Sommerserie „Ganz nebenbei“

Zu faul fürs Auto: Warum Fahrradfahren bequemer ist als Parkplatzsuchen in Heidenheim

Redakteurin Catrin Weykopf pflegte eine völlig intakte Ehe mit ihrem Auto. Keine Strecke war zu kurz, um nicht zu fahren. Diese Zeiten sind vorbei. Inzwischen nimmt sie fast nur noch das Rad – und das hat nichts mit Gesundheits- oder Öko-Bewusstsein zu tun, sondern mit Faulheit.

Es gibt diese Menschen, die sich plötzlich gesund oder vegan oder intervallfastend ernähren und dann der Überzeugung sind, sie sind dadurch etwas Besseres. Als seien sie nun den anderen überlegen, weil sie disziplinierter, gesünder, ökologisch bewusster leben. Weil sie ihr Leben sozusagen voll im Griff haben, während der Rest von uns in Knechtschaft des inneren Schweinehunds nur so vor sich hin in den Tag gleitet. Um eines gleich vorwegzusagen: Dies ist keine solche Geschichte. Ja, ich fahre zwar inzwischen mehr Rad als Auto im Alltag. Aber das macht mich nicht zu einem besseren Menschen und ich will auch niemanden bekehren. Um ehrlich zu sein, fahre ich nur deswegen so viel Fahrrad, weil ich oft zu faul fürs Auto bin. Klingt paradox, aber ich kann es erklären.

Los ging alles vor circa zwölf Jahren, als ich nach Heidenheim kam. Ich zog in eine Gegend, von der aus man in zehn Gehminuten in der Innenstadt war. Man konnte natürlich auch das Auto nehmen, was wegen Einbahnstraßen und vieler Ampeln genauso lange dauerte. Obendrein die Kosten fürs Parkhaus – selbst im Monatsabo ein gewisses Sümmchen. Ich tat das trotzdem. Jeden Tag, ob Sonne oder Regen fuhr ich mit dem Auto diese 1200 Meter. Normal.

Laufen zu fad, Rad fahren zu anstrengend

Irgendwann ging das mal nicht, vielleicht weil das Auto kaputt war. Jedenfalls begann ich zu laufen. Laufen aber war mir zu fad. Also nahm ich das Rad. Das Rad aber war zu anstrengend (wegen eines Bergs unterwegs), also machte ich mit beim Programm Jobrad, bei dem man sich über den Arbeitgeber ein neues Fahrrad leasen kann. Das neue Fahrrad wurde ein E-Bike und es sollte meine persönliche Verkehrswende werden. Das wusste ich da bloß noch nicht.

Anfangs kam das neue Bike nur für die ganz kurzen Strecken aus dem Schuppen. Für die weiteren Wege nahm ich weiter das Auto. Doch nach und nach schlich sich dieses neue Rad wie eine interessante Liebschaft in die eigentlich gut gefestigte Ehe mit meinem Auto. Ich fuhr also immer öfter auch andere Strecken mit dem Rad. Auch mal weitere. Auch bergauf. Bis ans andere Ende der Stadt. Auch im Winter. Irgendwann zu jedem Termin. Es gefiel mir immer besser. Es machte mir sogar Spaß.

Das Wichtigste aber: Mein Leben wurde dadurch einfacher. Warum? Weil ich nie einen Parkplatz suchen muss, weil ich nie etwas für diesen Parkplatz bezahlen muss, weil ich innerhalb Heidenheims meistens schneller bin als mit dem Auto und weil ich morgens im Winter nicht kratzen muss. Ja, ich fahre auch bei Frost und sobald meine Radstrecken vom Schnee geräumt sind. Ich fahre nicht im strömenden Regen, aber wenn es ein bisschen tröpfelt, hält mich das nicht davon ab. Denn wenn ich nicht Rad fahren kann, muss ich den Bus nehmen. Das ist okay, aber der fährt nur nach Fahrplan und nicht, wann ich will.

Kaputtes Fahrrad stresst mehr als kaputtes Auto

Inzwischen stresst es mich mehr, wenn mein Fahrrad in der Werkstatt ist, als wenn das Auto kaputt ist, denn dann fühle ich mich immobil. Das Parkhaus hat mich seit Jahren nicht mehr gesehen. Mit dem Auto zur Arbeit? Da wüsste ich gar nicht mehr, wo ich es für einen ganzen Tag abstellen soll, ohne fast zehn Euro zu bezahlen.

Wenn das Fahrrad in der Werkstatt ist, bereitet das Catrin Weykopf mehr Unbehagen, als wenn das Auto kaputt ist. Ausgerechnet zum Fototermin war dies der Fall und es musste ein Rad aus dem HZ-Fahrzeugpool herhalten. Foto: Rudi Penk

So weit, so gut? Nicht ganz. Denn mir ist durchaus klar, dass das nur möglich ist, weil ich trotz mehrerer Umzüge immer noch in komfortabler Entfernung zu meiner Arbeitsstelle wohne (3,5 Kilometer). Ich würde das vermutlich nicht machen, müsste ich sieben oder zehn Kilometer einfache Strecke fahren. Was ebenfalls nicht funktioniert, ist ordentlich einkaufen mit dem Rad. Mein riesengroßer Fahrradkorb ermöglicht mir viel, aber eben auch nicht alles. Baumarkt, Gartencenter oder Getränkemarkt klappen auch nicht. Und der Typ Lastenrad bin ich nicht. Auch vom Kopf her nicht. So weit reicht die Liebe dann doch nicht.

Der E-Antrieb macht den Unterschied

Eine weitere Grenze, die einem Heidenheim in Sachen Radfahren aufzeigt, sind zudem die oft unsicheren Streckenabschnitte. Ich will niemanden zur Nachahmung anstiften, denn das ist wirklich nicht gut, aber ich bin schon oft auf Wegen gefahren, die ich nicht hätte mit dem Rad befahren dürfen (oder in die falsche Richtung), weil ich keine andere Möglichkeit sah, ohne mich in Gefahr zu bringen oder wirklich weite Umwege zu radeln. Ich gebe mein Bestes, in solchen Fällen niemanden zu gefährden und ganz langsam zu fahren. Und zum Schluss: Ich weiß sehr wohl, dass meine Radfahrerei nie so ein Ausmaß angenommen hätte, würde ich nicht E-Bike fahren. Dieser E-Antrieb macht für mich den Unterschied. Ich will schließlich keinen Sport machen und am Ende noch meinen inneren Schweinehund überwinden. Wo kämen wir da hin?

Fahrrad-Reparatur unterwegs

Kurz mal aufpumpen: Eine von Fahrradfahrern viel befahrene Strecke in Heidenheim ist der Weg zwischen Brenzpark und Bahnlinie, parallel zur Schnaitheimer Straße. Dort, auf Höhe des Badehauses, gibt es eine öffentlich zugängliche 24/7-Fahrrad-Reparaturstation. Sie verfügt über eine Luftpumpe sowie über das gängige Fahrradwerkzeug, so dass man kleine Reparaturen dort schnell zu jeder Tageszeit selbst machen kann. Eine ähnliche Station gibt es in der Weststadt auf Höhe der Beruflichen Schule Heidtech.

Im nächsten Teil der Sommerserie berichtet Theodor Hölzle von dem Vorhaben, ganz nebenbei eine Rohmilchkur auszuprobieren.

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