Schulen, Schulden – Schieflage?

Das sagen die Fraktionen des Herbrechtinger Gemeinderats zum Haushaltsplan 2025

Mit einer Gegenstimme wurde der Herbrechtinger Haushaltplan 2025 jetzt beschlossen. Die Fraktionen des Gemeinderats gaben im Vorfeld ihre Stellungnahmen dazu ab.

Als „Rückgrat für unsere Arbeit“ bezeichnete Bürgermeister Daniel Vogt den Haushaltsplan für 2025. Denn der gibt natürlich vor, wohin die Reise für Stadt geht. Stolze 21 Millionen Euro will Herbrechtingen in diesem Jahr investieren. Der größte Brocken fließt dabei in Schulen und Kindergärten. Und das ohne die Aufnahme von Krediten. Das wird mittelfristig allerdings nicht so bleiben. Auch durch Großprojekte wie den Bibriscampus könnte der Schuldenstand bis 2028 auf bis zu 21 Millionen Euro steigen (Stand 2024: rund 9,5 Millionen Euro). So bewerten die Gemeinderatsfraktionen die aktuelle Lage – und die Zukunftsaussichten.

Das sagt die Freie Wählervereinigung

„Wir sind im Moment in einer glücklichen Lage“, sagte Matthias Sturm und zählte geplante und für ihn notwendige Investitionen in Schulen, Kindergärten, Straßen, Kanalisation und den Breitbandausbau auf. „Wir können stolz darauf sein, dass wir uns ein so ambitioniertes Programm aufgeladen haben und es ohne neue Kredite leisten können.“ Nicht jede Kommune könne das in diesen Tagen von sich behaupten.

Mit Blick auf die kommenden Jahre müssten Kredite gut durchdacht und gezielt eingesetzt werden, so Sturm. Aber: „Schulden machen mir keine Angst, wenn wir dafür Werte schaffen, die die Lebensqualität in Herbrechtingen nachhaltig verbessern.“ Und der Großteil des Geldes werde in Kinder und Familien investiert. Sturm sprach aber von Kopfzerbrechen in Bezug auf die drohende Schieflage des Ergebnishaushaltes, dessen Saldo aus Aufwendungen und Erträgen angibt, um welchen Betrag sich das Eigenkapital der Kommune voraussichtlich erhöht oder vermindert. Grund dafür sei aber nicht eine aufgeblähte Verwaltung oder luxuriöse freiwillige Leistungen, so Sturm. Stattdessen müssten Kommunen mit Klimaschutz- und Integrationsmanagement, der Unterbringung von Geflüchteten oder dem Anspruch auf einen Kita-Platz kostenintensive Aufgaben übernehmen, ohne einen entsprechenden Ausgleich dafür von Land und Bund zu erhalten. „Das Konnexitätsprinzip funktioniert nicht.“

Das sagt die CDU-Fraktion

„Wir befinden uns in unsicheren Zeiten“, resümierte Thomas Österle, der für die CDU sprach, die aktuelle Lage. Daher sei es ein wichtiger Schritt, die städtischen Einnahmen zu sichern und zu erweitern, in dem man den Gewerbetreibenden Entwicklungsflächen zur Verfügung stelle. „Das schafft Arbeitsplätze, erhöht das Gewerbesteueraufkommen und gibt uns Planungssicherheit.“ Die Entwicklung weiterer Baugebiete sowie die Innenentwicklung seien entscheidende Punkte. „Ein Vorkaufsrecht wäre ein notwendiger Schritt, um Flächen zu sichern und weiterzuentwickeln.“

Zu den Personalkosten, eine weitere große Ausgabenposition im Haushalt, sagte Österle: „Ob diese Ausgaben im Rahmen bleiben, müssen wir bei jeder Neueinstellung und Nachbesetzung hinterfragen.“ In Sachen Kinderbetreuung verwies er ausdrücklich auf den Bissinger Kindergarten, der dringend sanierungsbedürftig sei. Wie zuvor Sturm lobte auch Österle die Schritte zur Sanierung der Schullandschaft in Herbrechtingen: „Wir schaffen damit ein modernes Lernumfeld für Schüler und steigern die Attraktivität der Stadt.“ Und er sprach sich dafür aus, das Angebot der Musikschule zu erhalten, auch wenn das keine Pflichtaufgabe für eine Kommune sei. „Die Kosten müssen sich jedoch in einem vertretbaren Rahmen bewegen, was bedeutet, dass die Musikschule von Grund auf umorganisiert werden muss.“

Das sagt die SPD-Fraktion

Die SPD hätte sich für das Jahr 2025 noch mehr Investitionen und Zugeständnisse im sozialen Bereich gewünscht, so deren Fraktionsvorsitzende Jakob Stark. Als Beispiel nannte er den Verzicht auf eine Erhöhung der Kindergartenbeiträge oder die Gestaltung der Musikschulfinanzen. „Die musikalische Bildung im Ort hat für uns einen hohen Stellenwert, weswegen wir uns ganz klar zur Musikschule bekennen und uns für eine faire Finanzstruktur starkmachen.“

Nicht unbesorgt sieht Stark die ärztliche Versorgung vor Ort. „Mit Initiativen wie dem Förderprogramm für Hausärzte oder der Schaffung von medizinischen Versorgungszentren geht die Kommune Schritte in die richtige Richtung.“ Die Verwaltung sollte die Situation aber nicht aus dem Auge verlieren.

Von Weitsicht und Entschlossenheit sprach Stark im Hinblick auf wirtschaftliche Herausforderungen. Auch für seine Fraktion sei der Bibriscampus ein lang ersehntes Investitionsprojekt. „Und mit anvisierten 40 Millionen Euro machen wir unsere Stadt digital und infrastrukturell zukunftssicher.“ Es sei von zentraler Bedeutung, dass sowohl private Haushalte als auch Gewerbetreibende vom Fortschritt im Breitbandausbau profitieren. „Die digitale Vernetzung unserer Stadt führt aktiv in eine fortschrittliche Zukunft.“

Das sagen Grüne und Unabhängige

„Die Gemeinde steht gut da“, so die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Cornelia Stahl. „Im Vergleich zu anderen Kommunen brauchen wir uns nicht verstecken und sind den Herausforderungen der Zukunft gewachsen.“ Es sei jedoch entscheidend, mit realistischem Blick auf diese zu schauen und mögliche Fallstricke als auch Chancen frühzeitig zu erkennen.

Ziel müsse es sein, nachhaltig zu wirtschaften, so Stahl. „Es sollte nicht zur Regel werden, den Haushalt wie in den vergangenen Jahren über Grundstücksverkäufe zu sanieren, da die Anzahl unserer verkaufsfähigen Flächen endlich ist.“ Man müsse kontinuierlich neue Wege finden, um auf der Ertragsseite nachhaltige Einnahmen zu generieren und auf der Ausgabenseite Einsparpotentiale zu identifizieren. „Angesichts der demografischen Rahmenbedingungen und der Entwicklung der Personalkosten benötigen wir intelligente Lösungen, die uns effizienter machen und gleichzeitig attraktiv für unser Personal bleiben.“

Auch Standards sollten überdacht werden. „Wo liefern sie einen echten Mehrwert für die Einwohner und wo können wir sie senken, ohne Attraktivität oder Qualität zu verlieren?“, so Stahl. Das gelte sowohl für Bauprojekte wie den Bibriscampus als auch für freiwillige Leistungen wie das Schwimmbad oder die Musikschule.

Das sagt die AfD

„Tief beeindruckt“ zeigte sich der einzige Vertreter der AfD, Jochen Afheldt, von der akribischen Arbeit der Verwaltung bei der Aufstellung des 350-seitigen Haushaltsplans. In weiten Teilen bestand sein Wortbeitrag dann darin, das Wahlprogramm der Bundes-AfD wiederzugeben, um zu dem Schluss zu kommen, dass die politischen Entscheidungen der vergangenen Jahre die Kommune „in eine Situation gebracht haben, die keine großen Sprünge mehr zulässt“. Gleichwohl seien die Weichen bereits gestellt und beschlossene Investitionen, wie die Modernisierung des Bibrisschulzentrums, müssten finanziert werden. Dabei sah er wenig Einsparpotential.

Schnelle Einsparpotentiale sieht Afheldt dagegen etwa im sofortigen Stopp der Klimamaßnahmen. „Man fragt sich, wie Herbrechtingen Jahrhunderte ohne kommunale Wärmeplanung und Balkon-Photovoltaik ausgekommen ist?“ Den Ausbau von Fahrradwegen und Ausgaben für den Individualverkehr einschränkende Maßnahmen, wie Tempo 30 in Durchgangsstraßen, könne man ebenfalls streichen, ohne irgendwem weh zu tun.

Da die Entscheidungen für Investitionstätigkeiten bereits gefallen seien und er natürlich auch er für die Umsetzung von Infrastrukturprojekten sei, werde er dem Haushaltsplan zustimmen, so Afheldt. „Für Anträge habe ich keine Veranlassung gesehen.“

Bei einer Gegenstimme von Thomas Beißwenger (Grüne und Unabhängige) wurde der Haushaltsplan 2025 beschlossen.

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