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Wo in Heidenheim bald immer um Mitternacht ein Wort mit acht Buchstaben aufleuchtet

Für die Heidenheimer Stadtbibliothek entsteht in Brüssel gerade ein Kunstwerk, das wie zufällig mit der Sprache und mit deren Sinn und Inhalt spielt.

Ein Wort mit acht Buchstaben? Nun, wem keines einfällt, der kann sich demnächst in der Heidenheimer Stadtbibliothek weiterhelfen lassen. Täglich. Und jeden Tag mit einem anderen Wort. Es sei denn, es gäbe zwei Tage hintereinander dasselbe Wort. Aber das ist höchst unwahrscheinlich. Auch wenn oder gerade, weil der Zufall hier im Detail steckt. Klingt bis hierher alles etwas ausgefallen? Nein. Es ist Kunst. Kunst am Bau. Kunst in der Stadtbibliothek. Und ausgefallen wird das Ganze nur insofern sein, als es Kunst von dieser Art bisher nirgendwo in Deutschland sonst gibt. Der Name der Kunst? „XXXXXXXX“.

Man muss etwas ausholen, um die Geschichte richtig erzählen zu können: Als im November 2017 die neue Stadtbibliothek eröffnet wurde, hätte eigentlich auch Kunst am Bau dazugehört. Jedenfalls hatte der Gemeinderat schon ein gutes Jahr zuvor beschlossen, einen Wettbewerb in dieser Sache auszuschreiben. Man hätte sich das alles in allem, also inklusive eines wie auch immer gearteten Kunstwerks, zwischen 115.000 und 135.000 Euro kosten lassen. Hinter diesem Beschluss steckt eine Richtlinie des Bundes, die empfiehlt, ein bis zwei Prozent der Bausumme eines öffentlichen Gebäudes für Kunst an eben diesem Bau zu verwenden.

Temporär unmöglich

Doch wie das manchmal so ist: Papier ist geduldig – und die Zeit zog ins Land. Ohne Kunst an oder in der Stadtbibliothek. Und auch ohne Ausgaben für etwas in dieser Art. Dann kam der November des Jahres 2022 und mit ihm das Künstlerkollektiv „Labau“. Dieses gestaltete im Kunstmuseum eine Ausstellung und hatte im Vorfeld die Idee ins Spiel gebracht, im Rahmen der Schau auch an der Fassade des Kunstmuseums etwas zu präsentieren.

Leicht gedacht, schwer zu bewerkstelligen. Denn am Kunstmuseum ist ja bereits eine Leuchtschrift installiert … und dann spielt da noch der Denkmalschutz mit hinein. Marco Hompes, dem Direktor des Museums, kam stattdessen die Stadtbibliothek in den Sinn. Hier scheiterte die Kunst jedoch daran, „dass“, wie er sagt, „eine temporäre Installation viel zu aufwendig gewesen wäre“.

Thematisch passend

Die Idee aber blieb. Was folgte, waren rathausinterne Konsultationen, der Gemeinderat war damit befasst, und es gab auch Gespräche mit Max Dudler, dem Architekten des Bibliotheksgebäudes. Am Ende waren sich alle einig, dann damit einverstanden zu sein, wenn etwas gefunden würde, das dauerhaft präsentiert, sowohl innen als auch von außen und hier sogar nachts gesehen werden könne und obendrein auch thematisch zur Bibliothek passe.

Das schien viel verlangt, war aber kein Problem. Denn Marco Hompes hatte das Kunstwerk für all diese Fälle bereits in der Hinterhand und für 10.000 Euro aus dem Ankaufbudget des Museums ohnehin schon erworben. Dass es „XXXXXXXX“ heißt, ward bereits verraten. Und dass es ein Werk des Künstlerkollektivs „Labau“ ist, kann man sich denken. „Labau“, um auch das zu verraten, steht für „Laboratorium für Art und Urbanismus“.

Extrem glücklich

Was darf man sich unter „XXXXXXXX“ vorstellen? Nun, bei der Installation handelt es sich um eine Leuchtschrift aus acht Buchstaben. Welche Wörter angezeigt werden, ist einem Zufallsgenerator überlassen, der mit 45.000 Wörtern mit acht Buchstaben aus einem deutschen Wörterbuch gefüttert worden ist und sich täglich um Mitternacht ein Wort aussucht. Zum Beispiel Autobahn. Oder Holzbock. Oder Rocksaum. Oder Teetasse. Oder Ammoniak. Was es halt so gibt. Bestimmt auch aufregendere Wörter. Man darf sich hoffentlich echte Überraschungen erwarten. Womöglich sogar Anregungen. Oder eine Erweiterung des Wortschatzes. Vielleicht sogar Diskussionsgrundlagen. Oder Emotionen. Oder ein Wort könnte zum Stadtgespräch werden. Und davon einmal ganz abgesehen: Wo könnte so ein wie zufällig mit der Sprache und mit deren Sinn und Inhalt spielendes Ding besser aufgehoben sein, als in einer Stadtbibliothek?

Klingt alles also ziemlich spannend. Das findet auch Marco Hompes. „Wir haben es hier mit einem Kunstwerk zu tun, das aktiv bleibt, weil es sich verändert. Eine solche Installation hat für mich einen höheren Wert als zum Beispiel eine Skulptur auf dem Platz. Ich bin extrem glücklich damit.“

Beliebt in Belgien

Vergleichbare Werke von „Labau“, allesamt allerdings im Außenraum auf oder an Gebäuden angebracht, gibt es zum Beispiel in Belgien in Charleroi und Leuven oder in Luxemburg. In Deutschland wird Heidenheim allein auf weiter Flur sein. Aber womöglich gründet sich hier, so wie in einer der belgischen Städte, ja auch eine Facebookgruppe, die nur auf das täglich neue Wort wartet, um es sofort zu posten. Dass es so etwas gibt, hat Marco Hompes von den „Labau“-Künstlern erfahren.

Innenansicht: Hängen wird das Kunstwerk über der Sitzbank im Eingangsbereich der Bibliothek. Manuel Abendroth (Montage)

Die 10.000 Euro, die das Kunstwerk gekostet hat, hat die Stadtkasse, da sie im Ankaufbudget ohnehin vorhanden waren, gewissermaßen bereits verschmerzt. Nun sind noch Kosten in Höhe von maximal 5000 Euro zu erwarten, je nachdem, wie viel Geld die Installation der Installation kosten wird. Bedenkt man, wir erinnern uns an die weiter vorn im Text angesprochene Ausschreibung eines mit Kosten von bis zu 135.000 Euro veranschlagten Wettbewerbs, hat Heidenheim hier Kunst wirklich preisgünstig eingekauft.

Und wann darf man mit dem ersten Wort zur Mitternacht rechnen? Marco Hompes: „Es wird auf alle Fälle dieses Jahr passieren. Im Moment ist das Werk gerade noch im Entstehen. Ich hoffe, dass es im Herbst hängen wird.“ Wo, steht selbstverständlich auch schon fest: direkt im Eingangsbereich an der Wand über der Sitzbank.

New York, Paris, Heidenheim

Das Künstlerkollektiv „Labau“ arbeitet von Brüssel aus, ist mit Preisen wohl dekoriert und war weltweit, vom Louvre in Paris bis zum Museum of Modern Art in New York, schon auf Einladung der meisten ganz großen Kunstinstitutionen zugange.

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