Frisch gewählt

Zwischen juhu und oje: Der neue Vorsitzende des Naturtheaters Heidenheim Thomas Schirm im Interview

Seit Kurzem ist Thomas Schirm der neue Vorsitzende des Naturtheaters Heidenheim. Im Interview erzählt er, warum man ihn zu seinem Glück zwingen musste und welchen Herausforderungen sich der Verein nun zu stellen hat.

Seit knapp vier Wochen hat das Naturtheater Heidenheim einen neuen Vorsitzenden. Künftig leitet Thomas Schirm zusammen mit weiteren Vorstandsmitgliedern die Geschicke des Vereins. Im Interview erzählt Schirm, warum man ihn zu seinem Glück zwingen musste und welchen Herausforderungen sich der Verein nun zu stellen hat.

Herr Schirm, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie zum neuen Vorsitzenden des Naturtheaters gewählt wurden: juhu oder oje?

Thomas Schirm: Eigentlich beides.

Beides?

Zum einen gehe ich mit viel Freude an die Aufgabe heran, zum anderen habe ich viel Respekt davor, weil es eben ein großer Verein ist.

Was hat denn überwogen, juhu oder oje?

Natürlich die Freude. Ich habe mich seit dem Frühjahr mit dem Gedanken beschäftigt und das natürlich mit meiner Familie besprochen, da das Amt einen großen Zeitaufwand bedeutet. Da ich die letzten vier Jahre schon im Beirat gewesen bin, bin ich jetzt auch nicht blauäugig an die Sache herangegangen.

War es eine Initiativbewerbung oder musste man Sie sozusagen zu Ihrem Glück zwingen?

Eine Initiativbewerbung war es nicht (lacht).

Also hat Sie jemand angestupst?

Es kamen immer wieder und immer mehr Leute auf mich zu. Zuvor hatte sich auch niemand anderes herauskristallisiert, der das Amt übernehmen wollte.

Als Beiratsmitglied haben Sie bereits Einblick in den administrativen Part des Naturtheaters bekommen. Lassen sich diese Kenntnisse auf das Amt des Vorsitzenden übertragen?

Ich denke, das Entscheidende dabei ist Neutralität und Wertschätzung. Diese Fähigkeiten muss man schon als Beirat haben und das ist auch das, was ich als Vorsitzender in den Vordergrund stellen möchte. Wir sind mittlerweile fast 650 Mitglieder im Verein. Es ist klar, dass es da manchmal menschelt.

Was war Ihre erste offizielle Amtshandlung?

Am Anfang standen verschiedene Termine an, mit der Stadt Heidenheim, mit unseren Sponsoren. Hauptsächlich ging es darum, sich einen Überblick zu verschaffen. Ganz wichtig waren und sind dabei unsere Mitarbeiter, die uns da wirklich viel unterstützen. Mit meinem Vorgänger Stefan Benz habe ich ebenfalls viele Gespräche geführt, um den Umfang von dem abzustecken, was da auf mich zukommt. Auch jetzt noch unterstützen wir uns gegenseitig, was das Ganze ungemein erleichtert.

Vor seiner Zeit als Vorsitzender war Thomas Schirm vier Jahre lang Beirat des Naturtheaters. Foto: Oliver Vogel

Blicken wir ein wenig in die Zukunft: Welche Aufgaben kommen auf Sie und auf das Naturtheater zu?

Wir haben ein sensationelles, schönes Jahr hinter uns. Aber aus verschiedenen Gründen können wir nicht aus dem Vollen schöpfen. Auch an uns gehen Inflation und steigende Energiekosten nicht ohne Weiteres vorbei. Ein großer Punkt wird mit Sicherheit der Serviceumbau.

Was hat es damit auf sich?

Die gesamte Service-Infrastruktur im Außenbereich, also Getränke, Imbiss, Cocktail- und Sektstand, muss in den nächsten zwei Jahren komplett erneuert werden. Das wird uns finanziell natürlich fordern. Außerdem haben wir den Anspruch, hohe Qualität zu liefern. Deshalb müssen wir gerade im technischen Bereich immer wieder nachbessern.

Das sind also die Herausforderungen hinter den Kulissen. Wie sieht es mit dem Bühnenprogramm aus? Welche Aufgaben fallen dort für den Verein an?

Auf der Bühne wollen wir die Vielfalt unserer Stücke bewahren. Früher hat sich das Programm ja auf den Sommer konzentriert, inzwischen ist das ganze Jahr über etwas geboten. Das beginnt mit Kultur im Café, dann kommen die Sommerproduktionen, unsere hauseigene Musicalshow „The Sound of Music“, das Herbststück und das Wintermärchen. Mittlerweile geht das Programm nahtlos ineinander über. Das ist ein großes Angebot für unser Publikum, das freut uns, stellt uns aber auch vor Probleme. Bis auf ein paar Festangestellte stemmen hier alle alles im Ehrenamt. Service, Kostüm, Maske, Technik – das ist ein irre großer Aufwand. Es ist klasse, dass wir so viele Leute haben, die sich bei uns einsetzen, aber wir müssen schauen, dass wir das auch in Zukunft noch alles stemmen können. Denn tendenziell nimmt das Engagement beim Ehrenamt ab.

Aber die Zahl der Neueintritte in den Verein ist doch rasant angestiegen. Wie passt das zusammen?

Das Schöne ist, dass viele Leute nicht nur wegen des Theaterspielens zu uns kommen, sondern viele interessieren sich speziell zum Beispiel für Technik oder Bühnenbau. Dennoch merken wir, dass es auch in diesen Bereichen weniger wird. Wenn wir also diese Anzahl an Veranstaltungen im Jahr haben wollen, dann brauchen wir in der Zukunft auch mehr Leute, um das zu bewerkstelligen.

Diese Entwicklung ist mit der Grund, warum das Naturtheater nach einer Geschäftsstellenleitung gesucht hat. Da wurde inzwischen jemand gefunden, richtig?

Genau, ab 1. Januar 2025 ist die Stelle besetzt. Frida Lizine wird diese Position übernehmen. Die Führung des Vereins ist im Ehrenamt alleine einfach nicht mehr zu stemmen. Wir brauchen jemanden, der Ansprechpartner für unsere Mitarbeiter ist, der uns in Sachen Sponsoring unterstützt, einfach jemand, der ständiger Ansprechpartner ist. Die Suche nach einer Geschäftsstellenleitung war für mich ein Grund, als Vorsitzender zu kandidieren. Dadurch wird das Amt überschaubarer.

Die neue hauptamtliche Geschäftsführerin kommt nicht aus dem Verein?

Wir wollten ganz bewusst jemand Externes.

Wird Ihre Arbeit als Vorsitzender als Teil dieser „Doppelspitze“ dann voraussichtlich anders aussehen, als es bei Ihren Vorgängern der Fall war?

Gute, schwierige Frage. Sie wird auf jeden Fall anders werden. Das muss sich aber erst finden. In einem halben Jahr wissen wir dann mehr. Unsere Hoffnung ist natürlich, dass Frida Lizine den Vorstand entlasten wird.

Derzeit steht Thomas Schirm (links) im Wintermärchen „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“ auf der Bühne. Foto: Markus Brandhuber

Vorhin sagten Sie, dass neue Mitglieder aus unterschiedlichen Gründen in den Verein eintreten. Was hat Sie damals zum Naturtheater geführt?

Bei meiner Familie war es ganz klassisch. Unser Sohn hatte in der ersten Klasse eine Klassenkameradin, die hier gespielt hat. Er wollte das dann auch. Wie so oft waren wir als Eltern dann irgendwann hinter den Kulissen mit an Bord. Meine Frau und ich haben aber immer gesagt, dass wir selber nicht auf der Bühne stehen wollen.

Bis Sie es dann irgendwann doch getan haben.

Stimmt, irgendwann stand ich dann als leicht bekleideter Mümmler (in „Der Zauberer von Oz“, Anm. d. Red.) vor tausend Leuten auf der Bühne. Das Schöne ist, dass wir dieses Hobby gemeinsam als Familie pflegen können.

Derzeit spielen Sie den Kobold Fliegenbart im Wintermärchen. Was sagt Ihnen mehr zu: Schauspiel oder Verwaltung?

Wenn man auf der Bühne stehen darf und dann am Ende sogar noch Applaus bekommt, ist das natürlich das Sahnehäubchen. Aber uns allen ist klar, dass beide Kategorien nur miteinander funktionieren. Ich habe Freude an beidem.

Thomas Schirm: Osteopath und früherer Handballtrainer

Thomas Schirm, Jahrgang 1967, ist selbstständiger Osteopath und betreibt seit 25 Jahren eine eigene Praxis in Giengen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, die ganze Familie ist seit elf Jahren Mitglied beim Naturtheater. Vielen ist Schirm aus dem Handballsport bekannt, wo er 17 Jahre lang in der Oberliga Trainer war.

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