Herausforderungen und Hoffnungen

Wie Schulen im Landkreis Heidenheim ins neue Schuljahr starten

Von bildungspolitischen Neuerungen, unklaren Vorgaben und dem berüchtigten Lehrermangel – ein Überblick über die aktuelle Lage an Schulen im Landkreis Heidenheim.

Die Autobahnen gen Süden sind wieder leerer, die Züge am Morgen voller und draußen wird es Herbst: Das neue Schuljahr hat begonnen. Um einen Überblick über die Lage an den Schulen im Landkreis Heidenheim zu bekommen, hat die HZ mit verschiedenen Schulleiterinnen und Schulleitern im Kreis gesprochen. Wie geht es ihnen mit Blick aufs kommende Schuljahr, und welche neuen oder auch alten Herausforderungen stehen im Raum?

Simone Honold ist Schulleiterin der Ostschule in Heidenheim und seit diesem Jahr neue geschäftsführende Schulleiterin der Heidenheimer Grund-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen sowie Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Angesprochen auf mögliche Herausforderungen im kommenden Schuljahr, sagt sie: „Die Bildungspolitik ist im Umbruch und das Ministerium hat Maßnahmenpakete über alle Schularten hinweg beschlossen.“ Im neuen Schuljahr liege nun die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen bei den Schulen, „eine große Herausforderung“, so Honold. „Grundschulen müssen jetzt beispielsweise gute und tragfähige Konzepte für eine durchgängige Sprachförderung entwickeln – von den Kitas bis in die Grundschulen.“ Auch für eine Gestaltung möglicher Juniorklassen („Klasse 0“) müsse man Konzepte schaffen: Denn Kinder, die am Ende der Kita noch starke Sprechschwierigkeiten haben, sollen möglicherweise bald in sogenannte Juniorenklassen gehen, um so noch vor der Einschulung 22 oder 25 Stunden pro Woche Sprachförderung zu erhalten und in Basiskompetenzen gefördert zu werden. „Das alles und noch vieles mehr sind Herausforderungen, an denen die Schulen arbeiten.“ Oftmals tauchten dabei Fragen auf, die vom Ministerium oder den übergeordneten Stellen nicht beantwortet würden, beziehungsweise nicht beantworten werden könnten, bemängelt Honold.

Unsicherheiten über neue bildungspolitische Programme

Neben Sprach- und Leseförderung ist die berufliche Orientierung (BO) in diesem Schuljahr ein zentrales Thema an Schulen im Landkreis Heidenheim. Das Kultusministerium hat in diesem Schuljahr das Programm „BO Aktiv“ eingeführt, ein neues Konzept zur Berufsorientierung, das ältere Programme teilweise ersetzen soll. Wie genau betroffene Schulen das Programm umsetzen sollen, scheint allerdings noch unklar. Roland Zeitler, Schulleiter der Gemeinschaftsschule Sontheim sagt: „Was genau der Inhalt von ,BO Aktiv' ist, wird sich im Detail erst noch zeigen.“

Lehrermangel – die große Sorge vieler Schulen

Zwar betreffen die verschiedene bildungspolitischen Anforderungen und Neuerungen nicht alle Schulen im Landkreis Heidenheim gleichermaßen. Dennoch scheint es nach wie vor ein Phänomen zu geben, das fast alle Schulen eint: den Lehrermangel. „Der Lehrermangel im Heidenheimer Raum ist nach wie vor über alle Schularten hinweg sehr groß“, sagt Honold. Wie sehen das Schulleitungen andernorts im Kreis?

Wieland Fischer ist Schulleiter der Pistoriusschule in Herbrechtingen (SBBZ) und berichtet: „Wir haben in diesem Schuljahr vier Stellen ausgeschrieben und eine davon wurde besetzt.“ Mehr Lehrkräfte seien in den Ruhestand oder ins Sabbatjahr gewechselt als nachbesetzt werden konnten. „Somit haben wir eine schlechtere Lehrerversorgung.“ Sorgen bereitet dem Schulleiter auch, dass die Zahl verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler an der Pistoriusschule gestiegen sei. Damit alleingelassen werde das Kollegium aber nicht, sondern erhalte gute Unterstützung vom Schulträger. „Es wurden alle FSJ-Stellen an unserer Schule besetzt, Betreuungskräfte werden in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt und auch dem Platzmangel wird mit dem Neu- beziehungsweise Anbau Rechnung getragen“, so Fischer.

So ist die Lage in Sontheim

Auch die Gemeinschaftsschule Sontheim ist gegen personelle Engpässe nicht gefeit. Zeitler berichtet: „Auf dem Papier sind wir derzeit gut mit Lehrkräften versorgt. Wir wissen allerdings schon jetzt, dass es personelle Veränderungen geben wird, die uns wieder vor Anpassungen stellen werden.“ Das Problem, erklärt Zeitler, bestehe darin, dass es bei Ausfällen kaum oder keinen Ersatz gebe, weshalb jeder kurz- oder längerfristige Wegfall einer Lehrkraft vom restlichen Personal kompensiert werden müsse. Die Folge: Stundenpläne müssten immer wieder verändert und Unterrichtsstunden gestrichen werden, um die nötigen Ressourcen freizubekommen. Zeitler: „Die anfängliche Versorgung ist oft okay, die Frage ist aber, was daraus im Laufe der Zeit wird.“

Doch nicht alle Schulen im Kreis sind vom Lehrermangel betroffen: Karin Waluga ist Schulleiterin der Königsbronner Georg-Elser-Schule (Grund- und Realschule) und zeigt sich erleichtert: „Dank wirklich enormer Anstrengungen des Schulamts in Göppingen können wir alle Fächer abdecken.“ Dadurch werde nun möglich, dass in der Realschule wieder Schwimmunterricht angeboten werden kann – auch für die Erstklässler.

Zuversicht trotz Hürden

Trotz der Reden über Herausforderungen vernimmt man im Gespräch mit den Schulleitungen auch Optimismus. Zeitler etwa zeigt sich zuversichtlich, „mit dem Kollegium ganz viele Herausforderungen meistern“ zu können. Und auch Honold sagt: „Mit Schulbeginn im September beginnt nicht alles bei null, sondern Schulentwicklung und die Gestaltung von Schule ist ein fortwährender Prozess.“

Im Sog des Internets

Eine weitere Herausforderung sieht Simone Honold auch in der steigenden Medien- und Internetnutzung der Schülerinnen und Schüler und den damit verbundenen Gefahren. Es sei wichtig, die Kinder dahingehend zu begleiten, dass sie zu selbstbewussten und kritisch denkenden Menschen werden, die auch mit den negativen Seiten der digitalen Welt umgehen können. Honold: „Ob dafür ein eigenes Schulfach ausreichen würde, wage ich zu bezweifeln. Vielmehr sehe ich hierin eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."