Zank um Bierausschank und Würstchengrill der Söhnstetter Brauerei
Seit Anfang Juni betreibt die Söhnstetter Hirschbrauerei an der Christianstraße an Samstagen eine Außenbewirtung. Neben dem eigenen Bier werden auch andere Getränke verkauft, dazu gibt es Würstchen vom Grill. Je nach Wetter ist die Location gut besucht, es herrscht ein Kommen und Gehen. Doch es bahnt sich Ärger an samt juristischem Nachspiel. Eskaliert ist die Situation am vergangenen Samstag nach einer Polizeikontrolle.
Die Vorgeschichte rund um die Söhnstetter Hirschbrauerei
Seit 1. Juni ist die Söhnstetter Hirschbrauerei offiziell in den Händen von Wolfgang Wilhelm Reich und Georg Engels. Sie haben die Brauerei vom vormaligen Brauereichef Klaus-Dieter Schmitt übernommen, der sich aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hat. Mit der Übernahme startete auch der Betrieb der Heidenheimer Spontankneipe vor dem Gebäude an der Christianstraße in der Fußgängerzone. Das Gebäude gehört einem Unternehmen von Wolfgang Reich, der im Vorstand von mehreren Aktiengesellschaften ist, unter anderem der Karwendelbahn in Mittenwald, wo auf dem Gipfel ebenfalls Bier gebraut und in der Berggaststätte und an der Talstation ausgeschenkt wird.
Doch so einfach kann man in Deutschland keine Kneipe eröffnen oder Bier ausschenken, auch nicht ab und zu. Dazu braucht es eine Genehmigung. Die hat Wolfgang Reich persönlich und über seine Gesellschaften zwar beantragt, aber erteilt hat die Stadt diese Genehmigung bislang nicht. Stattdessen gipfelte der Streit am Samstag bei einer Kontrolle durch die Polizei, bei der der Vater von Wolfgang Reich von den Beamten in Handschellen aufs Revier gebracht wurde. Wolfgang Reich kündigt für diesen Vorfall ebenso ein juristisches Nachspiel an wie für das Vorgehen der Stadt, die seiner Einschätzung nach seine Anträge nicht bearbeitet. Er vermutet gar eine Hetzjagd auf ihn vonseiten einer leitenden städtischen Mitarbeiterin.
So ordnet die Stadt den Fall rechtlich ein
Die Stadt wiederum verwehrt sich gegen diese Vorwürfe und bezieht sich auf geltendes Recht: Die Stadt Heidenheim habe den Betreiber des Ausschanks bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass ihm mehrere Genehmigungen für seine Aktivität fehlten, so Pressesprecher Stefan Bentele. Im Einzelnen seien dies eine Nutzungsänderung gemäß Baurecht, eine Gaststättenerlaubnis, eine Ausschankgenehmigung für Alkohol und eine Sondernutzungserlaubnis für die Nutzung öffentlicher Fläche.
Wie bekommt man all diese Genehmigungen? Laut Bentele braucht es dafür mehrere Schritte in einer vorgegebenen Reihenfolge. Für die Räumlichkeit an der Christianstraße sei nach dem Baurecht aktuell keine Gastronomie zugelassen, weshalb zunächst eine Nutzungsänderung notwendig sei. Zuletzt war in den Räumen eine Reinigung untergebracht. Die baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung wiederum dauere mehrere Wochen, weil gemäß Rechtslage unter anderem eine Anhörung der Nachbarschaft erfolgen müsse, was Zeit in Anspruch nehme. Erst wenn die Nutzungsänderung über einen Bauantrag genehmigt wurde, könne aus baurechtlicher Sicht eine Gaststätte betrieben werden. Dann könne in einem nächsten Schritt der Antrag auf Gaststättenerlaubnis geprüft werden und erst, wenn dieser genehmigt wurde, könnte der Betreiber wiederum eine Ausschankgenehmigung sowie eine Sondernutzung für die öffentliche Fläche vor dem Gebäude beantragen.
So schildert Wolfgang Reich die Lage
Schon einen Tag nach der Brauerei-Übernahme habe man der Stadt mitgeteilt, dass ein Ausschank in der ehemaligen Reinigung geplant sei und habe die Nutzung der öffentlichen Fläche beantragt. Fristgerecht seien dann die geforderten Unterlagen eingereicht worden, unterschrieben sowohl von der Klosterbrauerei Königsbronn AG sowie der Hirsch-Bräu Eventservice & Zeltverleih GmbH.
Reichs Einschätzung nach sind diese Anträge bewusst nicht bearbeitet worden. Eine Mitarbeiterin habe auf ein fehlendes Formblatt verwiesen, um den Antrag zu bearbeiten. Darauf zu bestehen ist nach Reichs Dafürhalten rechtswidrig. Was folgt ist ein Hin und Her zwischen Verwaltung und Wolfgang Reich, der diverse rechtliche Schritte ankündigt und auch bereits eingeleitet hat. Bis hin zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde und Strafanzeigen, nicht zuletzt auch gegen Polizeibeamte, denen Reich unterlassene Hilfeleistung, versuchte Körperverletzung und Polizeifolter vorwirft.
Was geschah beim Polizeieinsatz am Samstag?
Was war geschehen? Vonseiten der Polizei und Reich gibt es unterschiedliche Darstellungen. Die Polizei schreibt von einer “Störung der Ausschankkontrolle”, bei der sich immer wieder ein 74-Jähriger eingemischt habe. Deshalb sei er kontrolliert worden, wobei er nur kurz seinen Ausweis gezeigt und wieder weggesteckt habe. Gegen die Durchsuchung nach dem Ausweis habe sich der Mann gewehrt, weshalb er mit Handschließen gefesselt und zum Polizeirevier gebracht wurde. Dort habe der Mann über Schmerzen und Kreislaufschwierigkeiten geklagt, weswegen ein Rettungswagen verständigt wurde. Als die Rettungskräfte vor Ort waren, verweigerte der Mann laut Polizei die Behandlung und beleidigte eine Notfallsanitäterin. Nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung sei der Mann wieder entlassen worden, die Polizei will eine Anzeige gegen ihn wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte fertigen.
Reich will den Vorfall dem Justizministerium und Ministerpräsidenten melden
Ganz anders stellt Wolfgang Reich die Geschehnisse vom Samstag dar. Die Polizisten seien von der städtischen Mitarbeiterin gegen ihn aufgehetzt worden. Allerdings seien sie auf den falschen Wolfgang Reich gestoßen, seinen namensgleichen Vater, Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Vertreter der Klosterbrauerei Königsbronn AG. Bei einer Polizeikontrolle eine Woche zuvor habe der Vater ebenso schon vermittelt, woraufhin die Polizei abgezogen sei.
Diesmal hätten bei einer Ausweiskontrolle zwei Polizistinnen den Vater gegen eine Wand geschubst und hätten ihm Handschellen angelegt. Daraufhin sei der Vater in ein völlig überhitztes Polizeifahrzeug gebracht und “bei geschlossenen Fenster gegrillt” worden. Sein Vater habe wegen Kreislaufproblemen nach einem Arzt gefragt, allerdings sei nur ein Sanitäter gekommen. “Seit wann sind in Deutschland Sanitäter befugt und berechtigt, Personen zu untersuchen und eine Diagnose zu erstellen?”, so Reich. “Nur dem besonnenen Auftreten meines Vaters ist es zu verdanken, dass die Situation nicht eskalierte.“ Reich will den Vorfall auch an das Justizministerium und den Ministerpräsidenten melden. Ein Schreiben ging ebenso an Oberbürgermeister Michael Salomo mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die städtische Mitarbeiterin.
Rechtliche Schritte hat mittlerweile auch die Stadt eingeleitet in Form eines Anhörungsverfahrens wegen mehrerer Bußgelder. Pressesprecher Bentele zählt auf: Verstoß gegen Baurecht, unerlaubter Betrieb einer Gaststätte, unerlaubte Nutzung von öffentlicher Fläche, unerlaubter Ausschank von Alkohol. Aktuell habe sich der Verantwortliche noch nicht zum Verfahren geäußert.
Stadt genehmigt grundsätzlich keine Ausschankwagen
Beim internationalen Stadtfest wurde Bier der Söhnstetter Hirschbrauerei aus einem Verkaufswagen heraus ausgeschenkt. Nun wollte die Firma laut Auskunft von Wolfgang Reich erneut einen Ausschankwagen aufstellen, diesmal vor dem Gebäude in der Christianstraße auf öffentlichen Raum. Doch die Stadt genehmigte dies nicht. Warum geht`s beim Stadtfest und in diesem Fall nicht?
Die Stadt begründet dies so: Einerseits fehle dem Antragsteller eine Reisegewerbekarte für den Bierausschankwagen. Entscheidender sei jedoch, schreibt Pressesprecher Stefan Bentele, dass von der Stadt Heidenheim keine individualisierten Sondernutzungen zum Verkauf von Lebensmitteln und Getränken oder Gestattungen insbesondere für den Ausschank von Alkohol außerhalb von Stadtfesten genehmigt würden.
Solche Anträge gingen oft bei der Stadt Heidenheim ein und werden nicht nur im vorliegenden Fall, sondern generell nicht genehmigt. “Dies dient der Attraktivität des Stadtbildes und ist politisch so gewollt. Andernfalls steht an jeder Ecke ein Ausschank oder Imbisswagen und dies schädigt das Stadtbild.” Insbesondere seit dem Aufstieg des FCH gingen solche Anträge vermehrt für die Heimspieltage ein und werden von der Stadt grundsätzlich abgelehnt, um besonders den Alkoholkonsum auf dem Weg ins Stadion nicht noch zu fördern.