In einem Land vor Corona gab es Tink. Tink, das setzt sich aus „Theater“ und „inklusiv“ zusammen. Inklusives Theater eben. Ein genau solches hatte sich in Bolheim über mehrere Jahre hinweg durchaus einen Namen gemacht. Das Tink-Theater, bei dem behinderte wie nicht behinderte Menschen gemeinsam auf der Bühne stehen, musste jedoch mit Beginn der Pandemie, genau wie so viele andere Kulturinstitutionen auch, ganz abrupt auf die Bremse treten. Bis jetzt. Jetzt tritt Tink aufs Gas. Ende Mai und Anfang Juni stehen erstmals seit sechs Jahren wieder drei Aufführungstermine an.
Diese Zwangspause war allerdings nicht nur der Pandemie zu verdanken. Anfang 2021 übergab der Bolheimer Verein für therapeutisches Reiten seinen Betrieb, zu dem eben auch das Tink-Theater gehört, an die Heidenheimer Lebenshilfe. „In dieser Zeit mussten wir uns organisatorisch und strukturell erstmal wieder neu finden“, erzählt Dorothea Strauß, ihres Zeichens Heilerzieherin, Theaterpädagogin und diejenige, die bei Tink den Hut aufhat.
Kontakt zum Tink-Theater-Ensemble gehalten
In den vergangenen Jahren war die inklusive Theatergruppe zwar keinesfalls begraben gewesen, doch ihr Tun beschränkte sich auf diverse Workshops und Auftritte im ganz kleinen Rahmen. „Wichtig war in dieser Zeit, herauszufinden, wer von der Gruppe überhaupt noch dabei ist“, sagt Strauß. Es galt, den Kontakt und den Draht zu den Schauspielerinnen und Schauspielern nicht zu verlieren.
„Uns war dann schnell klar, dass diese Gruppe wieder auf die Bühne muss. Das Ensemble wollte das ebenfalls“, berichtet die Sozialpädagogin Elisa Knödler, welche sich bei Tink primär um alles Organisatorische kümmert.

Sehr zur Freude der beiden Frauen wird diese Ambition auch unter der Regie der Lebenshilfe geteilt. „Der Support ist da, das ist von der Lebenshilfe gewünscht und gewollt“, sagt Dorothea Strauß. Anders als in den Anfangsjahren wird dieses Mal jedoch nicht der örtliche Theaterstadel zur Kulisse – dieser ist derzeit nicht bespielbar. Stattdessen geht der Vorhang in Sontheim im evangelischen Gemeindehaus auf. „Dort sind wir sehr gut vernetzt“, erklärt Knödler. Der einzige Wermutstropfen: Das Tink-Theater probt in Bolheim, tritt jedoch in Sontheim auf und hat daher keine durchgängige Bühne zur Verfügung. Laufwege müssen also auch nach Probenbeginn neu einstudiert und Kostüme und Requisiten hin- und hergeschleppt werden.
Und doch: Die Vorfreude überwiegt. Auch unter dem Publikum, glaubt Strauß. „Wir haben in den fünf Jahren, in denen Tink aktiv war, Spuren hinterlassen.“ Positive Spuren. Etwas Positives zieht Strauß bisweilen sogar aus der Zwangspause. Denn anfangs sei nie geplant gewesen, jedes Jahr ein eigenes Stück aufzuführen, zumal sämtliche Stücke aus der Feder von Dorothea Strauß selbst stammen. „Diese Pensum zu halten, war schwierig“, gibt die Theaterpädagogin zu. Die Pause, sie war nötig.
Ich möchte keinen Behinderten-Applaus. Das ist eine inklusive Theatergruppe. Punkt.
Dorothea Strauß, Heilerzieherin und Theaterpädagogin
In diesem Sommer kehrt das Tink-Theater mit dem Stück „Zum goldenen Tor“ zurück. Die Komödie stand 2018 schon einmal auf dem Spielplan. Sieben Menschen mit Beeinträchtigung und acht ohne bilden das diesjährige Ensemble. Die Altersspanne reicht von 16 bis 72 Jahren. Von dem Talent der Gruppe sind Elisa Knödler und Dorothea Strauß absolut überzeugt. Von „Mitleidsbekundungen“ oder ähnlichem hält Strauß hingegen wenig: „Ich möchte keinen Behinderten-Applaus. Das ist eine inklusive Theatergruppe. Punkt.“ Und Knödler ergänzt: „Das ist eine Theatergruppe, die ihre Leistung bringt.“
Drei Aufführungstermine des Tink-Theaters
Die Tink-Theatergruppe wurde zunächst von der Aktion Mensch über drei Jahre hinweg gefördert. Nachdem die Förderung ausgelaufen war, erhielt das Theater Zuschüsse vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – insgesamt rund 56.000 Euro. Seither wird Tink durch die Lebenshilfe getragen. Darüber hinaus finanziert sich das Projekt über den Förderverein für therapeutisches Reiten sowie durch die Teilnehmerbeiträge der Schauspieler und durch Spenden bei den Aufführungen.
„Zum goldenen Tor“, das erste Tink-Theaterstück seit gut sechs Jahren, wird an drei Terminen aufgeführt: Freitag, 30. Mai, Freitag, 6. Juni, sowie Samstag, 7. Juni. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr. Aufführungsort ist das evangelische Kirchengemeindehaus in Sontheim/Brenz, Neustraße 63.