Der Kamm aus der Brenz

Wo man am Wochenende Römer und andere Heidenheimer treffen kann

Hippocamp gefällig? Ein „Wochenende im Museum“ lockt mit einem abwechslungsreichen Programm und vielen Möglichkeiten ins Heidenheimer Museum im Römerbad.

Einen Möter kennt man hierzulande aus dem Kino. Er ist halb Mensch und halb Köter und feierte 1987 in Mel Brooks‘ Weltraumkomödie „Spaceballs“ fröhliche Urständ. Halb Pferd, halb Fisch wäre demnach also ein Pfisch. Falsch. Denn wir haben inzwischen längst den Boden der griechischen Mythologie betreten, weshalb Pferd und Fisch, wobei es sich bei Letzterem eher um ein Meeresungeheuer handelt, abgeleitet von hippos und campos zum Hippocamp zusammengesetzt werden. Was das mit Heidenheim zu tun hat? Nun, hier gibt’s zwar weit und breit keinen Möter, dafür aber gleich zweimal einen Hippocamp.

Beiden auf einmal kann man am Wochenende im Römerbadmuseum begegnen. Hippocamp Nummer eins ist eine wunderschöne kleine metallene Schmuckfibel mit Pferdekopf und Ungeheuerkörper, die, womöglich im Nahen Osten hergestellt, mit den Römern nach Heidenheim gekommen und hier bei Ausgrabungen dann wieder ans Tageslicht gelangt war. Hinter Hippocamp Nummer zwei verbirgt sich die Abteilung Kunstvermittlung der Historischen Museen in Heidenheim, die sich, wie man inzwischen unschwer und richtig vermuten kann, Hippocamp eins zum Namenspatron erkoren hat.

Musik und mehr

Und selbstverständlich werden die Damen und Herren von Hippocamp zwei mit von der Partie sein beim „Wochenende im Museum“ am Samstag und Sonntag im Museum im Römerbad. Denn insbesondere am Sonntag, 16. Juni, wird es einiges zu vermitteln geben, wenn von 13 bis 17 Uhr das Museum für einen Familiennachmittag öffnet. Am Samstag, 15. Juni, hingegen gibt’s ab 20 Uhr Musik mit dem Kölner Folk-Duo „Mrs. Greenbird“. An diesem Abend öffnet das Museum um 19 Uhr. Und selbstverständlich dürfen sich auch die Konzertbesucher ausgiebig für die im Museum präsentierte römische Vergangenheit Heidenheims erwärmen.

Da trifft es sich gut, dass derzeit die Vitrinen im Römerbadmuseum brechend voll sind mit Schaustücken. Die Inhalte freilich sind nicht ausschließlich römisch, beziehen sich aber durchaus aufeinander. „Handgeformt“ lautet der Titel der Schau, bei der Kunsthandwerk von heute auf römisches Kunsthandwerk trifft. Und tatsächlich beinhaltet die Ausstellung ein Novum. Denn erstmals in der Geschichte des Museums werden dort, in den Ruinen des antiken Aquileia, römische Fundstücke aus den Sammlungen der Historischen Museen im direkten Kontext mit zeitgenössischen Schaustücken präsentiert.

Keramik, Glas, Holz

Dabei stehen drei Materialien im Fokus: Keramik, Glas und Holz. Und, um in der Moderne zu beginnen, mit Keramik angetreten ist die hierzulande wohlbekannte Nattheimerin Heide Nonnenmacher, die in ihren Arbeiten die parallel gezeigten römischen Trouvaillen sogar direkt reflektiert. Das mundgeblasene Glas im Römerbad stammt aus dem Ofen des Stuttgarters Ragan Arnold.  Und für die Abteilung Holz zeichnet Klaus Kirchner aus Aschaffenburg verantwortlich, der übrigens ausnahmslos mit Fundstücken arbeitet. Bäume wurden für ihn nicht gefällt.

Solche Rücksichten waren den Römern fremd. Schließlich war Holz zu ihrer Zeit zum Beispiel beinahe der einzige Energielieferant. Aber auch für die Herstellung von Dingen des alltäglichen Gebrauchs spielte Holz eine wichtige Rolle. Es ist bloß wenig davon übriggeblieben, da es nur unter Sauerstoffausschluss lange haltbar ist. Ausgrabungen fördern deshalb nur wenig Holz aus der Römerzeit zutage. Und das einzige derartige Fundstück aus Heidenheims Römerzeit, das im Römerbadmuseum zu sehen ist, wurde deshalb auch in der Brenz gefunden. Es handelt sich übrigens um einen Kamm.

Ort mit drei Öfen

Glasfunde gibt es ein paar mehr. Doch vollständig erhaltene Gegenstände sind rar und fanden und finden sich zumeist auf ehemaligen Bestattungsarealen. Sehr ins Auge fällt bei dieser Gelegenheit, und das dürfte auch in Sachen Holz zutreffen, dass sich, zum Beispiel was Schüsseln oder Trinkgefäße anbelangt, an deren Form in zweitausend Jahren nicht allzu viel geändert hat.

Das gilt auch für Keramiken, die im Nachlass der Römer aus Gründen der Haltbarkeit die dominierende Rolle spielen. Alltagskeramik wurde schon in Massen hergestellt, inklusive Produkt- und Markenpiraterie. Und die Produktion in Gestakt von Handwerkern folgte dem Markt in Gestalt der Armee auf dem Fuß. Auch nach Heidenheim. Drei Töpferöfen wurden hier ausgegraben, einer dort, wo heute das Amtsgericht steht, und zwei auf dem Areal des Loderer-Zentrums.

Es gibt viel zu sehen im Museum im Römerbad. Und viel zu erklären, weshalb sich ein Besuch am Wochenende bestimmt lohnen wird. Zumal Hippocamp Nummer zwei in Sachen Kulturvermittlung im Zuge des Familiensonntags noch was draufsetzen wird. Unter anderem anschaulich erklärt werden die Prinzipien römischer Fußbodenheizungen und Wasserleitungen, im kleinen Kino gibt’s Kurzfilme, eine römische Spielesammlung wartet auf Spieler – und Kinder können sich nicht nur als Römerinnen und Römer verkleiden, sie dürfen auch römische Flachbodenschiffe nachbauen.

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Das „Wochenende im Museum“ im Heidenheimer Museum im Römerbad beginnt am Samstag, 15. Juni, um 20 Uhr (Einlass 19 Uhr) mit einem Konzert des Folk-Duos „Mrs. Greenbird“ und wird am Sonntag, 16. Juni, von 13 bis 17 Uhr mit einem Familiennachmittag fortgesetzt. Die Ausstellung „Handgeformt“ ist bis zum 31. Oktober sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen werden auf Anfrage angeboten (Tel. 07321.3274710).