Jazz Heidenheim

Wie sich das Dominik-Raab-Quartett in Heidenheim von null auf hundert jazzte

Das Dominik-Raab-Quartett fesselte das Publikum in der Alten DHBW vom ersten Moment an und demonstrierte, wie vital der Modern Jazz ist.

Für den Verein Jazz Heidenheim war es nach der langen Sommerpause ein Auftakt nach Maß: das Haus voll, die Band ein Glücksgriff und das Publikum begeistert. Mit viel Beifall und nur ungern wurden der Schlagzeuger Dominik Raab und seine Mitmusiker Tony Lakatos (Saxophon), Hubert Nuss (Flügel) und Rudi Engel (Kontrabass) nach ihren zwei Sets entlassen, die wieder einmal deutlich gemacht hatten, dass die klassischen Formen des Modern Jazz immer noch vital und frisch interpretiert werden können. Denn nicht mit bekannten Standards waren die vier in die Cafeteria der Alten DHBW gekommen, sondern durchgehend mit Eigenkompositionen von Dominik Raab. Dass ein Gutteil der Stücke erst im Sommer 2025 als CD veröffentlicht wird, war da noch ein extra Bonbon für das rund 100-köpfige Publikum.

Mit Raab sitzt der Junior des Quartetts auf dem Chefsessel. Doch auf Hierarchie ist diese Gruppe nicht aufgebaut. Alle vier Musiker haben den gleichen Rang, jeder hat Raum, keiner drängt sich vor.  Rudi Engel, der kurzfristig eingesprungene Bassist, dankte dies mit zwei glanzvollen und viel Beifall bedachten Soli. Mit seinem zweiten Solo, bei der er die ganze Klangfülle seines Instruments ausbreitete, eröffnete er das zweite Set.

Vollblut-Musiker Tony Lakatos braucht keine Anlaufzeit

Von null auf hundert: Für Tony Lakatos kein Problem. Der 65-jährige ungarische Saxophonist, der mit vielen Größen in der Jazz-Welt gespielt hat, braucht keine Anlaufzeit. Sein silberfarbenes Tenorhorn brachte er sofort zum Glühen. Technische Virtuosität und nicht nachlassende Spielfreude kommen bei ihm zusammen. Lakatos ließ Töne wie Funken sprühen, betupfte weich die Herzen bei Balladen und wandelte mit rauchigem Ton durch die nächtliche Welt des Cool Jazz.  An die 20 Jahre war Lakatos bei der hr-Bigband. Da weiß man, was Präzision heißt.

Hubert Nuss täuschte ein wenig. Denn er saß so aufrecht am Klavier, wie man es eher in der Klassik gewohnt ist. Doch Nuss ist ein Jazzer durch und durch, der mit quirligen Läufen und wuchtigen Akkord-Verschiebungen für frischen Groove sorgte. Der Dozent an gleich mehreren Musikhochschulen ist auch ein gefragter Studiomusiker.  Bei seinem Spiel mit der linken Hand durfte man sich an McCoy Tyner erinnert fühlen.

Zahlreiche Stilformen des Jazz im Repertoire

Als Komponist schätzt Dominik Raab die Vielfalt. Die wärmste Ballade, die herzlichste und innigste, hatte der Vater Dominik Raab für seinen gerade geborenen Sohn Emil geschrieben. Doch bis zum atemlosen Bebop wurden an diesem Abend viele Stilformen des Jazz ausgetestet. Ein Beispiel: „Me Bop“, ein Up-Tempo-Stück, das mit Brüchen und Stopps losstolpert, nimmt plötzlich rasant Fahrt auf, bis es Nuss am Klavier lässig mit einem Latin-Touch auslaufen lässt.

Als Drummer ist Raab ein Meister an Exaktheit und Klarheit. Hi-Hat, Snare und großes Becken reichen ihm im Grund, den Rhythmus klar zu definieren. Das macht sein Spiel sehr hell und leicht. Und lässt es offen für die vielen, weiteren Klangfarben, die Raab blitzschnell und ohne jede Hektik aus dem Handgelenk an seinem Drumset abrufen kann. Raab umschließt die Melodielinien, gibt ihnen Halt und Richtung. Die Zugabe, eine Ballade, ließ Raab sanft mit dem Besen am Becken aushauchen. „Kind Mind“ lautet ihr Titel.  Einfach Liebenswürdig. 

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