Wärmeplanung

Biogas, Solar, Abwärme – wie kann in Herbrechtingen in Zukunft Strom erzeugt werden?

Energiefachleute touren derzeit mit einem Zwischenbericht zur kommunalen Wärmeplanung durch Städte und Gemeinden im Landkreis. Aus der Vorstellung der Bestands- und Potenzialanalyse wurde im Herbrechtinger Gemeinderat eine teils hitzig geführte Grundsatzdebatte.

Wie können Kommunen in Zukunft klimaneutral mit Wärme versorgt werden? Antworten darauf will die kommunale Wärmeplanung liefern. So viel scheint zumindest klar: „Die Wärmewende ist elektrisch“, so Lisa-Maria Eberle, zuständig für die Projektsteuerung beim Zweckverband zur Gasversorgung des Brenztals (ZGB), der mit der Wärmeplanung für Herbrechtingen beauftragt ist. „Deshalb muss mehr Strom produziert werden, der regenerativ erzeugt wird.“ Die jetzt dem Gemeinderat vorgestellte Potenzialanalyse gibt erste Anhaltspunkte, welche Maßnahmen von besonderer Bedeutung sein könnten, etwa Solarenergie, Abwärme oder Biomasse.

20 Prozent der Herbrechtinger Dächer haben PV-Anlagen

Laut Bestandsanalyse gibt es in Herbrechtingen rund 4200 Gebäude, 3700 davon sind private Wohngebäude, drei Viertel davon werden mit Gas beheizt. Die Nutzung des Photovoltaik-Potenzials auf Dachflächen liegt derzeit bei 20 Prozent. Und durch die energetische Sanierung der Wohngebäude könnte theoretisch der gesamte Wärmebedarf um rund ein Drittel gesenkt werden.

Potenzial sehen die Planer des ZGB auch im Bereich Biomasse. Anhand des Viehbestands in Herbrechtingen und seinen Teilorten könnte doppelt so viel Biomasse genutzt werden wie bisher. Auch dem Abwasser oder der Brenz könnten durch den Einbau eines Wärmetauschers in Kombination mit einer Wärmepumpe Wärme entzogen und genutzt werden. Dazu müssten allerdings noch weitere Untersuchungen und Messungen erfolgen.

Und hier liegt ein Teil des Problems: In diesem Stadium der Wärmeplanung werden nur theoretisch und technisch realisierbare Potenziale betrachtet – unabhängig von ihrer Wirtschaftlichkeit. Dass dieser wichtige Faktor noch keine Berücksichtigung fand, ließ viele der Räte eher ratlos zurück. Etwa Matthias Sturm (FWV). Er verwies insbesondere auf die potenziellen Sanierungsmöglichkeiten bei Wohngebäuden. Hier müsste auch berücksichtigt werden, wie lange es dauere, bis sich solche Investitionen amortisieren.

Jannik Kett vom ZGB: „Im Februar findet ein Workshop statt, bei dem wir ausloten, welche Maßnahmen Sie bevorzugen und welche wir dann näher und auch auf Wirtschaftlichkeit hin untersuchen sollen.“ Der Rat sei völlig frei in seinen Entscheidungen. Auf den Workshop soll eine Ausarbeitung folgen und im März werden dem Gemeinderat konkrete Maßnahmen vorgestellt. Eine öffentliche Veranstaltung für Bürger ist für Juni geplant.

Robert Smejkal: „Wie heize ich ab 2040 mein Haus?“

Doch den Räten ging es auch um noch grundsätzlichere Dinge: „Lassen Sie mich ganz naiv fragen: Wie heize ich ab 2040 mein Haus?“, wollte Robert Smejkal (CDU) wissen. Das deutsche Erdgasnetz erstrecke sich über 600.000 Kilometer. „Die Leitungen liegen in Form von Volksvermögen unter den Straßen. Und jetzt sollen sie abgeschaltet werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in 15 Jahren so viele Haushalte mit Strom anstatt mit Gas versorgen können.“

In manchen Gebieten werde Gas durch Strom ersetzt, in anderen Gebieten werde es andere Heizungsarten geben, erläuterte Marc Gräßle, Geschäftsführer der Technischen Werke Herbrechtingen und des ZGB. Das Gasnetz sei wertvoll, stimmte er zu. Richtig sei aber auch, dass die Netzentgelte für Gas steigen würden. Einen konkreten Zeitpunkt, an dem das Gasnetz abgeschaltet werde, gebe es noch nicht. In der Sitzung standen die Jahre 2040 und 2045 im Raum. Denn laut der Landesregierung soll das Ziel der klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2040 erreicht sein. Der Bund fordert Klimaneutralität bis 2045. Die EU bis 2050.

„Es wird keine Einheitslösung geben“, so Jannik Kett, Teamleiter beim ZGB. „Es werden nicht überall Wärmenetze entstehen, man wird nicht überall Wärmepumpen einbauen und es werden auch nicht alle mit Wasserstoff versorgt werden. Ich verstehe, dass man eine pauschale Lösung möchte, aber die wird es nicht geben.“

„Was raten Sie jemandem, dem die Gasheizung jetzt kaputtgeht? Was soll derjenige dann machen?“, wollte Thomas Beißwenger (Grüne und Unabhängige) wissen. Derzeit lege er jedem eine Energieberatung ans Herz, so Kett. „Für 40 Euro kommt jemand vom Landratsamt vorbei und berät individuell. Wenn die Heizung jetzt kaputt ist, braucht es eine schnelle Lösung. Ansonsten lohnt es sich, auf die fertige Wärmeplanung zu warten.“

Hermann Mader: „Wir brauchen ein Ziel“

„Die Frage, woher die Energie kommen wird, beschäftigt uns alle“, so Hermann Mader (FWV). „Aber wir sind noch nicht bei der Umsetzung, sondern bei der Analyse“, gab er zu bedenken. Selbst wenn man den Klimawandel außer Acht lasse, gebe es das Problem der Abhängigkeit von Öl, Gas und Uran. „Davon haben wir nicht genug. Also was bleibt uns anderes übrig, als das zu nutzen, was wir haben?“ Die Umsetzung sei noch ein weiter Weg und bis 2040 werde man es wohl auch nicht schaffen. „Aber wir brauchen ein Ziel.“

Ein politisches Statement nannte Matthias Sturm den Einwurf seines Fraktionskollegen Mader. „Aber wir müssen leider Vorgaben von Land und Bund umsetzen, die bei Lichte betrachtet, nicht funktionieren.“ Nicht zuletzt wegen des Stromnetzes. „Selbst Fachleute wie Herr Gräßle sagen, dass die Netze stabilisiert und ausgebaut werden müssen. Und ich weiß, in welchen Zeiträumen unsere Energieversorger solche Netzverstärkungen planen. Das sind Dekaden.“

Die Auswirkung des Klimawandels habe sich jüngst in Kalifornien gezeigt, so Simon Zimmermann (FWV). „Wir haben jetzt noch einen Zeithorizont, wo wir darauf einwirken und planen können. Es ist für mich keine politische Haltung zu sagen: Das machen wir nicht, weil die Herausforderung zu groß ist.“

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