Gerichtsprozess

Zwei Einbrüche in Gaststätten: Ein Blutstropfen und eine Mütze überführen 42-jährigen Heidenheimer

16 Jahre hat der Mann schon hinter Gittern verbracht. Jetzt wurde er wegen Einbruchs und Körperverletzung verurteilt. Warum seine Anwältin an den Beweisen zweifelte.

Nachdem er zum ersten Gerichtstermin nicht erschienen war, wurde ein 42-jähriger Mann direkt aus der Haft ins Heidenheimer Amtsgericht gebracht. Eine lange Verhandlung stand an, denn neben zwei Einbrüchen wurde ihm eine schwere Körperverletzung zur Last gelegt. Dass er zudem zweimal mit E-Scootern ohne Versicherung, aber dafür unter Drogen unterwegs war, fiel dabei kaum noch ins Gewicht und wurde vom Angeklagten so auch zugegeben. Für alle anderen Vorwürfe hatte er ausschweifende Erklärungen oder stritt sie ab. Am Ende glaubte das Gericht ihm aber nicht. Für den Mann, der angab, bereits 16 Jahre seines Lebens in Haft verbracht zu haben, bedeutet das, dass er direkt wieder ins Gefängnis geht – diesmal für ein Jahr und acht Monate.

Das Urteil empfand der Mann als ungerecht, er störte die Urteilsbegründung von Richter Dr. Christoph Edler mit lauten Bemerkungen.

Aus seiner Sicht hatten sich die ihm vorgeworfenen Taten völlig anders abgespielt. Zu der Körperverletzung am 30. Juni vergangenen Jahres sei es gekommen, weil ihn seine Frau zu Hilfe gerufen habe. Sie habe am Telefon geweint und gesagt, dass er schnell kommen müsse. Zu Fuß sei er zur Erchenstraße gerannt, wo er nur gesehen habe, dass „ein Typ“ auf einen anderen einschlägt, der schon am Boden liegt. Er habe gedacht, der Mann habe auch seine Frau angegriffen, und „ihm eine reinzentriert“.

Verteidigerin vermisst mehr Aussagen von Zeugen

Zwei Zeugen machten vor Gericht unterschiedliche Angaben. Ein Kneipenbesitzer berichtete, dass er die ursprüngliche Schlägerei zweier Männer habe schlichten wollen, den Schlag des Angeklagten aber nicht mitbekomme habe. Ein Anwohner, der gegenüber auf einem Balkon das Geschehen verfolgte, hatte den Eindruck, dass sich die Lage bereits wieder entspannt hatte, bevor der Angeklagte den Mann niedergeschlagen habe.

Die Verteidigerin monierte, warum es so wenige Zeugenaussagen gebe, obwohl zehn Polizeibeamte und viele Zuschauer vor Ort gewesen seien.

Die beiden ihm zur Last gelegten Einbrüche wies der Angeklagte weit von sich. Beide Kneipenbesitzer kenne er gut, und „ich breche nicht bei Freunden ein“. Der erste Einbruch erfolgte am 22. Mai vergangenen Jahres in eine Shisha-Bar an der Hauptstraße. Durch eine eingeschlagene Scheibe gelangte der Täter in die Räume, knackte einen Geldautomaten und erbeutete mehrere Tausend Euro. Der Angeklagte beschrieb die Bar und vor allem den Platz im Flur vor den Geldautomaten als seine zweite Heimat. Sechs bis zwölf Stunden verbringe er dort täglich und verzocke Geld am Automaten. Er habe deshalb auch Schulden und Ärger mit seiner Frau. Er brauche aber diesen Rückzugsort, weil er durch seine langen Haftstrafen einen „Schaden“ habe. Er gab auch zu, sich dort Betäubungsmittel zu spritzen. Das könne auch die Erklärung dafür sein, dass nach dem Einbruch ein Blutstropfen von ihm gefunden worden sei. Ein Polizeibeamter sagte aus, er habe den Tropfen in der Nähe der eingeschlagenen Scheibe gesichert. Das von Richter Edler verlesene Gutachten bestätigte, dass die DNA dem Angeklagten zuzuordnen ist. 

Verlorene Mütze am Tatort angeblich dem Freund geschenkt

Auch beim Einbruch in eine Gaststätte an der Clichystraße am 10. August 2023, der dem Angeklagten zur Last gelegt wurde, fand sich seine DNA an einer Mütze am Tatort. Die Alarmanlage war losgegangen, als die Täter versuchten, über eine eingeschlagene Scheibe ins Innere zu gelangen. Das bemerkte eine Polizeistreife und konnte ermitteln, dass zwei Personen vom Tatort geflüchtet waren. Die Mütze habe er wie viele seiner Klamotten einem sozial schwachen Freund geschenkt, gab der Angeklagte an. Dieser Freund stand inzwischen bereits wegen des Einbruchs vor Gericht. Jetzt sagte er als Zeuge aus, dass er immer wieder Kleidung vom Angeklagten bekomme, aber den Einbruch nicht begangen habe.

Am Ende sah der Vertreter der Staatsanwaltschaft alle Vorwürfe als bestätigt an. Auch wenn er dem Angeklagten zugestand, dass dieser im Fall der Körperverletzung emotional betroffen und nicht mehr Herr der Lage gewesen sei, sei dennoch nicht von Notwehr auszugehen. Die Einbrüche seien dem Angeklagten durch die DNA-Spuren eindeutig nachzuweisen. Er forderte einschließlich der beiden Fahrten mit den E-Scootern ohne Versicherung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. 

Vorverurteilung des Angeklagten befürchtet

Aus Sicht der Verteidigerin sah die Lage gänzlich anders aus. In Sachen Körperverletzung ging sie von Notwehr aus. Wenn der Schlagende schon weiter weg gestanden hätte, hätte es für ihren Mandanten gar keinen Grund gegeben, ihn niederzuschlagen. Stattdessen habe er eine chaotische Situation vorgefunden, in der ihr Mandant nur noch funktioniert habe.

Bei den Einbrüchen befürchtete die Rechtsanwältin eine Vorverurteilung ihres Mandanten. Es sei „bedenklich, wie da zum Teil ermittelt wurde“.  Bei der Tat an der Clichystraße seien angeblich zwei Personen weggerannt. Die Kamera habe jedoch nur eine Person festgehalten. Beim Einbruch in der Shisha-Bar stütze man sich ausschließlich auf die DNA-Spur. Ihr Mandant habe aber zugegeben, sich dort auch Drogen gespritzt zu haben. Sie forderte lediglich eine Geldstrafe für die nicht versicherten Fahrten mit den E-Scootern.

Richter Dr. Christoph Edler zeigte sich überzeugt, dass beide Einbrüche auf das Konto des Angeklagten gehen. In der Shisha-Bar sei sein Blut nahe des Einstiegsfensters gefunden worden. Im Einbruchsfall Clichystraße sei eindeutig, dass die Mütze von einem der Täter stamme, und dass daran DNA des Angeklagten festgestellt worden sei. DNA-Spuren blieben aber nicht ewig an einem Kleidungsstück erhalten. Die Körperverletzung sei nicht aus einer Notlage heraus entstanden, wie die glaubhafte Schilderung des Zeugen bestätigt habe.

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