Konzert in Heidenheim

Zartheit, Virtuosität und Lebensfreude mit Giora Feidman

Altmeister Giora Feidman und das Ensemble Klezmer Virtuos verzauberten im Konzerthaus das Publikum mit Klängen, mit mitrissen und berührten. Und rote Schuhe gab's auch zu sehen.

Zartheit, Virtuosität und Lebensfreude mit Giora Feidman

„Friendship“ – dies steht für Freundschaft, aber auch für Frieden und Verbundenheit mit allen Völkern – ist das Motto der Tour, mit der Giora Feidman und sein Ensemble Klezmer Virtuos in wechselnden Besetzungen seit 2022 um die Welt reisen. Der Anlass war sein 75-jähriges Bühnenjubiläum und ursprünglich sein 85. Geburtstag. Doch Feidman reist weiter und seine Lebensfreude und sein Anliegen, Freundschaften mit vielen Begegnungen zu erneuern oder neu zu schließen, sind ungebrochen.

Als der mittlerweile 87-Jährige langsam, aber strahlend die Bühne betrat, herrschte erst eine andächtige Stille, dann aber brandete Beifall auf, der dem großen Meister der Klarinette und des Klezmer Respekt zollte.

Meister auf den Instrumenten

Feidman hatte Freunde mitgebracht aus verschiedenen Kulturen und Ländern, nicht nur musikalisch, sondern auch im Ensemble: An der Harfe spielte seine Enkelin Hila Ofek, am Saxofon und zum Niederknien am Sopransaxofon deren Mann Andre Tsirlin sowie am Akkordeon Konstantin Ischenko – allesamt international preisgekrönt und wahre Meister auf ihren Instrumenten.

Und so erwartete die knapp 200 Zuhörerinnen und Zuhörer ein Konzert, das man nicht alle Tage zu hören bekommt. Obwohl einige der Melodien sehr bekannt waren, beherrschten es die vier Musiker, mit ihren Instrumenten und ihrer Hingabe jedem einzelnen Lied eine Zartheit und Neuheit zu entlocken, dass jedes der Stücke buchstäblich verzauberte. Manches Mal wurde im Publikum der Atem angehalten, um keine Nuance zu versäumen, und es wurden eine Andacht und Freude hervorgerufen, die absolut umwerfend waren. Feidman war durch einen Bandscheibenvorfall leider hinter dem Notenständer nicht so gut in seinem Spiel zu sehen – einmal aber gab er dem Publikum trotz seiner Schmerzen das Vergnügen, ihn im Stehen spielend zu erleben – und hier waren auch die wunderbaren roten Lackschuhe zu sehen. Er zeigte mit seiner Klarinette eine Zartheit und Virtuosität, die ihn nicht umsonst weltweit seit so vielen Jahren berühmt machen. Dazu kamen seine Lebensfreude, seine immer wieder in herrlichem Deutsch-Englisch, Denglisch, verkündete Hoffnung und Friedensbotschaft.

Von Freundschaft bis Gebet

Es begann mit der Komposition „Friendship“ seines langjährigen Managers und Komponisten Majid Montazer und diese ging nahtlos in „Prayer“ über, als Gebet aller Religionen um Freundschaft und Frieden, als Dankbarkeit für den Augenblick. Alle vier Musiker spielten voller Freude und Virtuosität, im Wechsel, miteinander und als Solisten. Es gelang dem Quartett mit Meisterschaft, zwischen den Emotionen zu wechseln von Lebensfreude und zartem Optimismus zu herzzerreißender Melancholie, es entstanden Bilder von Tangos und anderen Tänzen, und kein Lied glich dem vorigen. Zwischendurch dirigierte Feidman das Publikum, das bei bekannten Liedern und Refrains wie „Shalom Chaverim“, Leonard Cohens „Hallelujah“ oder „Donna, Donna“ mühelos einstimmte, und er war sichtlich zufrieden. Den ganzen Abend über strahlten Feidman und sein Ensemble, und sie zeigten sowohl dem Publikum als auch einander allergrößten Respekt – auch dies ein Titel, „Respect“, aus dem vielseitigen Repertoire der Künstler.

Freundschaft mit allen Kulturen

Das Programm ging weit über die typische, zum Teil allzu bekannte Klezmermusik hinaus. Der 1936 in Buenos Aires geborene und seit Langem in Israel lebende Feidman ließ das Publikum an seinen Freundschaften teilhaben, die in alle Kulturen hineinreichen, und spielte auch ein Lied seines Freundes Montazer, in der dieser den muslimischen Gebetsruf „Azan“ vertonte. Astor Piazollas „Libertango“ kam ebenso mitreißend zu Gehör wie das Harfenstück „Toccata – Sabre Dance“ von Susann McDonald. Jeder der Musiker spielte so herausragend, dass es immer wieder jubelnden Zwischenapplaus gab und am Ende stehende Ovationen. Zum Schluss begab sich der strahlende Maestro von der Bühne hinunter, um für eine große Schar ebenso strahlender Zuhörer CDs zu signieren. Man sah seine roten Schuhe samt rotem Gürtel und Hosenträgern und wusste: Dies steht für seine Lebensfreude und frechen Witz, die er sich auch mit 87 Jahren erhalten hat. Seine Tour „Friendship“ geht weiter.

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