Wo die Stadtwerke in Heidenheim neue Wohnquartiere bauen wollen
Die Stadtwerke planen, mit ihrer Tochterfirma BGH (Baugesellschaft Heidenheim GmbH) auf zwei innerstädtischen Arealen zu bauen: dem Stowe-Woodward-Areal an der B19 und dem Gebiet am Hardtwald am Ortsausgang in Richtung Giengen. So wurde es zumindest dem Aufsichtsrat der städtischen Aktiengesellschaft in einer nichtöffentlichen Sitzung im Februar unter der Agenda „Bezahlbarer Wohnraum und lebendige Zentren“ vermittelt. Voraussetzung für diese Pläne wäre allerdings, dass die Stadt den Stadtwerken, die zu 100 Prozent in ihrem Besitz sind, die Grundstücke verkauft – und zwar möglichst zu den derzeit ausgewiesenen Quadratmeterpreisen. Diese liegen in beiden Fällen relativ niedrig: In der Bodenrichtwertkarte liegt der Preis für das Stowe-Woodward-Areal bei 125 Euro pro Quadratmeter, weil es sich aktuell noch um ein Gewerbegebiet handelt. In den umliegenden Wohngebieten sieht das ganz anders aus, dort liegen die Grundstückspreise ungefähr doppelt so hoch. Bei dem seit nahezu zwei Jahrzehnten brachliegenden Gebiet Am Hardtwald sind die Quadratmeterpreise mit 95 Euro ausgewiesen, in der gegenüberliegenden Voithsiedlung liegen sie bei 215 Euro.
Sieben Millionen Euro für die Stadtkasse
Sieben Millionen Euro könnte der Grundstücksverkauf, wenn er denn so zustande käme, in die Stadtkasse spülen. Es wäre bei der derzeitigen Haushaltslage Geld, das die Stadt gut gebrauchen könnte. Allerdings würden die Stadtwerke den Deal auch an einige Bedingungen knüpfen: Die Stadt müsste für das Stowe-Woodward-Areal einen Bebauungsplan aufstellen und für beide Gebiete eine Änderung des Flächennutzungsplans erwirken. Außerdem sollte laut einer dem Aufsichtsrat gezeigten Präsentation, die der Redaktion vorliegt, „die Nähe zum Waldgebiet nicht zu Auflagen führen“. Was damit gemeint ist: Eigentlich muss mit Wohnbebauung ein Waldabstand von 30 Metern eingehalten werden, dieser würde unterschritten werden.
Eine Machbarkeitsstudie, die die Stadtwerke in Auftrag gegeben haben, identifiziert auch Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Pläne: Das gewünschte Gebiet Am Hardtwald zu beiden Seiten der Giengener Straße gehört in Teilen gar nicht der Stadt Heidenheim, sondern zwei Gesellschaften, die zur Peach Property Group AG gehören. Auch diese müssten ihre Grundstücke an die Stadtwerke verkaufen. Zudem stehen dort zwei Hochhäuser, die derzeit als Erst- und Anschlussunterbringung von Geflüchteten vom Landkreis beziehungsweise von der Stadt Heidenheim genutzt werden. Ein Abriss dieser derzeit dringend benötigten Unterkünfte scheint in der momentanen Situation nicht sinnvoll.
Bundesstraße ist viel zu laut
Bei der Nutzung des direkt an der B19 gelegenen Stowe-Woodward-Geländes für Wohnbebauung ist vor allem der Lärm problematisch: Die Werte überschreiten die zulässigen Grenzwerte für Wohngebiete, selbst die Grenzwerte für Mischgebiete würden teilweise überschritten werden. Deshalb wären sowohl aktive als auch passive Lärmschutzmaßnahmen notwendig – und diese kosten Geld. Zudem ist auf dem ehemaligen Industriegelände mit Altlasten zu rechnen. Diesem Problem könnte man begegnen, indem die Wohngebäude nicht unterkellert werden. Allerdings können dann auch keine Tiefgaragen gebaut werden.
Gegenüber der Stadt werben die Stadtwerke damit, einen relativ hohen Anteil an sozialem Wohnungsbau in beiden Gebieten realisieren zu wollen. Eine mögliche Konzeption sieht 40 Gebäude auf den insgesamt rund 65.000 Quadratmetern vor. Dabei würden 399 Wohnungen mit 75 Quadratmetern oder 599 Wohnungen mit 50 Quadratmetern entstehen. 40 Prozent davon sollen geförderte Wohnungen sein. Das Investitionsvolumen wird auf 235 Millionen Euro beziffert. Für die Stadtwerke wäre das aber eine rentable Investition: Bei einem Eigenkapitalanteil von 20 Prozent oder rund 50 Millionen Euro soll mit einer Eigenkapital-Rendite von fünf Prozent jährlich zu rechnen sein.
“Pachthöhe am oberen Marktpreis”
Direkt anschließend an die mögliche Entwicklung der beiden momentan ungenutzten Flächen in der Stadt Heidenheim wurde dem Aufsichtsrat eine Beteiligung der Stadtwerke an der Nutzung des Elmar-Doch-Hauses vorgestellt. Die BGH soll nach diesen Plänen hier ein Kundencenter einrichten. Die Stadtwerke bieten eine Pacht des Elmar-Doch-Hauses an mit einer „Pachthöhe am oberen Marktpreis“. Auch interessant ist die Kommunikationsstrategie, die für das alte Rathaus nahegelegt wird: „Die Kommunikation in der Öffentlichkeit erfolgt in Verbindung mit dem Ausbau des Geschäftsfelds bezahlbarer Wohnraum und aus städtischer Sicht die Einsparung von Kosten zur Herstellung von Verwaltungsflächen seitens der Stadt Heidenheim durch Kauf und Nutzung des LBBW-Gebäudes.“ Die bereits begonnene Ausschreibung der gastronomischen Flächen durch die Stadt soll in Zusammenarbeit mit der BGH fortgeführt werden.
„Genaugenommen handelt es sich nicht um ein Projekt, sondern um drei gesondert zu betrachtende Ideen zur Neubebauung von Quartieren“, erläutert Viktoria Liske, Pressesprecherin der Stadtwerke, auf Nachfrage. Die ersten Überlegungen hierzu seien im Februar dem Aufsichtsrat der Stadtwerke AG vorgestellt worden. „Insofern können zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keine Projektfortschritte verzeichnet werden.“ Bei Oberbürgermeister Michael Salomo, der gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke AG ist, sind die Pläne natürlich bekannt: „Für diverse Flächen haben die Stadtwerke eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt“, sagt er. Der Gemeinderat werde wie üblich informiert, sobald die Pläne konkreter werden.
Auf die Frage, ob diese Pläne im Sinne der Stadtverwaltung seien, antwortet Salomo: „Es ist eines der obersten Ziele von mir, bezahlbaren Wohnraum in Heidenheim zu schaffen.“ Der Wohnungsmarkt sei spürbar angespannt und werde durch Ansiedlungen von großen Unternehmen in der Region zusätzlich herausgefordert. Die Frage, ob der Verkauf von solchen Entwicklungsgrundstücken nicht ausgeschrieben werden müsste, damit ein für die Stadt optimaler Preis erlöst werden kann, bleibt im Grunde unbeantwortet. Salomo verweist nur darauf, dass es sich bei Stadt und Stadtwerken um zwei juristisch unterschiedliche Personen handele. „Die Stadtwerke prüfen aufgrund Rentabilität und privatwirtschaftlichen Rechtsgrundlagen. Die Stadt trifft solche Entscheidungen aufgrund der Gemeindeordnung und dem geltenden öffentlichen Recht“, teilt Salomo mit. Seitens der Stadt seien hier noch keinerlei Entscheidungen getroffen.
Keine Verbindung zwischen den Projekten?
Die Zusammenfassung der Themen Wohnbebauung und Elmar-Doch-Haus in einer Präsentation unter der Überschrift „Bezahlbarer Wohnraum und lebendige Zentren“ erweckt den Eindruck, als würden die Stadtwerke der Stadt anbieten, das Problem mit dem Elmar-Doch-Haus zu lösen, wenn sie dafür die gewünschten Wohnbauflächen bekommen. Dies wird von den Stadtwerken verneint: „Eine Verbindung zwischen den einzelnen Projektideen gibt es nicht“, so Stadtwerke-Sprecherin Liske. Vielmehr sei jede Entscheidung, sowohl von Seiten des Grundstückseigentümers als auch der Stadtwerke AG, losgelöst von der anderen und für jeden Einzelfall gesondert zu treffen. „Dies gilt natürlich auch für unsere damals vorgestellte Pachtidee zum Elmar-Doch-Haus.“
Weitere Wohnbauprojekte der Stadtwerke
Die Stadtwerke AG wird über ihre Tochtergesellschaften auch an anderer Stelle beim Wohnungsbau aktiv. Im Brenzpark-Quartier (früheres Schlachthof-Areal) entstehen knapp 100 Wohneinheiten mit einem Anteil von ca. 20 Prozent an gefördertem Wohnraum und im „Innovation Hub Pixel“ (ehemaliges WCM-Gelände) entstehen neben modernen Arbeitswelten weitere 12 bis 15 Wohnungen. „Selbstverständlich ist die Stadtwerke AG auch über die vorgenannten Flächen hinausgehend in Heidenheim immer auf der Suche nach neuen Flächen, um das Geschäftsfeld Immobilienwirtschaft und damit den Ausbau von bezahlbarem Wohnraum vor Ort nachhaltig auszubauen“, so Pressesprecherin Viktoria Liske. Über die „Waldhorn Apartments“ konnten bereits 135 Studenten- und Serviceapartments Nahe der DHBW errichtet werden, die nahezu dauerhaft zu 100 Prozent ausgebucht seien.