Nach nur neun Jahren in Deutschland hat sich Mageed Al Zoubi mit seinem eigenen Malermeisterbetrieb in Heidenheim einen Traum erfüllt. Dort beschäftigt er nicht nur zwei Angestellte und vier Auszubildende, sondern auch seinen ehemaligen Ausbildungsleiter, den Malermeister Siggi Bauder, der mit seinen 80 Jahren längst im Ruhestand weilen könnte.
Doch zurück zum Anfang: Mageed Al Zoubi führte in Syrien ein glückliches Leben. Er wuchs behütet in der Stadt Daraa, rund 100 Kilometer südlich von Damaskus, auf und ging dort zur Schule. Um dem Wehrdienst und dem damit verbundenen Krieg zu entfliehen, beschlossen seine Eltern Ende 2015, den damals 15-Jährigen gemeinsam mit seinem älteren Cousin nach Deutschland zu schicken. In der Heidenheimer Einrichtung für Kinder- und Jugendhilfe Eva fand Mageed schließlich ersten gesellschaftlichen Anschluss und ein neues Zuhause.
Sprachbarriere erschwerte Mageed Al Zoubi den Start
„Am Anfang war es echt schwer“, blickt Mageed Al Zoubi zurück. Gemeinsam mit weiteren geflüchteten Jugendlichen, die aus Eritrea und Afghanistan stammen, teilte er sich eine Wohngruppe. „Die Sprache war das größte Problem“, sagt er. Mit dem Besuch der Westschule änderte sich das aber schnell. „Die Schule war für mich besser als jeder Deutschkurs.“
Nach seinem Hauptschulabschluss bewarb er sich um einen Ausbildungsplatz als Maler und Lackierer. Drei Bewerbungen – drei Zusagen. Der junge Syrer entschied sich nicht zuletzt wegen der Laufnähe zur Eva für den Ausbildungsplatz bei der Awo. „Ich hatte von Anfang an die Vision, meine Chance hier zu nutzen“, so Al Zoubi. „Allerdings bin ich in der ersten Hälfte meines ersten Lehrjahrs gleich mal durchgefallen“, sagt er und grinst. Für ihn war dieser Moment ein Schlüsselmoment. „Ich wusste, dass ich es besser kann, und habe mich alleine hingesetzt, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern und auch, um in der Schule besser zu werden.“ Mit einem unbändigen Willen zum Erfolg schloss Al Zoubi seine Ausbildung erfolgreich ab.
Die knallharte Realität ist anders als der geschützte Rahmen bei der Awo.
Mageed Al Zoubi, Malermeister
Danach wechselte er in die freie Wirtschaft, um Berufserfahrung zu sammeln. Schnell aber merkte er, dass die Lehrlinge dort zügiger arbeiten als er als Geselle. „Wir setzen bei der Awo bewusst auf einen geschützten Rahmen und üben nicht allzu großen Druck auf unsere Lehrlinge aus“, erklärt Frank Siegele-Peltzer, Leiter der beruflichen Aus- und Weiterbildung bei der Awo Heidenheim, und ergänzt: „Damit wollen wir gerade Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Chance bieten, sich im Arbeitsleben zurechtzufinden.“
Auch für den Awo-Teamleiter des Bereichs Handwerks- und Dienstleitungen, Eduard Marker, steht die Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt an oberster Stelle. „Ich habe bei der Awo viel Unterstützung bekommen und bin sehr stolz darauf, dass ich tolle Führungskräfte an meiner Seite hatte, die mich gefördert haben“, sagt Al Zoubi. „Allerdings ist die knallharte Realität anders als der geschützte Rahmen bei der Awo.“
Wieder biss der heute 24-Jährige die Zähne zusammen. Bei seinem neuen Arbeitgeber bekam er kurze Zeit nach seiner Einarbeitungsphase erste eigenständige Projekte und Mitarbeiter, die Baustellen unter seiner Leitung betreuten.
Erspartes für die Meisterschule investiert
Doch damit nicht genug: In dem Gesellen keimte der Wunsch, noch mehr aus seinem Leben zu machen. In seinem Fall den Meistertitel. Er investierte sein Erspartes in Immobilien, kündigte seinen sicheren Job bei der Heinrich Schmid GmbH, kehrte nach Heidenheim zurück und gründete seine eigene Firma. Nebenbei begann er mit der Meisterschule.
Mit seiner Erfahrung in der freien Wirtschaft, den Einblicken in die Ausbildung bei der Awo und seinem eigenen Malerbetrieb kam ihm gemeinsam mit Eduard Marker schließlich die Idee, eine Kooperation einzugehen. Auch die Handwerkskammer war von der Idee begeistert. Gemeinsam werden die Awo und der Al Zoubi Malermeisterbetrieb künftig junge Menschen im Bereich Maler und Lackierer ausbilden. Damit können die Azubis auch außerhalb des geschützten Rahmens praktische Erfahrungen sammeln. Mit diesem Konzept wollen die Kooperationspartner eine erstklassige Ausbildung ermöglichen.