Wie Oma das Internet kaputt machte: So war die Aufführung in der Heidenheimer Stadtbibliothek
Die rund 80 Zuschauerinnen und Zuschauer, Schulkinder wie Erwachsene, saßen gebannt im Margarete-Hannsmann-Saal der Stadtbibliothek und warteten darauf, was sich an diesem Nachmittag auf der Bühne wohl tun würde. Plötzlich polterte es von oben herunter und die beiden Darsteller der Württembergischen Landesbühne Esslingen, Chiara Schrenk und Steffen Lehmitz, stürmten lautstark am Publikum vorbei auf die Bühne. Beide überboten sich gegenseitig, zunächst in den Rollen von Tiffany, einem Kindergartenkind, und ihres etwas älteren Bruders Max, mit zehn Jahren schon ein Schulkind, das gerne am Computer zockte, damit, dem Publikum zu erzählen, was an dem Tag passierte, als sie eigentlich auf ihre Oma aufpassen sollten (oder umgekehrt, je nachdem, wen man fragte) und diese stattdessen aus Versehen das Internet weltweit kaputt gemacht hat. Was die beiden Darsteller da zeigten in der Bühnenadaption von Catja Baumann des preisgekrönten Kinderbuchs von Marc-Uwe Kling – Erwachsenen gut bekannt durch die „Känguru-Chroniken“ – war umwerfend und ging weit über eine Erzählung hinaus. Schrenk und Lehmitz schlüpften unablässig, nur mit kleinsten Requisiten, in die verschiedensten Rollen beiderlei Geschlechts, sie gaben neben den sich immer wieder herzhaft streitenden Geschwistern – was zu viel Gelächter und einigem Wiedererkennen im Publikum führte – auch noch die Eltern, die Großeltern, die Teenagertochter Luisa, den Pizzaboten PJ und zum Schluss noch die beiden Techniker.
Was beim Surfen passieren kann
Doch von vorne. Es waren Ferien, die Kinder waren im Haus, und weil die Eltern arbeiten mussten – die Mutter im Homeoffice und der Vater bei der Bank – , sollten die Großeltern auf die Kinder aufpassen. Der Opa sah sich im Fernsehen Dokumentationen über Fische an, die Oma saß vor dem Computer und surfte im Internet. Max zockte das neueste Weltraumspiel und Luisa hörte lautstark in ihrem Zimmer ihre Lieblingspunkband „Die Bäume“. Doch plötzlich machte die Oma (herrlich gespielt von Schrenk mit grauen Locken und zentimeterdicken Brillengläsern) „klick, klick“ – und nichts ging mehr. Da halfen kein Neustart, kein Steckerrausziehen und auch nicht wildes Rumbrüllen. Das ganze Haus und die ganze Welt waren lahmlegt. „Das hat die Oma nur aus Versehen gemacht“, wurde Tiffany nicht müde, das Malheur etwas kleiner zu machen, aber dieses Missgeschick änderte den Ferientag von Grund auf. Das Homeoffice der Mutter funktionierte nicht mehr, Opa konnte nicht mehr fernsehen, Max nicht mehr zocken, Luisa hörte keine „Bäume“ mehr. Nach vielen Umwegen fand auch der Vater ohne Navi nach Hause und als der Pizzajunge PJ vor ihrer Tür stand, weil er ohne GPS die richtige Straße nicht finden konnte, fand Luisa das alles auf einmal gar nicht mehr so doof. Witzig und schräg und für viele Lacher sorgte die Jugendsprache zwischen Luisa und dem Pizzaboten. Als alle im Wohnzimmer versammelt waren, musste man sich nun mit anderen Dingen beschäftigen. Nach einigen Versuchen wie Geschichten zu erfinden, zu tanzen oder a cappella zu singen beschlossen alle, dem Opa eine Freude zu machen, und spielten ihm auf fantastische Weise die unterschiedlichsten Fisch- und Korallenarten vor. Die ganze Familie fand zusammen, und als schließlich zwei Techniker im Haus das Internet wieder repariert hatten – für alle weltweit – und der übliche Familientrott wieder losging, bei dem sich jeder nur mit sich und seinem Gerät abgab, war Tiffany richtig traurig: „Oma, kannst du das Internet nicht noch mal kaputt machen?“ Und die Oma machte „klick, klick“ …
Die Bühne wurde dunkel, das kluge und unterhaltsame Stück war zu Ende. Das Publikum klatschte begeistert.