Reiter mit und ohne Handicap

140 Starts beim integrativen Reitertag auf dem Ugenhof in Bolheim

140 Starts bei entspannter Atmosphäre: Beim Integrativen Reitertag auf dem Ugenhof maßen Teilnehmer mit und ohne Handicap ihr Können. So war's:

140 Starts beim integrativen Reitertag auf dem Ugenhof in Bolheim

Gizmo schien ein wenig nervös zu sein. Gizmo ist fünf Jahre alt und ein Pony. Und der Wettbewerb ließ offensichtlich Aufregung bei ihm aufkommen. Nicht so bei seinem Reiter: Routiniert lenkte der neunjährige Kimi Bücheler Gizmo in der Halle der Reitanlage Ugenhof zu Kehrtwende, Schritt und Trab. Und das war nur einer der rund 140 Starts, die die Besucher am Samstag beim Integrativen Reit- und Dressurwettbewerb auf der weitläufigen Reitanlage hinter Bolheim erleben konnten. Das Besondere: Die Teilnahme war für jedermann möglich, auch für Reiter mit geistiger Behinderung.

Und das weitere Besondere an diesem Wettbewerb: Alles lief sehr entspannt und – vom leichten Lampenfieber Gizmos mal abgesehen – sehr unaufgeregt. „Entschleunigt“ nannte es Daniel Bücheler, Inhaber der Reitanlage und Teil der Turnierleitung. Und auch wenn die Umwandlung der Reitanlage zum Turnierort eine ganze Menge Arbeit bedeutet, so sagte er auch überzeugt: „Das war diskussionslos, dass wir das machen. Diese gemeinsame Sache mit gesunden und behinderten Reitern ist jedes Mal wieder eine wunderbare Erfahrung und absolut unterstützenswert.“ Ehefrau Christina berichtete von den vielen helfenden Händen, die mitangepackt haben – auch diejenigen, die ihre Pferde im Ugenhof eingestellt haben, haben sich in der Vorbereitung engagiert.

Die Teilnahme war für Reiter mit und ohne Handicap möglich. Markus Brandhuber

Teilnehmer auch aus der Schweiz

Und so fanden die Teilnehmer aus Aschaffenburg, Neuendettelsau, Tettnang, sogar aus der Schweiz und natürlich aus dem hiesigen Kreisgebiet erneut beste Bedingungen vor für die Geschicklichkeitswettbewerbe, den Führzügelwettbewerb, die Dressur und auch das Landeschampionat für Reiter mit Handicap. Es wimmelte nur so vor jungen und jungen erwachsenen Reitern, Pferden und Besuchern, die sich da in der Ugenhof-Idylle bei bestem Sonnenschein tummelten.

„Den haben die Neuendettelsauer mitgebracht, sagten sie“, scherzte Dr. Beate Bengelmann, die Vorsitzende der Reitsportgemeinschaft Ugenhof. Sie war froh darüber, dass sie abermals die bewährte Anlage auf dem Ugenhof nutzen können, bietet sie doch optimale Voraussetzungen für das Turnier. Und stolz berichtete sie, dass auch drei veritable Olympiasieger am Turnier teilnehmen: Alisa Hamzic, Lisa Preiß und Christian Stickel standen bereits bei den Special World Games im Juni in Berlin auf dem Treppchen, und sie waren auch hier am Start.

Auch für Zuschauer ein Erlebnis

Und auch diejenigen, die das Glück an diesem Tag nicht auf dem Rücken der Pferde, sondern auf Bierbänken und Hallenplätzen fanden, genossen die entspannte Atmosphäre des Turniers, bei dem auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt war. Sie wurden nicht müde, die einzelnen Wettbewerbe zu verfolgen und sie sparten auch nicht mit Ansporn und Beifall. In der Halle moderierte Andreas Kopp einfühlsam Schritt und Trab, und mehr noch: Seinem Auge, das schon so viele Turniere gesehen und moderiert hat, entging nichts. Dass etwa ein Pferd besser nochmal anhalten sollte, und ob Fürst Ferdinand, das Pferd, das offensichtlich auch ein bisschen Lampenfieber hat, tatsächlich bereit war für die Teilnahme.

Reiter von Klein bis Groß nahmen teil. Markus Brandhuber

Und schließlich strahlte auch Christian Stickel mit der Sonne um die Wette: Beim Landeschampionat ging er als Sieger hervor und durfte sichtlich stolz und gerührt ganz oben auf dem Treppchen – in diesem Fall stilecht der oberste Strohballen – seine Ehrung entgegennehmen. Und auch der neunjährige Kimi hatte Grund zum Strahlen, denn nach seinem Einsatz mit Gizmo hielt auch er einen Pokal in der Hand. Und es war schwer zu sagen, wer nun stolzer war: Christian Stickel, Kimi oder vielleicht auch Gizmo. Möglicherweise aber auch die Turnierleitung angesichts des gelungenen Tages für alle Gäste. Oder die Reitsportgemeinschaft Ugenhof mitsamt dem Verein zur Förderung des Behindertensports der Lebenshilfe Heidenheim, die hier abermals Früchte ihrer Arbeit ernten durften.

Ungezwungenes Miteinander

Die Reitsportgemeinschaft Ugenhof wurde 2009 gegründet, um Menschen mit und ohne Beeinträchtigung die Möglichkeit zu geben, das Reiten zu erlernen oder bereits vorhandene Kenntnisse zu vertiefen und zu verbessern. Der Unterricht umfasst neben dem Reiten auch die Vorbereitung der Pferde und den allgemeinen Umgang mit ihnen. Besonderen Fokus richtet der Verein dabei auf den integrativen Reitunterricht, in dem Reiter mit und ohne Handicap gemeinsam trainieren. Durch die gemeinsame Basis, das Pferd, soll sich ein ungezwungenes Miteinander ergeben und helfen, Ängste und Vorurteile abzubauen.

Der Verein arbeitet in enger Kooperation mit dem Verein zur Förderung des Behindertenreitsports e.V., der Lebenshilfe Heidenheim, der Reittherapieanlage Sonnenhof, der Freien Michaelsschule Heidenheim und der Reitanlage Ugenhof zusammen.