Konzert

Wie die Sisters in Jazz ihr Publikum in Heidenheim zum Zurücklehnen und Genießen brachten

Das Konzert in der DHBW war ausverkauft, die Musikerinnen der Sisters in Jazz verzauberten ihr Publikum

Ausverkauft. Schon wieder. Der Jazz hat einen Lauf in Heidenheim. Weit über 100 Besucher und Besucherinnen hatten sich am Freitagabend bei Jazz Heidenheim in der Alten DHBW eingefunden, „um etwas Schönes zu erleben“. So jedenfalls lautete eingangs das Versprechen von Programm-Macher Peter Hans Klotzbücher, der die Band Sisters in Jazz gebucht hatte. Nun, die Sisters erfüllten nicht nur diese ihnen zugedachte Aufgabe. Mit langem Applaus dankte am Ende des Abends das Publikums für zwei Stunden voll musikalischer Magie: Jazz, gespielt mit Leidenschaft, technischer Finesse und hoher Sensibilität von außergewöhnlichen Musikerinnen auf zum Teil außergewöhnlichen Instrumenten..

Es wird eine Zeit kommen, in der folgender Umstand nicht mehr erwähnt werden wird. Aber noch ist es eine große Ausnahme, wenn nur Frauen auf einer Jazzbühne stehen. Seit annähernd zehn Jahren gibt es die Sisters in Jazz als Formation, deren Besetzung wechselt, in der aber ausschließlich Frauen mitwirken. Dass Frauen mehr Gewicht und  Ansehen im Jazz gewinnen, dazu möchte der Verein Jazz Heidenheim auch weiterhin beitragen. Klotzbücher konnte das in seiner Vorschau auf das noch anstehende Programm 2024 deutlich machen.

Mit eigenen Kompositionen

Zu den Besonderheiten der Sisters in Jazz zählt, dass alle Musikerinnen eigene Kompositionen beisteuern, alle viel  Raum für ihre Ideen erhalten und den gleichen Rang einnehmen. Nicht nur Nicole Johänntgen am Alt- und Sopransaxophon und die Flötistin Isabelle Bodenseh ließen in ihren miteinander verflochtenen Soli spüren, welcher Geist die Sisters prägt. Während Männer gerne den Wettstreit in Tempo, Ausdruck und Virtuosität, das“ Battle“ suchen, reichten Johänntgen und Bodenseh einander musikalisch die Hand, wechselten sich ab in der Führung der Melodie, waren mal erste, mal zweite Stimme, mal gebend, mal nehmend. Neben ihrer Querflöte spielte Bodenseh noch eine Bassflöte (oder noch tiefer gestimmt), ein Instrument jedenfalls von enormen Ausmaß. Diese Flöte wird waagrecht gespielt, muss dafür aber auf eine Stütze gesetzt werden. Diese ist so beweglich, dass Bodenseh das Instrument tänzerisch spielen konnte. Bodenseh, so sagt sie es selbst, mag an Flöten, dass beim Spielen der Atem des Musizierenden hörbar wird. Bei der Bassflöte „rauschte“ es besonders intensiv.

 Großes Lob hat unlängst das Fachmagazin Jazz Podium der Musikerin Nicole Johänntgen gespendet, welche die Gründung der Sisters in Jazz in Europa eingeleitet hat. Sie wusste auch in Heidenheim zu überzeugen. Alle „Kunststücke“ an den Saxophonen sind ihr geläufig, doch sie will nicht damit protzen. Wichtiger ist ihr und der Band, die behutsame Entwicklung eines Themas, dieses gemeinsam auszuarbeiten und langsam zu steigern. Bei den Sisters ist nichts auf Tempo gedrillt. Der Titel „Flugmodus“ könnte für den ganzen Abend stehen: einfach zurücklehnen und genießen - Musik wie die Großen Ferien.

Klangräume mit Geduld und Sorgfalt erbaut

Zur entspannten, weichen Stimmung der Sisters-Songs trug wesentlich Izabella Effenberg mit ihrem Vibraphon, ihrer Steeldrum und ihrer Sundrum bei. Auch sie kann schnell mit ihren Schlägeln über die Metallplatten huschen, baut aber lieber mit Geduld und Sorgfalt ihre komplexen Klangräume auf, achtet darauf, dass sie tragen und strahlen. Nicht nur bei der ihrem Sohn zugedachten Komposition wirkte sie selbst  sehr glücklich dabei. Mit der Steeeldrum ging Effenberg nicht weniger feinfühlig um: „Was da für Töne drin liegen!“ Bei weitem nicht nur Karibik und Carneval. Auch Effenbergs jüngste CD war erst jüngst vom Magazin Jazz Podium lobend besprochen worden.

Dorota Piotrowska am Schlagzeug und die aus Schottland stammende Roz Macdonald brachten ebenso eigene Kompositionen und Arrangements ein. Piotrowska ließ sogar Kreaturen aus „Herr der Ringe“ am Schlagzeug aufmarschieren. So exakt wie die Drummerin die Stücke taktete, so fest und kräftig umschloss auch die Bassistin die Melodien: gezupft und gestrichen. Älteren Zuhörern dürfe Macdonalds Walking Bass besonders gefallen haben.

Ein Faktor, der zum guten Besuch der Konzerte beiträgt, ist gewiss auch der ausgezeichnete Raumton für den im Verein Jazz Heidenheim Bastian Martin steht. Und Maximilian Komposch, der Herr der Strahler, komponierte an diesem Abend die Beleuchtung sogar passend zur  Kleidung der Musikerinnen.  

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar