Poetry Slam

Johannes Elster bietet Wortwitz vom Feinsten im Heidenheimer Lokschuppen

Beim letzten Poetry Slam des Jahres verteilte Johannes Elster im Heidenheimer Lokschuppen Nikolaus-Schokolade. Inhaltlich ging's um VHS-Wölfe, Klassensprecher und tief persönliche Geschichten. 250 Zuhörerinnen und Zuhörer gaben kräftig Applaus.

Johannes Elster bietet Wortwitz vom Feinsten im Heidenheimer Lokschuppen

Trotz Schneematsch vor der Tür fanden sich zum letzten Poetry Slam des Jahres wieder zahlreiche Zuhörer, von Schulklassen mit Nikolausmützen bis zu älteren Stammgästen, im Lokschuppen ein, um sechs Wortkünstlerinnen und -künstlern zu lauschen.

Charmant und mit Nikolaus-Schokolade im Gepäck führte Moderator Johannes Elster durch die Show. Marius Loy aus Esslingen und mit 32 Jahren in der Quarterlifecrisis, erzählte witzig und melancholisch vom Ende der Karriere eines Biathleten, der seine nun nicht mehr bedeutenden Bahnen im Wald zieht und sich dem Ende nähert. Der mitreißende Vortrag wurde mit viel Applaus bedacht. Der neben Urgestein Martin Szegedi älteste Teilnehmer Gerhard Kräft aus Heidenheim drehte den Spieß genüsslich-makaber um in „Waidmannsheil“ und jagte die Jäger. In weiteren Gedichten gab er in zarter Sprache Beobachtungen in der Natur wieder und im „Letzten Forum“, entstanden 2013 nach dem Bekanntwerden der Gräueltaten in Ruanda im Namen der Religion, drückte er seine Wut und Anklage aus. Er bekam viel Applaus. Der 34-jährige Marvin Suckut aus Konstanz liebt Alliterationen („Sie wissen schon, aus der Schule, wo alles mit dem gleichen Buchstaben anfängt“) und präsentierte herrlich absurd ein Gedicht über Wölfe, Weihnachtskekse und Wichtel Walter, bevor er eine Liste seiner Highlights der absurdesten VHS-Kurse zum Besten gab. Er bekam Riesenapplaus.

Warten aufs Christkind

Julia Althofer war aus Bayreuth angereist, ist aber in Heidenheim zur Schule gegangen und erzählte etwas ganz Besonderes: In „Warten aufs Christkind“, verfasst in der Pandemie, träumte sie von den wunderbaren Begegnungen, die man in Heidenheim am 23. Dezember in der Innenstadt erleben kann, gefühlvoll und lebendig, und am Ende beschrieb sie die Hoffnung, dass all das, Wiedersehensfreude, Umarmungen, aus fremden Tassen heißen Mojito trinken, baldmöglichst wieder Realität werden möge. Ein Heimspiel im jubelnden Saal. Yannik Ambrusits, 22 Jahre jung, blickte auf sein Leben zurück und antwortete seinem 11-jährigen Tagebuch-Klassensprecher-Ich ironisch und mitreißend über sich, den Zustand der Welt und was aus ihm geworden ist. Das Publikum war begeistert. Die Studentin Rahel Behnisch, ebenfalls aus Würzburg, zeigte dem ergriffenen Publikum Seiten von sich, die man nicht alle Tage zu hören bekommt. Sie erzählte poetisch, in vielen Bildern, vom Meer und ihrer Angststörung, von Auflösung und leiser Hoffnung. Sie bekam großen Applaus und wurde mit Suckut und Ambrusits ins Finale geklatscht. Elster unterhielt köstlich mit Zitaten aus einem Buch, in dem es angeblich um 300 Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten ging, und tatsächlich, zur großen Freude des Publikums, war es jedes Mal eine einzige Rezeptur: „Man nehme einen Esslöffel Apfelessig, einen Esslöffel Honig, löse es in Wasser auf und trinke es über den Tag verteilt.“ Herrlich. Martin Szegedi, seit 11 Jahren bei jedem Poetry Slam in Heidenheim dabei, las außer Konkurrenz wieder einige seiner klugen und hintergründigen Gedichte. Das Publikum dankte mit Jubel.

Absurd und komisch

Suckut erzählte, sich absurd steigernd und irre komisch, von einer Flugreise nach Mallorca und was ihm zwischen dem schlafenden Ingo auf der einen Seite und der lüsternen älteren Gudrun auf der anderen Seite seines Sitzplatzes widerfuhr. Ein unwiderstehlicher Vortrag. Behnisch erzählte zutiefst persönlich die Geschichte ihres Körpers und nach vollkommener Stille applaudierte das Publikum begeistert. In Ambrusits‘ letztem Vortrag ging es mit großem Witz um die Schere zwischen Alt und Jung, dass jede Seite ihre Argumente habe, aber dass von oben herab zu dozieren und sich besser als die anderen zu fühlen weder den Klimawandel noch irgendein weiteres der großen Probleme unserer Zeit lösen werde. Alle drei Finalisten bekamen jubelnden Applaus und am Ende nahm Suckut die von der „Zipfelmützengang“ der 12. Klasse des Schiller-Gymnasiums gestaltete Karte mit nach Hause.

Im kommenden Jahr geht's weiter

Die Termine für die kommenden Poetry Slams stehen bereits fest. Sie finden am 13. März 2024 im Lokschuppen und die große Veranstaltung im Naturtheater am 9. Juli statt. Der Vorverkauf läuft bereits.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar