Es ist wie in einem jener Computerspiele, in denen man ganze Städte per Mausklick zusammenfügen kann und wo Material scheinbar unbegrenzt zur Verfügung steht: In Reih und Glied stehen auf der Herbrechtinger Reihenhaus-Großbaustelle auf dem früheren Liegelind-Areal die Paletten mit Fenstern, vorgefertigten Haustechnik-Paketen und bereits zurechtgeschnittenen Beplankungen für die Leichtbau-Innenwände bereit. Mehrmals am Tag rollen Lastwagen mit Beton-Fertigteilen heran, ein Kran hebt sie im Minutentakt an Ort und Stelle. Zwei bis zweieinhalb Häuser werden derzeit montiert – pro Tag. Fast so schnell wie im Computerspiel.
Dafür, dass auf der Baustelle alles wie am Schnürchen läuft, sorgt Bauleiter Michael Schönleber von der Deutschen Reihenhaus AG. Er überwacht, dass die Bautrupps verschiedener Firmen sich an den Zeitplan halten, jede Verschiebung würde die Termine durcheinanderwirbeln. Er hat nicht vor, das zuzulassen. Während an einer Stelle noch die Fertigteile zusammengefügt werden, arbeiten am anderen Ende der Baustelle schon Fensterbauer und Installateure. Die ersten Häuser sollen bis Dezember bezugsfertig sein.
Mieten statt kaufen: Ein Investor hat das Reihenhaus-Projekt übernommen
Der Zeitplan für den Bau der insgesamt 48 Häuser war vor einigen Monaten allerdings zunächst in Frage gestellt worden. Bis dahin hatte die Reihenhaus AG noch geplant, die Reihenhäuser zu verkaufen. Gestiegene Zinsen und andere Unsicherheiten ließen Interessenten jedoch zögerlich werden, das Unternehmen trat auf die Bremse und verkaufte das gesamte Projekt schließlich an einen Investor, der die Reihenhäuser jetzt fertig bauen lässt, um sie zu vermieten. Wichtigste Zielgruppe: junge Familien.
An dem Vorhaben gab es zuletzt Kritik im Herbrechtinger Gemeinderat. Stadtrat Hermann Mader (FWV) beklagte, dass es auf der Baustelle „keine Wertschöpfung für die örtliche Bauwirtschaft“ gebe. Sprich: Es sind auswärtige Unternehmen, die die Fertigteile oder Fenster liefern und alles montieren. Projektleiter Schönleber hat Verständnis für die Kritik und betont, man habe einzelne Gewerke auch regional ausgeschrieben, ein Auftrag für lokale Firmen sei aber nicht zustande gekommen. Ein Vorhaben dieser Größe brauche aber auch sehr schlagkräftige Firmen. Schönleber nennt ein Beispiel: Die Zimmerei habe nur wenige Wochen Zeit gehabt, um auf eine deutliche Änderung an den Dächern zu reagieren und die Elemente entsprechend vorzuproduzieren.
Grund dafür ist der Wunsch der Investoren, die Häuser möglichst energieeffizient zu bauen. Daher wurde die Dämmung optimiert, alle Häuser erhalten eine Photovoltaikanlage aufs Dach, die Heizzentrale wird mit einer hocheffizienten Wärmepumpe ausgestattet. Standardmäßig bekommen alle Häuser auch eine Einbauküche, ausgestattet mit Markengeräten aus deutscher Produktion, wie Daniel Filser betont.
Ab Spätsommer sollen die ersten Häuser auf den Mietmarkt kommen
Filser gehört zur Münchner Firma DW Effectum, die erklärtermaßen als „Vertreter der Investoren“ auftritt. Diese legten Wert darauf, nicht öffentlich zu werden, heißt es. „Wir wollen höchste Qualität bieten“, sagt Filser. Die über alle Häuser hinweg identische Ausstattung ermögliche es, in großen Stückzahlen entsprechend günstig einzukaufen. Ab Spätsommer sollen die ersten Häuser mit ihren 120 Quadratmetern Wohnfläche vermarktet werden, man gehe davon aus, dass die monatliche Warmmiete unter 2000 Euro liegen werde.
Daniel Filser und sein Kollege Dominik Stehr sind am Dienstag auch nach Herbrechtingen gekommen, um sich Bürgermeister Daniel Vogt vorzustellen. Die Stadt hat das Projekt in seiner ursprünglichen Form nicht nur vorangetrieben, in den Randbereichen des Areals entwickelt sie auch weitere Bauflächen. Man ist also an guter Nachbarschaft interessiert.
Vogt zeigt sich im Gespräch zufrieden, dass es eine Lösung für das Areal gibt. Die Situation sei „hervorragend gelöst“ worden. Mietimmobilien dieser Größe gebe es vor Ort derzeit nicht, insofern handele es sich um eine „tolle Ergänzung“.
Ein Kritikpunkt von Mader war auch, dass es nun keine Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger gebe, Eigenheime zu kaufen. Man konzentriere sich auf die Vermietung, bestätigt Filser. Es sei nicht der Plan der Investoren, einzelne Häuser zu verkaufen, man halte sich die Option dennoch offen. Die Fertigstellung soll jedenfalls schrittweise erfolgen. Während die Häuserreihe entlang der Bahnlinie derzeit montiert wird, betoniert ein Bautrupp entlang der Brenz die Bodenplatten für die zweite Reihe.