klangfülle schwer. Da war es gut, dass er immer wieder nach zwei Liedern zum nächsten Thema überleitete, damit man tief Luft holen und sich auf das Kommende vorbereiten konnte. Absolut umwerfend ging es weiter mit John Rutters „Angels’ Carol“ und Will Todds „The Lord Is My Shepherd“. Auch bei Lauridsens „Sure On This Shining Night“ und Benjamin Brittens „This Little Babe“ zeigte der Chor in großer Konzentration wieder in allen Stimmen eine Präzision und Reinheit, dass man den Atem anhielt. Geradezu atemberaubend die alleinigen Frauen- und Männerchöre sowie die glockenreine junge Sopranistin Sophia Schulze in dem berühmten Abendsegen aus Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ bzw. in dem Männerchorsatz des schwedischen Weihnachtsliedes „Jul, jul, strålande jul“ („Weihnacht, strahlende Zeit“). Auch der anschließende acht-(!)-stimmige Chorklang in „Maria durch ein Dornwald ging“ und das mitreißende „Gloria in excelsis Deo“ („Ehre sei Gott in der Höhe“) verzauberten zutiefst. Neben Schulze traten zwei weitere Solistinnen hervor, Viviane Steffens und Nora Tushi, und auch sie sangen mit wunderbaren Stimmen. Tushi zeigte zusammen mit dem Chor, dass hier noch viel mehr schlummert als reine „Klassik“: Was sie darboten mit Mariah Careys „All I Want For Christmas Is You“ („Alles, was ich mir zu Weihnachten wünsche, bist du“) war so umwerfend, dass das Publikum dann endlich in prasselnden Beifall ausbrechen durfte. Mit noch einmal tief berührenden Zugaben von „Es ist ein Ros entsprungen“ und einer wunderbaren Darbietung von „Stille Nacht, heilige Nacht“ wurde das strahlende Publikum verabschiedet.
Auch 2024 viel vor
Der Neue Kammerchor hat sich auch für das Jahr 2024 viel vorgenommen. Neben einer Reise nach Südafrika zum Chor der Universität Pretoria stehen wieder zahlreiche Gastauftritte an. Das nächste Konzert, mit dem verheißungsvollen Titel „Sternstunde“, ist am 7. Januar 2024 um 17 Uhr in der Kirche St. Petrus und Paulus in Niederstotzingen zu hören.