Winterzeit ist auch Erkältungszeit. Aber deutlich schlimmer als laufende Nasen und trockener Husten ist die eigentliche Grippe, auch Influenza genannt. Sie ist eine Krankheit, mit der nicht zu spaßen ist, unter der die Erkrankten wirklich zu leiden haben, und die mitunter auch gefährlich werden kann. Regelmäßig wiederkehrend kommt die Influenza meist geballt zum Jahresbeginn – wobei sie ständig mutiert. Auch im Landkreis Heidenheim ist die neue Welle inzwischen angekommen.
Mindestens 267 Menschen haben sich seit Anfang Dezember 2024 mit der Influenza infiziert – und das sind nur die offiziell bekannten Zahlen. Im Gegensatz zu „normalen“ grippalen Infekten, wie sie in dieser Jahreszeit an der Tagesordnung sind, ist die Influenza meldepflichtig. Ging die Krankheitswelle im Dezember langsam los, so schaukelte sie sich zuletzt immer weiter hoch. In der ersten Januarwoche wurden dem Heidenheimer Gesundheitsamt neun Fälle gemeldet, in der zweiten Woche waren es bereits 26, und 51 in der dritten Woche des neuen Jahres. Der Höhepunkt an Neumeldungen lag mit 73 in der Woche fünf, vergangene Woche war ein leichter Rückgang auf 69 Neuinfektionen zu verzeichnen. „Es könnte sein, dass damit der Scheitelpunkt schon erreicht ist, aber das wissen wir natürlich nicht“, sagt Dr. Christoph Bauer, Leiter des Heidenheimer Gesundheitsamts: „Wir sind zwar noch nicht am Ende der Grippe-Saison, aber man kann schon sagen, dass es in diesem Winter mehr Infektionen gibt als normal.“
Zwei Altersgruppen besonders betroffen
Eine weitere Besonderheit scheint es in diesem Winter zu geben. Da die Influenza ständig mutiert, ist es auch abhängig vom Stamm des Erregers, welche Altersgruppe besonders gefährdet ist, zu erkranken. Oftmals sind es jüngere oder ältere Menschen. „In diesem Jahr gibt es allerdings zwei Altersgipfel: Kinder bis neun Jahre und Senioren zwischen 80 und 89 Jahren“, sagt Bauer. Bei Kindern bis neun Jahre wurden bisher 43 Influenza-Erkrankungen gemeldet, in der zweiten Altersgruppe waren es insgesamt 47. „Das liegt sicherlich auch daran, dass sich die Viren in Kindergärten und Pflegeheimen sehr schnell ausbreiten können“, so der Leiter des Gesundheitsamts. Doch trügen zur Verbreitung natürlich auch Ereignisse bei, bei denen viele Menschen zusammenkommen, etwa Faschingsveranstaltungen.
Dass die Influenza-Welle ihrem Höhepunkt entgegensteuert oder ihn schon erreicht hat, stellt Dr. Vera Kommer täglich fest. In ihrer Herbrechtinger Hausarztpraxis hat die Internistin sehr häufig mit Erkrankten zu tun. „Es gibt schon sehr viele Infekte, und wir sind eine der Praxen, die sehr häufig Abstriche machen, um zu testen. Vielleicht haben wir auch deshalb so viele Fälle.“ Der Medizinerin zufolge verfolgen längst nicht alle Hausarztpraxen diesen Weg. „Der Test kostet Zeit und muss gemeldet werden, das wollen sich viel ersparen.“ Das bedeutet jedoch längst nicht, dass bei Kommer alle Patientinnen und Patienten mit Symptomen getestet werden. „Wer leichten Schnupfen hat, fällt sicherlich nicht darunter, wir entscheiden das nach Bauchgefühl und klinischer Abwägung.“ Bei mindestens vier Patienten pro Woche werde der Verdacht auf Influenza jedoch bestätigt.
Patienten, die Erkrankungen der Atemwege haben, empfiehlt Kommer einen Schnelltest, der auch in Drogeriemärkten zu haben ist. Mit diesen Triple-Tests könnten Influenza-Viren ebenso erkannt werden wie Corona- und RSV-Viren, und das recht zuverlässig. Zudem gebe es in ihrer Praxis auch eigene Schnelltests. „Wir achten natürlich darauf, dass Patienten mit Atemwegserkrankungen eine Maske tragen, wir müssen uns ja auch selbst schützen“, so die Internistin, die auch Mitglied des Vorstands der Kreisärzteschaft ist.
Genesung dauert deutlich länger
Zusätzlich zu den Influenza-Patienten sei natürlich in dieser Jahreszeit die Zahl der Patienten mit grippalen Infekten besonders hoch. Auch wenn die Symptome sehr ähnlich sind: „Bei einer Influenza fühlen sich die Patienten meist deutlich kränker und sind auch viel ansteckender“, sagt Kommer. Bei der Behandlung gebe es kaum Unterschiede. Dennoch müsse bei der Influenza darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer bakteriellen Superinfektion komme, bei der sich mehrere Krankheiten überlagern. Auch die Dauer der Erkrankung ist in beiden Fällen ähnlich und währt etwa eine Woche, „aber Influenza-Patienten brauchen häufig deutlich länger, bis sie sich komplett erholen“.
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Vorsorgen gegen die Influenza kann man mithilfe einer Impfung. „Wir impfen bereits seit September, machen unseren Patienten aber nur Angebote, entscheiden muss das jeder für sich selbst“, betont die Ärztin. In ihrer Praxis stellt sie seit der Corona-Pandemie eine leicht rückläufige Impfbereitschaft fest. „Aber die Möglichkeit, sich zu impfen, besteht noch immer. Bis der Schutz voll aufgebaut ist, dauert es etwa zwei Wochen.“
Viele Patienten im Klinikum
In Heidenheimer Klinikum macht sich die aktuelle Welle ebenfalls bemerkbar: „Nach einer relativ hohen Zahl von infizierten Patienten zu Jahresbeginn (in der Spitze: 25 Patienten) schwankt aktuell die Zahl der Patienten regelmäßig in einer Bandbreite zwischen zehn und 20. Es handelt sich dabei vor allem um ältere Menschen, bei einigen werden Influenza oder Covid als Begleiterkrankung diagnostiziert“, heißt es von Pressesprecher Günther Berger. Patienten mit schweren Influenza-Krankheitssymptomen würden in der Infektionsstation behandelt. Die Zahl der infektiösen Patienten im Klinikum liege deutlich unter der Zahl von 2016/2017, als es Tage mit bis zu 55 Grippepatienten im Klinikum gegeben habe. Mit einem Abklingen der Grippewelle rechnet man am Klinikum etwa zwei Wochen nach Ende des Faschings. Auf die personelle Situation habe die Situation derzeit keine besondere Auswirkung, der Krankenstand über alle Beschäftigten hinweg sei derzeit nicht höher als im Vorjahresmonat.
Auch Kindergärten sind betroffen
Dass in diesem Jahr auch Kinder zur „Zielgruppe“ der Influenza gehören, macht sich in den Betreuungseinrichtungen der Stadt Heidenheim bemerkbar. „Unsere subjektive Einschätzung ist, dass derzeit mehr Kinder krank sind, einige sind auch von Influenza betroffen“, sagt Manuel Schlegel, Leiter des städtischen Dienstleistungs- und Organisationsmanagements. „Wir haben derzeit sehr hohe Krankenstände, nicht nur was die Kinder, sondern auch, was das Personal betrifft.“ Darunter seien auch immer wieder bestätigte Influenza-Fälle, drei Kinder aus einer Einrichtung hätten sogar bereits im Klinikum behandelt werden müssen. Zu den hohen Krankenständen trügen jedoch auch Magen-Darm-Erkrankungen und hartnäckiger Husten bei.
Keine außergewöhnliche Situation lässt sich an den Heidenheimer Grundschulen ausmachen. „Natürlich gibt es in dieser Jahreszeit viele Krankheitsfälle, sowohl bei den Kindern als auch bei den Lehrkräften“, sagt Simone Honold, Schulleiterin der Ostschule in Heidenheim und geschäftsführende Schulleiterin der Heidenheimer Grund-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen sowie der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Besonders auffällig sei die Krankenrate aktuell jedoch nicht.
AOK meldet viele Krankenfälle
Die hohe Anzahl an Influenza-Erkrankungen im Landkreis Heidenheim wird auch von der AOK Ostwürttemberg bestätigt. Dem Pressesprecher Oliver Bayer zufolge sieht man „anhand der letzten Arbeitsunfähigkeitsmeldungen eine stark ansteigende Zahl an Grippe-Fällen.“ Erfasst sind dabei die bei der AOK versicherten sozialversicherungspflichtig beschäftigten Menschen. Seit Anfang des Jahres steigt die Zahl der Erkrankten Woche für Woche an, allein in der vergangenen Woche lag die Zahl der Neumeldungen bei 39, eine Woche zuvor waren es 37 gewesen. Die AOK hat im Landkreis einen Marktanteil von etwa 40 Prozent.