Selbsthilfe

Wie der Verein "Mein Herz lacht" Familien mit kranken Kindern im Landkreis Heidenheim helfen will

Sabrina Volkmann und Sandra Engelmann haben im Landkreis Heidenheim eine Ortsgruppe des Vereins „Mein Herz lacht“ gegründet. Damit möchten sie Eltern behinderter und chronisch kranker Kinder vernetzen und unterstützen.

„Bevor man ein Kind hat, kann man sich nicht vorstellen, wie das Leben dann sein wird. Und Eltern mit gesunden Kindern können sich nicht vorstellen, wie das Leben mit einem behinderten oder chronisch kranken Kind ist“, sagt Sabrina Volkmann. Sie und ihr Mann leben mit ihren beiden Kindern in Heidenheim. Und die siebenjährige Josefine lebt mit dem Rett-Syndrom. Kinder mit dieser Erkrankung, die durch die Mutation eines Gens verursacht wird, kommen augenscheinlich kerngesund auf die Welt. Zunächst entwickeln sie sich fast normal, sie lernen zu stehen, zu laufen, zu sprechen. Und dann verlernen sie es wieder.

„Die Ärzte haben gesagt: Das wird schon noch. Wir haben lange gehofft, dass es Klack macht, aber es kam anders“, sagt Sabrina Volkmann. Laufen kann Josefine, aber sie spricht nicht. „Wir kommunizieren mit ihr über ein Tablet mit der Symbolsprache Metacom. So kann uns Josefine ihre Bedürfnisse mitteilen“, erklärt die 41-Jährige. Trotzdem sei der Alltag eine Herausforderung. „Man braucht einen guten Partner und einen flexiblen Arbeitgeber“, in ihrem Fall ist das die Stuttgarter Rathausverwaltung, wo sie in Teilzeit in der Kommunikationsabteilung arbeitet. Und man braucht ein Netz. „Wir sind von Stuttgart zurück in die Heimat gezogen, weil uns die Familie hier unterstützen kann.“

Eltern vernetzen und die Möglichkeit zum Austausch geben

Unterstützung fand Sabrina Volkmann auch beim Verein „Mein Herz lacht“. Er möchte Eltern behinderter oder chronisch kranker Kinder vernetzen und ihnen die Möglichkeit zum Austausch, insbesondere auch digital, bieten. Angeboten werden unter anderem Online-Seminare zu Themen wie unterstützte Kommunikation, Geschwisterkinder oder gesunde Ernährung im Pflegealltag.

Als Ergänzung zum digitalen Angebot des Vereins gibt es mehr und mehr Ortsgruppen, in denen sich Eltern auch im echten Leben treffen können. Und eine solche Gruppe haben Sabrina Volkmann und Sandra Engelmann vor kurzem gegründet. Sandra Engelmann, ihr Mann, ihre drei Töchter und Hündin Maja sind in Bolheim zu Hause. Die älteste Tochter Leni ist zehn und kam mit dem 5p-minus-Syndrom, auch bekannt als Katzenschrei-Syndrom, zur Welt. Diese Babys können nicht richtig weinen, sie machen eher katzenartige Laute. Auch hier ist die Ursache ein seltener Gendefekt. Im Mutterleib war dieser trotz Untersuchungen nicht festgestellt worden.

Aufgrund der Laute, die Leni als Baby machte, blieb den Engelmanns das lange Warten auf eine Diagnose zumindest erspart. Den Alltag erleichtert das jedoch nicht. Lenis körperliche und geistige Entwicklung ist verzögert. Mit dreieinhalb machte sie ihre ersten Schritte, sie spricht kaum. Mit ihren zehn Jahren ist sie etwa auf dem Entwicklungsstand einer Dreijährigen.

"Man braucht einen tollen Mann, Familie und einen guten Arbeitgeber"

Auf die Frage, wie man drei Kinder, eines davon mit besonderen Bedürfnissen, einen Hund und die Arbeit in der Buchhaltung unter einen Hut bekommt, kommt auch von Sandra Engelmann die Antwort: „Man braucht einen tollen Mann, das familiäre Umfeld mit Opa und Oma sowie einen guten Arbeitgeber.“ Aber natürlich leide das Leben. „Die Herausforderungen ändern sich im Laufe der Jahre und mit diesen muss man eben mitwachsen.“

Grundsätzlich mache die Gesellschaft das Leben mit einem behinderten Kind nicht gerade einfacher. „Wie breit gefächert Behinderungen sein können, ist den meisten gar nicht bewusst“, sagt Sandra Engelmann. Sowohl Leni als auch Josefine gehen auf die Pistorius-Schule in Herbrechtingen. „Die liegt relativ zentral im Ort. Andere Förderschulen liegen oft außerhalb. Die Kinder werden morgens von daheim abgeholt und abends zurückgebracht. Man sieht diese Kinder nicht. Sie sind in der Gesellschaft unsichtbar.“ Dazu komme die Bürokratie. „Wenn die Krankenkassen wichtige Hilfsmittel nicht bezahlen wollen oder Ämter einem Steine in den Weg legen, ist das schwer auszuhalten.“

Motivieren und Wissen weitergeben

„Auch da sind Elterngruppen durch nichts zu ersetzen“, sagt Sabrina Volkmann. „Probleme, wie wir sie haben, hat im Umfeld sonst niemand. Hier kann man sich nicht nur austauschen, sondern auch wichtiges Wissen weitergeben und sich gegenseitig motivieren.“ Insbesondere der Erfahrungsaustausch sei wertvoll. „Da unsere Kinder schon etwas älter sind, wissen wir, welcher Therapeut und welche Therapeutin zu empfehlen sind und in welchen Arztpraxen man einfühlsam mit unseren Kindern umgeht.“

Bewusst wollen sich die Frauen in der Gruppe auch Zeit für schöne Dinge nehmen. Dazu können ein gemeinsames Essen, Entspannungsprogramme und Erlebnisse mit und ohne Kinder gehören. „Trotz Alltagswahnsinn, Jobs, Care-Arbeit und Pflege darf man sich selbst nicht ganz vergessen“, sagt Volkmann. „Was die Themen angeht, sind wir ganz offen. Wir schauen einfach, was die Gruppe braucht.“

Treffen und Kontakt

Das nächste Treffen soll am 2. Februar stattfinden. „Wir freuen uns über alle Eltern, die den Weg zu uns finden“, sagt Sabrina Volkmann. Die Diagnose oder Art der Behinderung der Kinder spielt keine Rolle. Ebenso muss man nicht Mitglied im Verein „Mein Herz lacht“ sein. Noch mehr Infos gibt es auf meinherzlacht.de oder per E-Mail an sabrina.volkmann@meinherzlacht.de oder Sandra.Engelmann@meinherzlacht.de

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