50 Jahre Kulturraum Waldorfschule

Wie Dominic Miller in der Heidenheimer Waldorfschule für goldene Momente sorgte

Dominic Miller und seine Band entfalteten mit ihrer immensen Virtuosität am Mittwochabend in der Waldorfschule eine geradezu magische Sogwirkung.

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Den Beifall im Stehen zu geben, ist heutzutage keine Seltenheit mehr. Am Mittwochabend in der Waldorfschule hatten diese Standing Ovations aber ganz besondere Qualität: Kaum war der letzte Ton verklungen, standen nahezu alle Zuhörer geschlossen auf, wie von unsichtbaren Fäden gezogen und zollten Respekt, Begeisterung und Dankbarkeit mit langem, langem Applaus. Wer da diese unsichtbaren Fäden gezogen hatte, das war derjenige, den Pop-Star Sting „seine rechte und seine linke Hand“ nennt: Dominic Miller.

Wie Sting zu diesem Urteil über seinen Gitarristen Dominic Miller kommt, das ließ sich an diesem Abend mühelos feststellen: Dominic Miller ist ein Ausnahmekünstler. Was er seiner Gitarre zu entlocken vermag, das zeugt von größter Menge an Können und einem Talent, das seinesgleichen sucht. Und darüber hinaus von großer Freude an Musik und dem Spaß, diese in immer neuen Richtungen zu probieren.

Starke Soli und perfekte Einheit

Lichtshow und Konfetti, das alles braucht Dominic Miller nicht. Sein Auftritt ist ebenso unaufdringlich wie eindringlich, fast schon, als verschwinde er selbst hinter seiner Musik, als gehe er darin auf, wie es ihm auch das Publikum schon nach wenigen Takten gleichtut. Was er neben seiner eigenen unglaublichen Virtuosität, die auch über einen Abend tragen würde, wie die Solostücke von ihm bewiesen, noch zu bieten hat, sind freilich Ausnahmekünstler an seiner Seite. Nicolas Fiszman am Bass, Jason Rebello am Piano und Ziv Ravitz am Schlagzeug sind seine kongenialen Partner, die dem erstklassigen Gitarrenspiel Millers satten und hin und wieder ganz zart fließenden Bass-Untergrund, perlende Läufe am Flügel und an E-Piano und effektvolle Drum-Parts liefern. Die Musiker verschmelzen zu einer Einheit, in der alle hervorragend aufeinander eingestimmt sind, und die Musik zu einer Mischung, die verführerisch in andere Sphären lockt und magisch anzieht. Und immer wieder gab es Zwischenapplaus für den einfallsreichen Soli seiner Bandmitglieder, denen Miller jede Menge Raum gewährte.

Die einzelnen Stücke, die Dominic Miller im Programm hatte, sie hätten auch ein großes Werk darstellen können, das sich durch den Abend zog. Denn ob nun weich dahinfließender Jazz oder voluminöse Jam-Session, stets hüllte die Musik mit den wohl immer überraschenden, aber doch so geschmeidig verlaufenden Wendungen wie Sonnenlicht ein. Titel aus Millers aktuellem Album „Vagabond“ waren im Programm, aber auch aus dem früheren „Absinthe“, und Miller, dessen sehr bescheidener und von großem Humor geprägter Auftritt ebenfalls für ihn einnahm, räumte ein, er habe es nicht so mit Namen für seine Stücke, das falle ihm immer schwer: „Ich könnte sie natürlich Opus Nummer Soundso nennen, das klingt immer gewichtig“, scherzte er. Seine Musik klingt ebenso, egal, welchen Titel er dafür wählen würde.

Musikalische Landschaft zum Verweilen schön

Zu seinen Eigenkompositionen gibt es auch Titel im Programm, die er sich unter den Nagel gerissen und mit einer feinen Miller-Interpretation versehen hat, sodass sie erst nach ein paar Takten wiedererkannt werden können. „The Winner takes it all“ beispielsweise, von auf der Gitarre gezupft, gepickt und gestrichen, holte die sehnsuchtsvolle Melancholie des Liedes eindrucksvoll hervor, und sich an „A day in the life“ zu wagen, das ist überhaupt schon bemerkenswert, um so mehr, als dies mit all den experimentellen Kniffen, die die Beatles darin verwendet haben, auch hervorragend gelang bis hin zum wohlstrukturierten Geräuschwirrwarr. „Ich mag alles, in dem ein ‚B‘ steckt, Abba, Beatles, Bach“, ließ Dominic Miller wissen, um gleich darauf das Publikum mit Bachs „Air“ zu verzücken.

Und natürlich gab es auch Sting im Programm: „Fragile“, das Lied, dem Dominic Millers Gitarrenvirtuosität den ganz besonderen Anstrich gibt, passte haargenau in das ganze feine Gewebe des Abends, an dem Miller eine musikalische Landschaft mit einem unerhört temporeichen Ausflug in seine argentinische Heimat ausbreitete, aus der man am liebsten gar nicht mehr fort wollte. Das erst recht, als Dominic Miller als zweite Zugabe ganz allein goldene Felder beschreiten ließ: „Fields of Gold“ seines „Sängers, mit dem ich wieder auf Tour gehe“ und „seines Helden und Vorbilds“ geriet zum goldenen Moment und krönenden Abschluss eines Ausnahmeabends mit einem Ausnahmemusiker, der den beeindruckenden Schlussapplaus im Stehen mehr als verdient hatte. Hoffentlich kommt er bald einmal wieder hier in die Gegend. Ihm sei gesagt: Heidenheim hat auch ein ‚B‘. Die Brenz.

Zur Feier von 50 Jahre Kulturraum

Das Konzert mit Dominic Miller und Band gehörte zur Veranstaltungsreihe aus Anlass von 50 Jahren Kulturraum in der Waldorfschule. Die Waldorfschule kooperierte für diese Veranstaltung mit Kunterbunt e.V. und dem Aalener Jazzfest, für die Eddy Cichosz zusammen mit Guntram Holzwarth, dem Geschäftsführer der Waldorfschule, das Publikum im gut gefüllten Saal begrüßte. "Eine Herzensangelegenheit" sei dieser Abend mit Dominic Miller gewesen, so Holzwarth in seiner Begrüßung. Das Publikum stimmte wohl nicht zuletzt im Schlussapplaus zu.

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