Wie sich Technik künstlerisch kommentieren lässt
In der aktuellen Ausstellung des Kunstvereins zum Kunstpreis „Kunst und Technik“ werden Positionen von sechs Künstlern und Künstlerinnen im Voith Training Center gezeigt. Das bedeutet, dass die Künstler in verschiedenen Ansätzen Technik künstlerisch kommentieren. An dieser Stelle werden heute die beiden Künstler Jan Neukirchen und Fabian Kühfuß vorgestellt.
In der Zeit, als das Milliardengeschäft der Tamagotchis die Welt der Kinder eroberte, war Jan Neukirchen als Bub mittendrin. Doch nicht, dass er es einfach nur nach dessen Vorgaben und “Bedürfnissen“ versorgte, nein, er begann selbst herauszufinden, wie er es nach seinen Vorstellungen umprogrammieren konnte. Was als Kind begann, hat er heute zu einer technischen Perfektion entwickelt, mit der er nach einigen Stationen in der Automobilindustrie entschieden hat, künstlerisch zu experimentieren.
Philosophie mit im Spiel
Seine Herangehensweise hat etwas durchaus Philosophisches. Beindruckt von der Vorstellung, dass man zum Beispiel das Leben in seiner chronologischen Abfolge als Gleichzeitigkeit, also als ein Bild oder plastische Skulptur darstellen könnte, entwickelt Jan Neukirchen dafür eine Lösung, die bei ihm mit der Nutzung von Daten funktioniert. In verschiedenen Städten trackte er seine täglichen Wege und Bewegungen und übersetzte diese Informationen in eine 3D-Programmierung, mittels derer er kleine, filigrane plastische Formen druckte. Verschiedene Wege, z.B. in Göttingen, Venedig, Paderborn, wurden so erfasst und geformt, dass man auf einen Blick erkennen kann, wie seine Wege verlaufen sind, ob er an einem oder verschiedenen Orten geschlafen hat oder an welchem Tag gar nichts passiert ist. So kann er aber auch Gesprächsverläufe als Plastik zeigen und gibt einer chronologischen Abfolge eine Struktur und Form, 3D gedruckt. Neukirchen setzt sich in seiner Kunst auch kritisch auseinander mit der Schnelllebigkeit und Unbeherrschbarkeit der Technik im Verhältnis zu ewig gültigen Themen.
Keine Scheu vor Alltag und Banalem
Fabian Kühfuß greift Alltagsthemen oder Banalitäten auf. Betrachtet man die vergangenen 100 Jahre der Industrialisierung, Automatisierung und Digitalisierung, waren Maschinen und Technik immer dann in Einsatz gebracht worden, um ökonomische Erfolge zu erzielen und die Arbeitsleistung über ein Individuum hinaus zu vergrößern bzw. zu erweitern. Was ist also, wenn eine Maschine ihren Sinn verliert, ins Absurdum geführt wird und ein Eigenleben entwickelt, das man wirklich nicht braucht? So zum Beispiel sein Putzer, der automatisiert immer die gleiche Bewegung ausführt, immer an derselben Stelle. Oder seine Gebetsmühle, der Elektrische Mönch, die durch die Übertragung des Gebets in eine Kamera immer wieder abgerufen werden kann, ohne eigenes Zutun und dennoch voll automatisiert persönliches Karma mithilfe der Maschine abbauen kann. Auch seine Hundestreichelmaschine mit einem Nintendo entlastet jeden Menschen, das selbst noch tun zu müssen.
Bei allem Humor lenkt Fabian Kühfuß einen kritischen Blick auf unseren Zeitgeist, in dem wir alles zu optimieren und zu automatisieren versuchen, ohne Sinn und Verstand. Das gelingt ihm, denn seine Kunstwerke machen Spaß, auch wenn einem das Lachen manchmal im Halse stecken bleibt.