Jazz Heidenheim

Wie Renaud Garcia-Fons in der alten DHBW in Heidenheim mit dem Kontrabass tanzte

Virtuos, grenzenlos, mitreißend – Renaud Garcia-Fons begeisterte mit seinem Trio in der alten DHBW und nahm das Publikum mit auf eine musikalische Weltreise. Wie die Musiker die Zuhörer auf eine klangliche Reise nach Frankreich entführten:

Renaud Garcia-Fons gilt weltweit als einer der virtuosesten und wegweisendsten Musiker am Kontrabass. Der in Paris beheimatete Ausnahmeinstrumentalist und ECHO-Preisträger gab am vergangenen Donnerstag seine Visitenkarte in der dualen Hochschule in Heidenheim ab. Erst vor wenigen Wochen veröffentlichte Garcia-Fons sein neues Album „Blue Maqam. „Maqam“ steht in der arabischen und persischen Musik für die Bezeichnung des Modus eines Musikstücks und wird durch die ihm zugrundeliegende heptatonische Tonleiter charakterisiert. „Blue“ untermalt die stilistische Auswirkung der Titel. Und diese Ausrichtung kennt tatsächlich keine musikalischen Grenzen.

Renaud Garcia-Fons legte an diesem Abend seinen Fokus auf das 2017 erschiene Werk „La Vie Devant Soi“ und bot dabei eine einzigartige Mixtur aus Flamenco, Walzer, World Music und Jazz. Er schaffte es, Ansätze aus indischen, afrikanischen, lateinamerikanischen und europäischen Klängen zu vereinen. Dabei wurden die verschiedenen Stilrichtungen nicht autark dargestellt, sondern zu einer atemberaubenden Symbiose verbunden.

Wandeln zwischen den Klangwelten

120 Zuschauer wollten sich das Wandeln zwischen den Klangwelten nicht entgehen lassen. Die große Frage war: wie genießt man diese Stilvariationen am besten? Eigentlich ganz einfach: man schließt die Augen und versetzt sich in die Welt des Renaud Garcia-Fons – oder versucht es zumindest. Wer allerdings die flinken Hände des an seinem 5-saitigen Bass so ungemein versierten Musikers bestaunen mochte, hatte seine Augen idealerweise geöffnet. Zugegebenermaßen wurden diese mit Fortlauf des Abends bei dem Dargebotenen immer größer. Es ist beeindruckend, wenn Garcia-Fons gefühlvoll mit seinem Bogen über den Kontrabass gleitet, um im nächsten Moment in atemberaubendem Tempo auf seinem Instrument schier unmögliche Läufe zu zupfen.

Dabei standen ihm auch seine beiden Mitmusiker in nichts nach. Der aus Marseille stammende Stéphan Caracci ist ein Meister der Percussion und der in Grenoble gebürtige David Ventucci bewies, dass das Akkordeon den mannigfaltigen Sound beeindruckend unterstützte. Beide Musiker bekamen genügend Entfaltungsspielraum.

French Connection in Heidenheim

So spielte sich das französische Trio schnell in die Herzen der Musikgenießer und sorgte für nicht ganz zwei Stunden Vollbedienung – weit weg vom Mainstream. „La Vie Devant Soi“ handelt von der außergewöhnlichen Verbindung zwischen einem arabischen Waisenkind und einer jüdischen Mutter.

Und Garcia-Fons ist nicht nur ein begnadeter Musiker: zwischen den Titeln fungierte er auch als Geschichtenerzähler – charmant und witzig – Franzosen beherrschen das. „Monsieur Taxi“ wird beispielsweise begleitet vom Erlebnis, als die Band in Berlin im eiskalten Regen auf der partout erfolglosen Suche nach einer Mitfahrgelegenheit war – mitsamt den sperrigen Instrumenten. Am Ende war es natürlich der Bassist, der einen fahrbaren Untersatz organisieren konnte.

Bei „Après La Pluie“ und dem fantastischen „Les Rues Vagabondes“ wechselte Stephan Caracci an sein Vibraphon (Metallophon), um dort seinen musikalischen Fähigkeiten freien Lauf zu lassen. Letztgenannter Song versetzt den Zuhörer tatsächlich unvermittelt ins Herz der französischen Hauptstadt.

Ein unvergesslicher Abend voller musikalischer Vielfalt

Der epische Titel „La Vie Devant Soi“ beendete das Set an diesem Abend. Eine Verlängerung sollte es im Gegensatz zum parallel stattfindenden Fußballspiel zwischen dem FC Heidenheim und dem FC Kopenhagen allerdings nicht geben: Garcia-Fons hatte erst kürzlich eine Grippe überstanden und war am Ende sichtlich platt. Für diesen Umstand hätte er sich wahrlich nicht entschuldigen müssen.

Bei Veranstaltungen wie diesen weiß man musikalische Vielfalt jenseits jeglicher Tellerränder zu schätzen. Eine Melange voller Poesie und Melancholie, welche in den Ohren (und visuell in den Augen) noch eine ganze Weile nachhallen dürfte und mit gelungenen Rahmenbedingungen durch den Verein „Jazz Heidenheim“ versehen wurde.

Nächstes Highlight bereits in Sicht

Am Freitag, 7. März, steht bereits das nächste Highlight in der dualen Hochschule an – dann gibt es Jazz im Quadrat. An diesem Abend wird die Band Renner, hinter der sich die Jazzvirtuosen Moritz Renner, Valentin Renner und Nils Kugelmann verbergen sowie die mongolische Jazzpianistin Shuteen Erdenebaatar mitsamt ihrer Band in der dualen Hochschule erwartet. Jazzfreunde sollten sich diesen Termin schon jetzt rot in ihrem Kalender anstreichen. Startschuss ist um 20 Uhr.

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