Elisabeth Redelstein hat eine lange Nacht hinter sich, als wir sie zum Gespräch treffen. Neben ihrer Arbeit in der Familienpastoral im Dekanat und als Religionslehrerin am Werkgymnasium gehört sie ehrenamtlich auch zum Team der Notfallseelsorge. In der Nacht wurde sie vom Notarzt zu einem plötzlichen Todesfall gerufen. Freud und Leid liegt in ihrer Arbeit oftmals sehr eng beieinander. Im Mai sind Paare zum Outdoor-Abend ins Eselsburger Tal eingeladen mit Elisabeth Redelstein und einer Erlebnispädagogin.
Warum im Eselsburger Tal, was hat das mit Liebe und Partnerschaft zu tun?
Elisabeth Redelstein: Ich liebe das Outdoorseminar sehr, denn dabei sind wir miteinander unterwegs. Das ist für mich das zentrale Bild: sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Und Ja zu sagen: „Ich bin bereit, mit dir einen Weg zu gehen." Denn das schließt auch Veränderungen ein. Das Paar sagt Ja zu Veränderungen. Das ist etwas ganz anderes, als zu sagen: „Ich bin verliebt." Bei der Vorbereitung auf das Interview fiel mir mein eigenes Trauversprechen ein. Ich habe meinem Mann versprochen: „Ich nehme dich an als meinen Mann, mit dem, was ich an dir mag, und mit dem, was es mir schwer mit dir macht." Und ich finde, das drückt viel aus, worum es geht.
Das ist die Herausforderung, was Partnerschaft und Liebe ausmachen und unterscheiden vom Verliebtsein.
Elisabeth Redelstein
Wenn ich das höre, bekomme ich eine Gänsehaut.
Ich auch, nach vielen Jahren noch. Aber genau das ist die Herausforderung, was Partnerschaft und Liebe ausmachen und unterscheiden vom Verliebtsein und Coolsein miteinander. Ich glaube, es ist unrealistisch, dass wir so bleiben, wie wir uns kennengelernt haben und alles bleibt, wie es ist. Meistens leite ich die Seminare gemeinsam mit meinem Mann. Und die Paare nehmen uns ab, dass wir langjährige Erfahrung mitbringen. Wir profitieren als Paar immer selbst von diesen Seminaren.
Ist die Ehevorbereitung verpflichtend für die kirchliche Heirat?
Das ist in den Dekanaten verschieden. Unsere Dekanatsleitung legt da schon Wert drauf. Das hat mich dazu gebracht, als Verantwortliche ein kurzes, prägnantes Online-Format anzubieten.
Da kommt jemand und will mir erklären, wie Ehe geht?
Ich kann nicht sagen, wie Paar-sein geht, sondern wir nennen Themen, die Bausteine für gelingende Partnerschaft und Ehe sein können. Die Paare bekommen vorab eine „Beziehungskiste", die sich im Lauf des Abends mit Impulsen füllt. An dem Abend schalten die Paare oft den Bildschirm aus und besprechen diese Impulse miteinander. Mir ist es wichtig, die Intimsphäre der Paare zu schützen. Es taucht immer das Thema Kommunikation auf. Da ist zum Beispiel eine Übung dabei, sich aufzuschreiben, was ist mir an Dir wertvoll, was sind schöne Momente. Beim Beantworten sind die Paare unter sich. Viele sagen danach, das haben wir schon ewig nicht gemacht. Das ist einleuchtend, denn die Paare sind in der Rush Hour des Lebens. Bei den anderen Hochzeitsvorbereitungen geht es um Planung, Organisation und materielle Dinge. Bei uns geht es um die Pflege der Partnerschaft, für die das Paar verantwortlich ist.
Trotzdem kommen bestimmt einige erst mal abwartend und mit Vorbehalten, oder?
Ja, manche Paare kommen schon mit großen Vorbehalten nach dem Motto: Was wollen die jetzt von uns? Unser Ruf als Kirche ist nicht bei allen der beste. Nach dem Seminar sagen aber viele, es habe sich gelohnt.
Warum heiraten Paare heute noch kirchlich? Ist das nicht überholt?
Heute ist die kirchliche Trauung eine sehr bewusste Entscheidung des Paares. Es geschieht nicht mehr auf Druck der Eltern, der Großeltern oder um den Dorftratsch zu vermeiden. Viele Paare erzählen, dass sie ihre kirchliche Trauung eher verteidigen müssen.
Sind das gläubige Menschen?
Das ist unterschiedlich. Mir ist sofort eine Situation eingefallen: Ein Mann formuliert, seiner Frau sei das sehr wichtig und er lasse sich deshalb ihr zuliebe kirchlich trauen. Diese Offenheit mitzubringen und das nicht abzuwerten, das ist etwas Besonderes. „Aus Liebe zu dir“ ist ein wertvoller Liebesbeweis.
Doch letztendlich kann ich mir die Ehe versprechen, ohne den Segen der Kirche?
Ja. Das Wichtigste ist schon vorher passiert, als die Paare sich für die kirchliche Trauung entschieden haben. Bei der kirchlichen Trauung ist entscheidend, dass Gott der Dritte im Bunde ist. Ich finde dabei die Symbolik gut, dass der Priester oder der Diakon die Stola um die Hände der beiden legt. Um zu beschreiben, was das bedeutet, da wird es in der Sprache schwierig, da braucht man feine Zwischentöne. Ich beschreibe, ihr macht einander die Liebe Gottes erfahrbar. So wie ihr einander Treue versprecht, so treu steht Gott zu uns Menschen. Das sind aber meine Worte, ich versuche, dass die Paare ihre eigenen Worte finden. Der Glaube ist etwas, das man nicht in Formeln hersagen kann. Zum Abschluss des Abends leiten wir die Paare durch eine kleine Meditation zum Trauversprechen, damit sie für sich ganz persönlich einen Zugang zu diesem großen Versprechen finden. Allein der Satz „Ich will dich lieben, ehren und achten“, was bedeutet das für euch? Lieben ist was anderes als verliebt sein, Ehren heißt, du bist mir wichtig. Bei Achtung geht es um Respekt vor dem anderen.
Du musst mir alles sein, du musst mich immer verstehen, es ist immer Harmonie – nein ist es nicht.
Elisabeth Redelstein
Wenn wir da schon sind – es gibt auch den Satz „bis dass der Tod euch scheidet“. Ist das heutzutage nicht überholt? Menschen ändern sich doch im Laufe ihres Lebens.
Ganz im Gegenteil, die Sehnsucht nach Verlässlichkeit und Treue ist riesengroß.
Da sind wir bei einem anderen wichtigen Punkt: Den anderen nicht zu seinem Gott zu machen. Du kannst nicht alle meine Hoffnungen in Dir erfüllen. Ich glaube, dass die Paare ganz oft zu hohe Erwartungen aneinander haben. Du musst mir alles sein, du musst mich immer verstehen, es ist immer Harmonie – nein ist es nicht, wir sind als Menschen miteinander unterwegs.
Aber wenn die Beziehung dann trotz allem nicht klappt, oder man einem Menschen begegnet, der vielmehr der Seelenpartner ist?
Scheitern ist möglich. Das Trennen ist gar nicht das Problem in der katholischen Kirche, nur die erneute Heirat.
Beziehung wird von allein schlechter, wenn sie nicht gepflegt wird, das ist wissenschaftlich erwiesen.
Elisabeth Redelstein
Welchen Rat geben sie Paaren praktisch an die Hand?
Nehmt euch Zeit miteinander. Fokussiert euch nicht nur auf Beruf, Familiengründung, Freizeit – behaltet euch im Blick und pflegt eure Partnerschaft. Hier im Dekanat Heidenheim ist die Ehevorbereitung Teil eines Paare-Programms: Wanderungen für Paare, Valentinsgottesdienst, Feier für Ehejubilare, Impulse in der Fastenzeit und noch anderes. Beziehung wird von allein schlechter, wenn sie nicht gepflegt wird, das ist wissenschaftlich erwiesen. Wir pflegen die Fitness, den Garten, das Auto, die Kinder – aber, dass Partnerschaft auch Pflege braucht, ist nicht auf dem Schirm. Es geht nicht nur um Sprache, sondern auch um Gesten, Rituale. Deshalb die Beziehungskiste am Anfang.
Was ist in der Beziehungskiste?
Da kommen die Impulse zu Kommunikation, zum Umgang mit Konflikten und die ganzen Impulse und Ideen zur Ehe als Sakrament und die eigene Trauung rein. Wir wünschen den Paaren, dass ihnen diese Kiste im Alltag manchmal im Weg steht und erinnert. Partnerschaft braucht Pflege, lebenslang.
Spirituell und ganz konkret: Ich muss meiner Partnerin oder meinem Partner fünfmal was Positives sagen, damit eine Kritik ausgeglichen wird. Nicht geschimpft ist gelobt genug – das stimmt in diesem Fall nicht. Es ist nicht nur der Rosenstrauß zum Valentinstag, die Sprachen der Liebe sind unterschiedlich, Hilfsbereitschaft und Wertschätzung kann ebenso wichtig sein und Anerkennung, Zweisamkeit, Hilfsbereitschaft. Ich empfehle allen, die dazu mehr Impulse wünschen das Buch „Die fünf Sprachen der Liebe“. Da geht es nicht nur um Sprache. Wenn ich lebenslang auf einen Rosenstrauß warte, mir mein Mann aber ein Mäuerchen baut für mein Blumenbeet, auch das ist eine Sprache der Liebe.
Sie machen das seit mehr als 20 Jahren? Irgendwann reicht es doch mal, oder?
Nein, es sind die Lebensgeschichten, die mich faszinieren. Die Paare begegnen uns mit großem Vertrauen. Meine Motivation ist mein ehrliches Interesse an den Menschen. Außerdem ist mir wichtig, dass Paare ihre Liebe als Geschenk Gottes und lebenslange Aufgabe für sich selbst verstehen. Ich wünsche den Paaren von ganzem Herzen, dass sie ihren gemeinsamen Weg unter Gottes Segen gehen können.
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Zur Person
Elisabeth Redelstein ist geboren in Wasseralfingen. Sie studierte katholische Theologie in Tübingen und lernte bei einem Semester in Innsbruck ihren Mann kennen. 1996 zogen sie und ihr Mann nach Heidenheim. Anlass war die Arbeit von Uli Redelstein als Krankenhausseelsorger. Elisabeth Redelstein arbeitet als Religionslehrerin am Werkgymnasium und in der Familienpastoral im katholischen Dekanat Heidenheim. Das Ehepaar hat drei erwachsene Kinder und inzwischen fünf Enkelkinder. Beide arbeiteten immer in Teilzeit, um Familie und Beruf gemeinsam teilen zu können. Ende dieses Jahres wird sich Elisabeth Redelstein in den Ruhestand verabschieden.
Gottesdienst für Paare zum Valentinstag in Steinheim
Einen Valentinsgottesdienst am Freitag, 14. Februar, veranstaltet die Familienpastoral Heidenheim gemeinsam mit der katholischen Kirchengemeinde Steinheim. Die Feier beginnt um 18 Uhr in der Heilig-Geist-Kirche in Steinheim.
Unter dem Motto „Der Liebe wegen“ sind alle Paare willkommen – unabhängig davon, ob sie schon lange miteinander durchs Leben gehen oder frisch verliebt sind. Der Gottesdienst wird von der Band „Die Bänd“ aus Steinheim musikalisch mit Liebesliedern begleitet. Impulse laden dazu ein, die Liebe als Geschenk Gottes und zugleich als Aufgabe zu betrachten. Im Anschluss an den Gottesdienst besteht die Möglichkeit zum Verweilen und Austausch.