Umstrittenes Bauprojekt

Abfällig behandelt? Das sagen Herbrechtingens Bürgermeister und Stadträte zu den Vorwürfen der Bürger

Die beiden Mehrfamilienhäuser in Bolheim sollen wie geplant gebaut werden – Herbrechtingens Bürgermeister Daniel Vogt und Gemeinderäte wiesen Kritik von Bürgern zu angeblich abfälligem und beleidigendem Umgang mit Kritikern zurück.

Als Thema mit vielen Emotionen bezeichnete Bürgermeister Daniel Vogt den geplanten Bau der beiden Mehrfamilienhäuser auf der Freifläche gegenüber des Bolheimer Feuerwehrgerätehauses. Das Thema stand erneut auf der Tagesordnung des Gemeinderats am Donnerstag und erneut waren viele Zuhörer zugegen. „Ich hoffe, ein paar Emotionen herausnehmen zu können“, so Vogt weiter. Grundsätzlich sei Innenentwicklung ein drängendes Thema und der Gemeinderat habe sich lange und intensiv damit auseinandergesetzt. „Im September 2023 hat der Bauausschuss beschlossen, dass man Wohnbebauung grundsätzlich ermöglichen will, wenn es innerörtliche Grundstücke gibt. Das ist auch unser gesamtgesellschaftlicher Auftrag.“

22 Wohnungen in Bolheims Mitte

Rückblick: Die Firma Hebel war zum ersten Mal im April im Bauausschuss öffentlichen zugegen und stellte das Konzept vor, demzufolge sollten auf einem leerstehenden Grundstück an der Zoeppritzstraße zwei viergeschossige Häuser in Flachdachbauweise mit insgesamt 22 Zwei- und Dreizimmerwohnungen entstehen sollte. Während der Ausschuss keine grundsätzlichen Einwände hatte, stieß das Vorhaben bei Anwohnern auf Kritik. Sie fürchteten, die Flachdächer würden das Ortsbild stören. Daraufhin wurde ein Bürgerdialog einberufen. Hebel-Vertreter, die Stadtverwaltung und Anwohner einigten sich darauf, das Konzept zu überarbeiten.

Viertes Geschoss wäre weggefallen

Ende Juni wurde das neue Konzept dem Gemeinderat dann vorgestellt. Das vierte Geschoss wäre demnach entfallen, damit aber auch vier Wohnungen und rund 300 Quadratmeter Wohnfläche. Außerdem sah die neue Variante Satteldächer anstelle von Flachdächern vor und die Gebäude wären rund 30 Zentimeter niedriger als zunächst geplant gewesen.

Im Gemeinderat wurde über beide Varianten diskutiert und es gab für beide Gegner und Befürworter. Die Sitzung wurde unterbrochen, damit sich die Fraktionen beraten konnten. In der folgenden Abstimmung entschied sich der Rat dann bei zwölf Ja- und sieben Nein-Stimmen für die im April vorgestellte Flachdach-Variante.

Kritik in Leserbriefen und Mails geübt

Daraufhin wurden von den Anwohnern wohl Mails an Stadträte verschickt und in der HZ erschien in dieser Woche ein Leserbrief („Bolheimer als Hinterwäldler hingestellt“), in dem unter anderem die „abfällige und beleidigende“ Art bemängelt wurde, wie einzelne Gemeinderäte die in der Sitzung im Juni anwesenden Bolheimer als egoistische und nicht ernstzunehmende Randgruppe hingestellt hätten. Es sei abgestimmt worden, obwohl die Flachdach-Variante gar nicht allen Stadträten geläufig gewesen sei. Die Rede war auch von überheblicher Machtausübung. Es wurden Zweifel am Demokratieverständnis geäußert.

BM Vogt: „Wir haben uns viel Zeit genommen“

Man habe das Bauprojekt in Bolheim mehrfach öffentlich diskutiert, habe sich mit beiden Varianten ausgiebig beschäftigt und sich viel Zeit genommen, versicherte Bürgermeister Vogt. „Mit zwölf Ja-Stimmen gab es dann ein starkes Ergebnis. Das war ein demokratischer Willensbildungsprozess.“ Er habe sich das Protokoll bzw. die Aufzeichnung der Sitzung im Nachgang nochmals angehört. „Es war eine lebhafte Diskussion, aber es gab keine persönlichen Angriffe oder Beleidigungen.“ Eine Missstimmung, die manche verspürt haben, könne er nicht nachvollziehen.

Matthias Sturm nahm auch direkt auf den Leserbrief Bezug und sprach für die Freie-Wähler-Fraktion. Er widersprach der Behauptung, die Flachdach-Variante sei nicht allen Räten geläufig gewesen. „Wir haben auch bei internen Fraktionssitzungen mehrfach über beide Varianten intensiv und kontrovers diskutiert“, versicherte er. „Ich mache das seit 20 Jahren und kenne viele Mitglieder schon lange. Ich denke, dass das auch für die anderen Fraktionen gilt.“ Zudem habe er nicht den Eindruck gehabt, dass abfällig mit den Bürgern umgegangen worden sei. „Es war ein hitziger Diskurs, aber wenn das bei manchen anders angekommen ist, täte mir das wahnsinnig leid.“ Es sei aber auch so, dass man Wortmeldungen meist nicht schriftlich vorbereite. „Da spielen dann schon mal Emotionen mit rein.“ Walter Fuchslocher schloss sich im Namen der SPD-Fraktion den Ausführungen an.

Diskussion noch nicht beendet

Beendet ist die Diskussion über das Bauprojekt aber wohl noch nicht. Zwar beauftrage der Rat die Verwaltung mit 17 Ja- und drei Nein-Stimmen den Bebauungsplan als Einstieg in der Verfahren zu erstellen, aber, so Dieter Frank vom Fachbereich Bau, darauf folge zunächst die Veröffentlichung des Bebauungsplanentwurfs. „Und dann hat jeder Bürger die Möglichkeit zu einer Stellungnahme, die dann erneut im Gemeinderat behandelt werden.“ Die Verwaltung erarbeite daraufhin einen Abwägungsvorschlag und erst wenn der Rat diesem zustimme, erfolge nach erneuter öffentlicher Auslegung ein Satzungsbeschluss.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar