Wie die Kandidatensuche für den Heidenheimer Gemeinderat und Kreistag läuft
Wie läuft die Kandidatensuche bei der CDU?
„Ungefähr die Hälfte der Kandidaten sind schon fix, die andere Hälfte ist noch offen“, berichtet Michael Kolb, Kreisvorsitzender der CDU. Er ist zuversichtlich, dass die Listen bis Weihnachten fertig und voll sein werden. Tendenziell laufe die Kandidatensuche wie immer, „eine gewisse Anzahl an Personen meldet sich von sich aus, da muss man nichts machen“, so Kolb. Andere werden angefragt. Bei der letzten Kommunalwahl sei es gelungen, eine paritätische Liste mit genauso vielen Männern wie Frauen aufzustellen, „das möchten wir wieder so halten, wenn es klappt". Allerdings habe er festgestellt, dass sich Frauen das politische Amt manchmal zu wenig zutrauen, „man muss dann öfter bitten und sie ermutigen“. Eine Parteimitgliedschaft sei aber keine Voraussetzung für eine Kandidatur.
Wie sieht es bei den Freien Wählern aus?
„Wir haben erfreulicherweise schon über 80 Prozent unserer Listenplätze vergeben“, sagt Ralf Willuth, Fraktionsvorsitzender im Heidenheimer Gemeinderat. Man würde aber bewusst für eine begrenzte Zeitspanne noch ein paar Plätze freihalten, um Kandidatinnen und Kandidaten spontan die Möglichkeit zur Kandidatur zu geben. Dementsprechend sollen die Wahlvorschläge auch erst kurz vor Fristende eingereicht werden, „um auch Spätentschlossenen, die uns besonders geeignet erscheinen, die Möglichkeit zur Kandidatur zu geben". Die Freien Wähler wollen die Gruppe der Erstwähler gezielt über die sozialen Medien über das Wahlrecht und die Wahl informieren. „Im Moment haben wir leider kein Interesse in der Altersgruppe der 16- bis 18-Jährigen feststellen können“, so Willuth.
Sieht es bei den Grünen anders aus?
„Unsere Kandidatensuche verläuft äußerst erfreulich, und wir haben bereits zahlreiche Zusagen erhalten“, sagt Grünen-Kreisvorsitzender Marco Combosch. Im Vergleich zu 2019 laufe die Suche diesmal leichter. Er führt dies darauf zurück, dass die Grünen sich sowohl auf bundes- als auch auf kommunaler Ebene erfolgreich etabliert haben und deshalb viele Menschen aktiv an der Gestaltung im Gemeinderat und Kreistag mitwirken wollen. Bei den Grünen verzeichnet man auch einen Zulauf an jungen Menschen und rechnet mit Kandidaten unter 18 Jahren auf der Wählerliste: „Zahlreiche junge Menschen haben bereits ihre Bereitschaft zur Kandidatur bekundet“, so Combosch. „Klimaschutz und die Schaffung einer lebenswerten und dynamischen Stadt, insbesondere für die jüngere Generation, liegen unseren jungen Kandidatinnen und Kandidaten besonders am Herzen“, meint der Kreisvorsitzende.
Warum vertritt die AfD beim Wahlrecht ab 16 Jahren eine komplett andere Position?
„Die Einführung dieser Wahlrechtsänderung ist allein dem Kalkül linksgrün orientierter Parteien geschuldet“, sagt Jochen Afheldt, Kreisvorsitzender der AfD, und deutet damit an, dass junge Wählerinnen und Wähler vor allem links und grün wählen würden. Allerdings würde die AfD das geänderte Wahlrecht auch ablehnen, wenn sie davon profitieren könnte, so Afheldt. „Gesamtstaatliche Verantwortung geht bei uns vor Eigennutz“, sagt der Kreisrat. Die Nominierung von Kandidaten für den Kreistag sei abgeschlossen: „Wir können den Bürgern in allen Wahlkreisen ein Angebot machen.“ Auch für den Heidenheimer Gemeinderat wird es eine Liste geben: „Für den Gemeinderat Heidenheim haben wir mehrere Kandidaten nominiert. Eine Nachnominierung von weiteren Kandidaten ist geplant“, erläutert Afheldt. Die Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten gestalte sich diesmal wesentlich leichter als beim letzten Mal. Laut Afheldt liegt das ebenso am „explosionsartigen Anstieg der Mitgliederzahl“ wie „am Willen vieler Menschen in diesem Land, einen grundlegenden Politikwechsel auch auf kommunaler Ebene durchzusetzen und dafür auch persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen".
Wie sieht es bei der FDP mit dem Alter möglicher Kandidatinnen und Kandidaten aus?
„Wenn sich jemand aktiv einbringen möchte, dann gibt es für uns als FDP-Kreisverband keine Altersgrenze, weder nach oben noch nach unten“, sagt Klaus Bass, FDP-Kreisvorsitzender. Wichtig sei, dass die jungen Menschen sich darüber bewusst sind, welche Verantwortung sie als Kommunalpolitiker übernehmen werden. Die FDP erwartet, dass junge ebenso wie ältere Menschen auf ihrer Liste stehen werden und auch viele Kandidatinnen und Kandidaten wieder antreten, die bei der letzten Kommunalwahl für die FDP dabei waren. Klaus Bass verspürt bei vielen Menschen, die von der FDP angesprochen wurden, ein großes Interesse an der Kommunalpolitik. Dies sei anders als bei Landtags- und Bundestagswahlen. „Vielen Menschen ist es wichtig, dass sie die Möglichkeit haben, sich aktiv einzubringen und man die entsprechenden Auswirkungen direkt vor Ort erkennen kann“, glaubt Bass.
Warum sehen die Linken auch bei der Presse die Schuld daran, dass manche Menschen nicht kandidieren wollen?
„Viele unserer jüngeren Mitglieder und Sympathisanten wollen für die Werte soziale Gerechtigkeit, Umverteilung und Klimagerechtigkeit einstehen“, so Norbert Fandrich, Sprecher des Kreisverbands der Linken. Oft fehle es dann aber am kontinuierlichen Engagement, weil der Alltagsstress wenig Zeit lasse. Viele haben laut Fandrich auch Bedenken, dass ihre berufliche Laufbahn gefährdet ist, wenn sie bei den Linken kandidieren. „Für viele kommt noch hinzu, dass Ehrenämter, besonders im Gemeinderat und Kreistag, in der Öffentlichkeit nicht wertgeschätzt werden“, meint Fandrich. „Teilweise werden sie für das, wofür sie sich einsetzen, öffentlich und zumeist ungerechtfertigt persönlich verbal und in den Medien angegriffen“, sagt er. Dazu würden die Presse und die sozialen Medien beitragen, so Fandrich. Nichtsdestotrotz wollen die Linken mit einer eigenen Liste sowohl für den Gemeinderat als auch den Kreistag antreten. Es seien schon Gespräche mit möglichen Kandidatinnen und Kandidaten geführt worden, von denen einige die Zustimmungserklärung bereits unterschrieben hätten. Jedoch sei die Kandidatensuche „für unsere Partei schon immer schwieriger gewesen als für andere Parteien". Gerne würde man auch Jugendliche ansprechen, wo es möglich ist. „Ein Problem dabei ist auch, dass die Linke in den Heidenheimer Betrieben wenig präsent ist, wo eventuell interessierte Jugendliche in Ausbildung sind“, so Fandrich.
Wie klappt es bei der SPD mit der Kandidatensuche?
„Sehr unterschiedlich“, sagt die SPD-Kreisvorsitzende Tanja Weiße. Zusagen bekomme die SPD von Menschen, die erkannt haben, dass man sich in der Politik einbringen müsse und man es nicht einfach so laufen lassen könne. „Unsere Demokratie muss geschützt werden, im Bund, im Land und vor Ort auch in Heidenheim“, so Weiße. Man dürfe nicht denen das Feld überlassen, die alles schlecht reden, ohne selbst bereit zu sein, Verantwortung zu übernehmen. Aber es gebe ebenso auch Menschen, die sich für eine Kandidatur interessieren, aber von dem möglichen Aufwand abgeschreckt werden. Insofern sei es nicht leicht, Kandidaten zu finden, weil viele der Angesprochenen auch andere Themen haben und niemand leichtfertig ja sagen wolle. Ein Vergleich zu vorangegangenen Wahlen falle ihr schwer, da sie da noch nicht eingebunden gewesen sei, sagt die SPD-Kreisvorsitzende. Ein besonderes Anliegen sei es für sie, mehr Frauen in den Kreistag zu bringen. „Bisher gibt es hier ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern mit nur fünf Frauen bei 46 Mitgliedern“, so Weiße.
Warum würde die DKP sehr gerne wieder im Heidenheimer Gemeinderat vertreten sein?
Die Kommunisten sind zwar eine kleine Randpartei, aber seit 1975 ununterbrochen mit einem oder mehreren Sitzen im Heidenheimer Gemeinderat repräsentiert. „Wenn wir es 2024 wieder schaffen würden, gewählt zu werden, wären wir 2025 seit 50 Jahren dabei“, sagt Reinhard Püschel, Vorstandsmitglied der DKP-Ortsgruppe und Stadtrat. Von der DKP soll es eine Liste für den Heidenheimer Gemeinderat geben. Für den Kreistag tritt die Partei allerdings schon länger nicht mehr an. Generell sei es aufgrund der Altersstruktur in der Partei schwieriger geworden, Kandidatinnen und Kandidaten für den Gemeinderat zu finden, berichtet Reinhard Püschel. Er ist aber zuversichtlich, dass wenigstens 15 Namen auf der DKP-Liste stehen werden. „Generell wäre es natürlich toll, wenn da auch junge Menschen dabei wären“, so Püschel.
So funktioniert die Kommunalwahl
Die Listen mit den Kandidatinnen und Kandidaten müssen von den wahlberechtigten Mitgliedern einer Partei oder Wählervereinigung in freier und geheimer Wahl aufgestellt und bis zum 28. März 2024 beim Gemeindewahlausschuss eingereicht werden. Um Wahlvorschläge einzureichen, muss die Partei oder Wählervereinigung entweder bereits im Gemeinderat oder aber im Landtag von Baden-Württemberg vertreten sein, sonst muss sie Unterstützungsunterschriften einreichen.
Zum ersten Mal haben in Baden-Württemberg Jugendliche ab 16 Jahren das passive Wahlrecht. Dies bedeutet, dass auch junge Menschen zwischen 16 und 18 Jahren, die die deutsche Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines EU-Landes besitzen, als Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt werden können. Das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren gibt es in Baden-Württemberg schon seit der Kommunalwahl 2014.
Im Heidenheimer Gemeinderat sind die Grünen, CDU, SPD, die Freien Wähler, die Linken, DKP und FDP vertreten. Im Kreistag haben CDU, Freie Wähler, SPD, Grüne, FDP, ÖDP und AfD gewählte Vertreter.