Als Denkfabrik in Sachen Pflege hat sich im Landkreis Heidenheim die kommunale Pflegekonferenz etabliert. Bereits zum vierten Mal trafen sich unter diesem Dach Akteure, die sich im Landkreis Heidenheim in irgendeiner Form der Pflege verschrieben haben, seien es Krankenkassen als Geldgeber, Anbieter von Pflegeleistungen, Vertreter von Kliniken oder Verbänden sowie Ehrenamtliche. Vorgestellt wurden dort Ergebnisse von Arbeitsgruppen, die sich wesentlich öfter treffen und daran arbeiten, die Pflegesituation im Landkreis Heidenheim zu verbessern – sowohl für Betroffene und pflegende Angehörige als auch für Pflegeeinrichtungen und Pflegekräfte.
Gertraud Jauß, Pflegekoordinatorin im Landkreis Heidenheim, berichtete im Bildungs- und Sozialausschuss des Kreistags über Ergebnisse, mit denen die Pflege vorangebracht werden soll. Dabei geht es um Tagespflege, um Pflegekräftegewinnung sowie den Start eines Quartiersprojekts für eine generationengerechte Kommune in Niederstotzingen, für das es eine Förderzusage von bis zu 115.000 Euro vom Land gibt und für das in Kürze eine Bürgerbeteiligung starten soll.
Tagespflege als Entlastung für Angehörige im Landkreis Heidenheim
Die Wartelisten für einen Platz in einem Pflegeheim sind lang. Ganz anders sieht das in der Tagespflege aus. Seit dem Corona-Lockdown bleiben viele der 167 Plätze in der Tagespflege unbelegt. Laut Gertraud Jauß geht das so weit, dass die Tagespflegen teils existenzbedroht sind. Dabei liegt es nicht daran, dass das Angebot nicht benötigt würde, sondern daran, dass es zu unbekannt ist und es Fehlinformationen über die Finanzierungsmöglichkeiten gibt.
Das schließt Jauß aus einer Umfrage bei pflegenden Angehörigen, die von den Krankenkassen bei 500 Betroffenen im Landkreis durchgeführt wurde. „70 Prozent der pflegenden Angehörigen gaben an, dass sie stark bis sehr stark belastet sind“, so Jauß. Hinzu komme das Problem der Einsamkeit der Menschen. „Manche zerbrechen fast an der Situation psychisch und physisch“, sagt Jauß. Eine Tagespflege könnte Entlastung bringen, doch zeigten die Antworten, dass viele das Angebot gar nicht kennen. Dabei geht der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) in seiner Berechnung sogar von einem steigenden Bedarf aus und hat für den Landkreis Heidenheim für das Jahr 2030 ermittelt, dass es einen Höchstbedarf von 457 Tagespflegeplätzen geben werde. Doch von einem solchen Bedarf ist man weit entfernt.
Was tun? Mit Flyern und einem Tag der offenen Tür habe man versucht, die Tagespflege bekannter zu machen. „Das hat ein bisschen was gebracht, es war eine Steigerung da, aber weit weg von wirklich gut“, so Jauß. Eine mögliche Lösung hat die Teilnahme am sogenannten D-Care-Lab gebracht, für das sich der Landkreis beworben und den Zuschlag bekommen hatte. Ein Jauß sowie ein Vertreter der DRK-Tagespflege, nahmen teil und brachten Ergebnisse mit.
Pflegekasse gibt extra Geld für die Tagespflege
Woran liegt die mangelnde Nachfrage? Eine der Erkenntnisse war, dass die Unkenntnis über das Angebot sowie die schwäbische Sparsamkeit und die Angst vor hohen Kosten eine Rolle spielen. Was viele nicht wissen: Für die Tagespflege gibt es zusätzlich zum Pflegegeld einen finanziellen Zuschuss.
Abhilfe schaffen soll nun ein sogenannter Medienkoffer und der Weg über viele Multiplikatoren wie Vereine. Enthalten sein soll darin ein kurzes Erklärvideo und eine interaktive Landkarte mit der Verlinkung zu den Tagespflegeangeboten im Landkreis. Angebote gibt es aktuell in Heidenheim, Giengen, Gerstetten, Sontheim, Hermaringen, Nattheim, Steinheim und Niederstotzingen.
Per Knopfdruck die Kosten für die Tagespflege berechnen
Ebenso angeboten werden soll ein Rechner, mit dem Interessierte anhand ihrer persönlichen Eckdaten ermitteln können, für wie viele Tage im Monat der zusätzliche Geldtopf der Pflegekasse je nach Einrichtung ausreicht. Je höher der Pflegegrad, desto höher der Betrag: Für Pflegegrad 2 gibt es zum Beispiel 689 Euro monatlich, für Pflegegrad 3 1298 Euro, Pflegegrad 4 1612 Euro und Pflegegrad 5 1995 Euro. Ein Eigenanteil für Verpflegung und Fahrtkosten muss selbst getragen werden, kann aber über den Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich rückerstattet werden.
Schulterschluss bei der Gewinnung von Pflegekräften
Erste Erfolge konnte die Arbeitsgruppe erzielen, die sich um den Fachkräftemangel und dessen Bekämpfung Gedanken gemacht hat. Für Pflegekoordinatorin Gertraud Jauß hat maßgeblich der neue Schulterschluss einen Fortschritt gebracht. Erstmals hätten sich alle Anbieter in der Pflege gemeinsam auf der Ausbildungsmesse präsentiert. Statt gegenseitiger Konkurrenz habe man es zusammen geschafft, das Augenmerk auf die Pflegeberufe zu lenken, sagte Jauß. „Auf einmal waren wir der bestbesuchte Bereich der Messe.“ Deshalb werde man das auch künftig so machen und der Ostalbkreis werde dieses Heidenheimer Modell nachmachen.
Der Erfolg zeigt sich laut Jauß darin, dass in Heidenheim derzeit die Pflegeausbildungsklassen so gut belegt sind wie schon lange nicht mehr. Aktuell arbeite man an einer einrichtungsübergreifenden Präsentation. Zudem gehe der gemeinsame Instagram-Kanal „Heidenheimer Pflegewelt“ an den Start.