"Let's talk about sex"

Wie Agnes Maier den Heidenheimer Poetry Slam im Naturtheater gewann

Beim dritten Poetry Slam im Heidenheimer Naturtheater wurde aufs Neue meisterlich mit Worten jongliert. Und diesmal mit einer weiblichen Siegerin.

Wie Agnes Maier den Heidenheimer Poetry Slam im Naturtheater gewann

Moderator Johannes Elster eröffnete den Abend des jüngsten Poetry-Slams im Naturtheater mit einem skeptischen Blick in den Himmel und verriet, dass seine vier verschiedenen Wetter-Apps alle etwas anderes für den Abend verkündeten. Davon ließen sich aber weder er noch die Slam-Meisterinnen und -meister aus drei Ländern die Laune verderben. Elster verwandelte alles in Pointen und führte wie gewohnt mit unterhaltsamen Anekdoten durch den Abend.

Publikum von Anfang an dabei

Weil er auf der Bühne des Naturtheaters schon zweimal den Siegpreis mit nach Haus genommen hatte, trat er diesmal außer Konkurrenz auf und musste sich dafür „extra das Gitarrespielen beibringen“: Florian Wintels, amtierender deutschsprachiger Poetry-Slam-Meister, wurde mit stürmischem Applaus begrüßt. Wintels sang von einem wichtigen Thema: von sich. Und dass er gerne reich wäre. Doch er sei nur eins: reich an Erfahrung. Spiel und Vortrag waren hinreißend und der Text so witzig, dass hier schon das Publikum begeistert applaudierte.

Leidenschaft für Spaghetti

Die erste Wettbewerbsteilnehmerin kam aus Basel und war 2017 U20-Meisterin der Schweiz. Gina Walter sprach als Halbitalienerin leidenschaftlich über Spaghetti. Dass diese nicht einfach Nudeln, sondern Pasta seien, und zwar die wichtigsten überhaupt. Gar nicht ginge, und da wurde sie richtig laut: mit Ketchup. Auch über „Zoodles“, Zucchini-Nudeln, konnte sie nur ihre Abscheu äußern. Das Publikum lachte und zollte großen Applaus. Danibor Markovic aus Frankfurt am Main, Poetry-Slam-Meister von 2014, zog in einem hintergründigen und sehr poetischen Text Parallelen von Romeo und Julia zur heutigen Zeit, sprach über Verfeindungen und Krieg, und dass er sich wünsche, unsere Gesellschaft möge nicht so enden wie die aus Hass zum Scheitern verurteilte Liebe, verfasst von dem großen „Speereschüttler“. („Habt ihr’s verstanden? Shakespeare!“). Auch hier waren die Zuhörer äußerst angetan.

Klug und sprachgewaltig

Agnes Maier aus Graz, österreichische Slam-Meisterin von 2017, bot einen klugen und sprachgewaltigen Text: „Let’s talk about how we talk about sex, baby“. Was sperrig klingt, war eine dermaßen unterhaltsame Analyse, was unser Sprechen von Sex über Gewalt und Macht zwischen Männern und Frauen aussagt und was sie sich stattdessen wünscht. Der Vortrag wurde mit Jubelrufen belohnt. Skog Ogvan aus Leipzig, zweifacher Thüringischer Landesmeister und bereits einmal Sieger im Heidenheimer Lokschuppen, hatte einen Text voll hintergründigem Humor dabei: „Veronika beschließt zu erben“. Herrlich und wirklich einmalig. Andy Strauß aus Hamburg, NRW-Landesmeister 2011, legte durch alle Tonlagen eine atemberauende Performance hin, ein Vater-Sohn-Gespräch übers Duschen und Wasser im Allgemeinen. Das Publikum tobte regelrecht, und Elster hatte am Ende Mühe, das Applausbarometer fürs Finale zu deuten. Strauß, Ogvan und Maier gewannen.

Slam-Urgestein auf der Bühne

Nach der Pause bekam das Heidenheimer Slam-Urgestein Martin Szegedi die Bühne, um außer Konkurrenz einige seiner klugen Gedichte vorzutragen. Er bekam viel Applaus. Nach einer witzigen musikalischen Einlage von Wintels, in der es um den Nutriscore der Liebe ging, begann mit Maier das Finale. Sehr klug und spannend erzählte sie von den vermeintlichen Insta- und sonstigen Problemen wie „Mein Friseur hat die Haare zu kurz geschnitten“ oder „Ich kann mir das neueste Smartphone nicht leisten“ und zog Vergleiche zu anderen Teilen der Welt mit wirklichen Problemen. Stark. Strauß erzählte herrlich von einem Brief an sein Finanzamt und seinem vollständigen persönlichen Neuanfang: „Seit Neuestem“. Ogvan machte den Schluss mit noch mal Schwarzhumorigem: „Für mein Schnittchen“. Herrlich komisch. Alle bekamen Riesenapplaus und die Siegkarte bekam schließlich Maier mit nach Hause. Elster bat noch einmal alle auf die Bühne und dankte dem Naturtheater-Team. Es blitzte bereits im Hintergrund und das Publikum kam nach einem unterhaltsamen Abend gerade noch trocken nach Hause.

Weitere Poetry Slams in Planung

Der nächste Poetry Slam im Naturtheater ist in Planung, die nächsten Termine im Lokschuppen stehen bereits fest: 25. Oktober, 6. Dezember und 13. März 2024.