Als ehemaliger Heidenheimer und Trainer für Interkulturelle Kompetenz treibt mich sehr um, was sich am kommenden Sonntag in Heidenheim anbahnt. Auf der einen Seite die offene und bunte Stadt Heidenheim, mit fast 20 Prozent Menschen aus über 100 Ländern und knapp 30 Prozent Menschen mit internationaler Familiengeschichte (Migrationshintergrund), die im Kreiskrankenhaus, in Unternehmen, in Alten- und Pflegeheimen zum Funktionieren dieser Stadtgesellschaft täglich beitragen. Auf der anderen Seite eine in weiten Teilen antidemokratische, verfassungs- und fremdenfeindliche Partei, die in ihren kühnsten rassistischen Tagträumereien am liebsten „millionenfach abschieben“ würde. Remigration als Euphemismus, als Sprachversteck für Massen-Deportationen.
Freilich ist die Stadtverwaltung Heidenheim mit ihren Tochtergesellschaften wie dem Konzerthaus per Neutralitätsgebot dazu verpflichtet, der AfD-Bundespartei die Räumlichkeiten zu vermieten. Im Telefongespräch mit dem Assistenten von OB Salomo heißt es, man müsse sich an „Regeln und Gesetze“ halten. Ein Argument, das viele Deutsche inklusive Adolf Eichmann nutzten, um ihre Mitwirkung an der Deportation und Vernichtung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden zu entschuldigen.
Eine moderne Stadtverwaltung kann mehr. Eine moderne Stadtverwaltung weiß um die Bedeutung der Menschen ihrer Bürgerschaft. Wo bleibt das Zeichen der Stadtverwaltung? Wo ist eigentlich OB Salomo? Außer einer juristisch fragwürdigen Kündigung des Mietvertrags gibt es viele, sehr viele Möglichkeiten, sich als Stadtverwaltung und OB hinter diese Stadtgesellschaft zu stellen. Insbesondere von einem OB, der aufgrund seines eigenen Lebensentwurfs und seines Partners Diskriminierung ausgesetzt ist, erwarte ich mehr.
Vielleicht muss das Konzerthaus tatsächlich an diese „Unpartei“ vermietet werden. Warum hängen aber am Sonntag an den Fahnenmasten vor dem Konzerthaus nicht einfach drei Regenbogenfahnen als Zeichen für eine tolerante Stadtgesellschaft? Ein solches Zeichen könnte auch als ein „Willkommen an Alice Weidel“ verstanden werden. Von einem OB an die Parteivorsitzende einer fremdenfeindlichen Partei, die innerhalb ihrer eigenen Partei immer wieder Diskriminierungen ausgesetzt ist. Und wenn es nicht die Regenbogenfahnen sind: Irgendwas könnten sich Stadtverwaltung und OB Salomo schon einfallen lassen.
Holger Witzenleiter, Emmendingen