Früher war alles besser. Zumindest behaupten das viele Zeitgenossen rund um die Weihnachtsfeiertage: Es gab nicht nur mehr Lametta, sondern auch Schnee en masse. Die Christbäume nadelten nicht schon vor Silvester, und das Fernsehprogramm setzte sich nicht überwiegend aus Wiederholungen zusammen. Unklar freilich, wie viel nostalgische Schönfärberei den Blick in die Vergangenheit trübt.
Runter vom Sofa, raus in die Natur
An einer Gesetzmäßigkeit vermag derweil niemand zu rütteln: Die Bereitschaft, im Kreise der Lieben auch kulinarisch ausgiebig die langersehnte Gemeinschaft zu genießen, birgt die Gefahr, dass sich Gänsebraten, Dominosteine und Glühwein hartnäckig auf die Hüften schmiegen. Gut folglich, wenn sich die traute Runde von dem Vorschlag Beine machen lässt, die gemeinsamen Stunden nicht ausschließlich in einer Sitzkuhle auf dem Sofa zu verbringen, sondern als figurfreundliches Zwischenspiel eine kleine Wanderung ins festliche Geschehen einzustreuen.
Wobei dieser Begriff in den meisten Fällen etwas weit gegriffen sein mag, schließlich bleibt zwischen Kuchentafel und Abendessen nicht allzu viel Zeit. Treffender scheint daher die Bezeichnung Spaziergang, und der kann für die meisten Heidenheimer mehr oder weniger vor der eigenen Haustür beginnen.
Ausgangspunkt ist im hier geschilderten Ausflugstipp der Schlossberg, der sich zentral am Rande der Innenstadt erhebt und problemlos aus verschiedenen Richtungen erreichbar ist. Sein Gesicht hat er in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach verändert – Streichelzoo weg, Hotel her, Greifvogelstation ade, Bundesligastadion hallo –, geblieben ist aber eines: Jung wie Alt findet Staunenswertes, und das beileibe nicht nur an Weihnachten.
Wer Heidenheims Hausberg zu Fuß erklimmt, kann den Weg durch Schloss Hellenstein wählen. Nach wenigen Schritten über historisches Pflaster tut sich Richtung Osten ein beeindruckender Blick über eine ausladende Dächerlandschaft auf. Anschließend geht’s durchs Südtor hinaus, und schon nach wenigen Minuten bietet sich zur Freude der Kleinen ein weiterer Stopp an: Neben dem Naturtheater duckt sich ein Spielplatz in den Wald, zu dem auch ein Kleinspielfeld gehört.
Umsonst und draußen steht unsichtbar auch über dem ganzjährig zugänglichen Publikumsmagneten geschrieben, der sich auf der Westseite des Berges oberhalb des Ugentals erstreckt: Der Wildpark Eichert sorgt mit seinen bisweilen erstaunlich wenig scheuen Bewohnern für einen abwechslungs- und lehrreichen Rundgang. Mufflons und Damwild geben sich hinterm Maschendrahtzaun ebenso gelassen wie Gämsen und Steinböcke, Enten, Damhirsche, Kamerunschafe, Rehe und Hirsche.
Zwischendurch lässt sich ein Blick darauf werfen, wo die Baseballer der Heideköpfe und die Fußballer des 1. FC Heidenheim auf Bundesliganiveau um Punkte kämpfen. Wer sich hingegen stärker der Lokalgeschichte verbunden fühlte, findet auf einer an einen Baum geschraubten Tafel die Antwort auf die Frage, weshalb und wie zwei verliebte Menschen – Hermann, ein Ritter vom Herwartstein, und Berta vom Hellenstein – an einem eher unscheinbaren Felsen einst ihr Schicksal in die eigene Hand nahmen.
Kurz bevor der Ausgangspunkt wieder erreicht ist, wartet noch der Höhepunkt der Verdauungstour: nimmersatte Wildschweine, die sich an dem in einem Automaten auf Abnehmer wartenden Futter gütlich tun. Meist dabei: der quirlige Nachwuchs, dessen erste Lebensmonate vor allem davon geprägt sind, den Spaziergängern jeden Alters als beliebtes Fotomotiv zu dienen. Spätestens, wenn die grunzende Schar vor gezückten Kameras im Rampenlicht steht, fühlen sich ältere Semester in ihre eigene Kindheit zurückversetzt.
Und jetzt ist auch dem Letzten klar: Früher war eben nicht alles besser. Vielmehr bietet sich der Heidenheimer Schlossberg seit jeher für einen alles andere als langweiligen Winterspaziergang an, ob nun Schnee liegt oder nicht.
So geht’s weiter
Der nächste Beitrag der Winterserie „Ausflugstipps“ erscheint am 31. Dezember. Er beschäftigt sich mit dem Baden im Winter: Judith und Dennis Meinert geben Tipps für den Gang in die Brenz.