Bei Wind und Wetter draußen unterwegs – eine Selbstverständlichkeit für Jungen und Mädchen, die einen Waldkindergarten besuchen. Insofern konnte es keinen aussagekräftigeren Rahmen geben für die Einweihung der „Wolkenflitzer“-Kita auf den Reutenen. Wolkig, kühl, regnerisch: egal. Der 18. Oktober 2024 geht jedenfalls als ein Tag in die Geschichte ein, an dem die Kinderbetreuung in Heidenheim um bis zu 20 Plätze erweitert wurde.
Ihren Betrieb aufgenommen hat die Einrichtung in der südwestlichen Ecke des Mergelstetter Wohngebiets freilich schon im vergangenen Mai. Zwei Kinder aus Heidenheim werden dort seither betreut, ein weiteres kommt im November hinzu. Ein solch langsamer Einstieg ist der Erzieherin Luise Oberlader zufolge bei neuen Angeboten dieser Art zum einen üblich, zum anderen sinnvoll, um allen Beteiligten zu ermöglichen, sich an die neuen Gegebenheiten zu gewöhnen. Neben Oberlader gehören die Leiterin Heike Pletzer und die Studentin Dania Dust zum Team vor Ort.
Anfängliche Vorbehalte ausgeräumt
Der Weg zur Waldkita westlich des Balinger Wegs war ein durchaus holpriger. Im April 2023 sah sich der Gemeinderat nämlich nicht in der Lage, der vorgesehenen Trägerschaft zuzustimmen. Grund: die Nähe der Wolkenflitzer gGmbH zur protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Etliche Diskussionen und eine detaillierte Erläuterung des pädagogischen Konzepts durch Projektkoordinator Kai Ogon später, waren die Bedenken dann aus dem Weg geräumt.
Die Versicherung, multikulturell und überkonfessionell zu arbeiten – außerdem Ogons Aussage: „Wir machen nicht Kirche, wir machen Kita“ – ließ die Mehrheit der Stadträtinnen und Stadträte schlussendlich für das Vorhaben votieren.
Werte sollen vermittelt werden
Helge Külls, Co-Geschäftsführer der Wolkenflitzer gGmbH, betonte jetzt nochmals, niemand solle kirchlich bekehrt werden. Im Mittelpunkt der frühkindlichen Pädagogik stehe vielmehr der Anspruch, die Kinder auf ihrem Lebensentwicklungsweg zu begleiten und ihnen Werte wie Höflichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Achtung vor der Natur zu vermitteln: „Jeder ist willkommen, unabhängig von Glaube, Geschlecht, Nationalität und Aussehen.“
Sind die Kinder nicht gerade in Wald und Flur unterwegs, dient ihnen als Domizil ein zuvor vom Waldkindergarten im Ugental genutzter Wagen. Nachdem dieser dort durch ein kleines Holzhaus ersetzt worden war, fand er einen neuen Bestimmungsort auf den Reutenen. Ausgestattet mit einer Holzterrasse samt Überdachung und außenliegender Trenntoilette befindet er sich in Rufweite jener Häuser, die seit einiger Zeit im neuen Baugebiet Reutenen-Süd entstehen. Wagen und Grundstück gehören der Stadt Heidenheim.
Relativ billiges Projekt
Külls sagte, die Wolkenflitzer gGmbH arbeite derzeit an mehreren Naturkindergärten in Baden-Württemberg, in Heidenheim sei sie erstmals Trägerin eines Waldkindergartens. „Es ist ein relatives billiges Projekt“, befand er mit Verweis auf oftmals millionenschwere Vorhaben an anderer Stelle.
Einig wusste er sich dabei mit dem erkrankten Oberbürgermeister Michael Salomo, dessen Rede deshalb Stadträtin Dr. Waltraud Bretzger als seine ehrenamtliche Stellvertreterin wiedergab: Dem Bemühen der Stadtverwaltung, nachhaltig zu wirtschaften, entsprächen die rund 100.000 Euro, die die Stadt in den Waldwagen investiert habe. Dies sei ein Bruchteil der bei konventionellen Betreuungseinrichtungen üblichen Summen. Lobend zu erwähnen sei auch die Unterstützung der verschiedenen Kindergartenträger untereinander.
Im Anschluss an den offiziellen Teil öffnete die Waldkita ihre Türen für Interessierte.
Gebäck als Gastgeschenk
„Die Tante, die Klavier spielt, ist nicht so gern gesehen wie der Onkel, der etwas mitbringt“, sagte Stadträtin Dr. Waltraud Bretzger augenzwinkernd und überreichte bei der Einweihung der „Wolkenflitzer“-Kita ein symbolisches Geschenk: einen gebackenen Schlüssel.