In manchen Gemeinden wird der Haushaltsplan abgenickt, Herbrechtingen zählt definitiv nicht dazu. Das stellte auch Hermann Mader (FWV) in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag ausdrücklich fest – schien damit aber nicht unzufrieden. So ganz zu erwarten war die ausführliche und kritische Debatte aber eigentlich nicht. Vor zwei Wochen bei der Einbringung des Haushaltsplans war Bürgermeister Daniel Vogt äußerst zufrieden mit dem Zahlenwerk. Stolze 21 Millionen Euro will die Stadt im kommenden Jahr investieren. Ein Rekord. Und das ohne die Aufnahme von Krediten. Der Haushaltsplan ist ausgeglichen und sieht ein positives Gesamtergebnis von 106.200 Euro vor.
Es sind die auf 2025 folgenden Jahre, die einigen Stadträten Sorgen machen. Großprojekte wie der Bibriscampus bringen erhebliche finanzielle Anstrengungen mit sich und so sollen auch wieder Kredite aufgenommen werden und der Schuldenstand könnte 2028 auf bis zu knapp 21 Millionen Euro steigen (Stand 2024: rund 9,5 Millionen Euro).
Matthias Sturm (FWV) äußerte Bedenken und sah Risiken: „Wir wissen nicht, in welcher Höhe wir Zuschüsse bekommen, wie die Gewerbesteuereinnahmen ausfallen und wie viele Grundstücke wir verkaufen. Wenn es nicht so gut läuft, müssen wir darauf vorbereitet sein.“ Er stellte den Antrag, in der geplanten Strategietagung im kommenden Oktober zu besprechen, wie man Ausgaben reduzieren oder Einnahmen erhöhen könnte.
Steuererhöhungen sind nicht eingeplant
Letzteres sei zwar das Einfachste, erwiderte Thomas Beißwenger (Grüne), stellte aber klar: „2028 einfach die Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen, das widerstrebt mir.“ Vorgesehen sei eine Erhöhung der Steuern bislang allerdings nicht, auch nicht 2028, entgegnete Bürgermeister Vogt.
Cornelia Stahl (Grüne) äußerte ebenfalls „Bauchschmerzen“, was die Verschuldung angeht. Man sollte alles tun, damit sie so niedrig wie möglich ausfällt. Sie befürwortete den Antrag von Sturm. „Aber wir sollten nicht erst im Oktober darüber diskutieren.“ Sie stellte den Antrag, das bereits in einer eigenen Klausursitzung im zweiten Quartal 2025 zu tun. „Damit wir unsere Ideen einbringen und sie auch noch umsetzen können.“
Dieses Wunschdatum machte allerdings der Stadtkämmerin Bauchschmerzen. „In so eine Sitzung möchte ich mit fundierten Zahlen reingehen und valide Zahlen kann ich erst im September oder Oktober liefern.“ Stahl hielt dennoch an ihrem Antrag fest. „Wir wissen, welche Bereiche viel Geld kosten, die Zahlen brauchen wir nicht auf den Pfennig genau.“
Jochen Afheldt (AfD) bat die Stadtkämmerin um eine Erklärung dafür, warum die Schulden ab 2026 überhaupt rapide steigen werden. „Das ist leicht erklärt: Wir investieren ordentlich“, so Lessner. Afheldt malte ein düsteres Bild der Gegenwart. Die allgemeine Lage werde nicht besser, man befinde sich im Sinkflug. Die Zukunft skizzierte er noch düsterer und sprach von einem bevorstehenden Sturzflug. „Und was machen wir, wenn wir die Schulden nicht bedienen können?“ Man riskiere einen finanziellen Crash.
Manfred Strauß: „Jetzt machen sich alle in die Hose“
„Ich halte es für falsch, alles schlechtzureden“, setzte Manfred Strauß (CDU) zu einer Gegenrede an. Viele Gemeinden wären froh, wenn sie so einen Haushalt hätten. Er freue sich, dass man investieren könne. „Die nächsten Jahre werden schwer, aber das wussten wir und wir haben Puffer eingebaut. Das ist alles nichts Neues. Wir kämpfen für unsere Gemeinde und für die Jugend. Den Umbau des Schulzentrums haben wir gemeinsam beschlossen und jetzt machen sich alle in die Hose.“
Für diesen Einwurf bedankte sich Matthias Sturm ausdrücklich. „Die Diskussion ging vielleicht in die falsche Richtung. Natürlich sind wir stolz auf das, was wir machen, aber im Grunde meines Herzens bin ich eben Schwabe.“ Er plädierte dennoch dafür, sich in „einer guten Phase“ darüber Gedanken zu machen, was zu tun ist, wenn es schlechter läuft. Von radikalen Maßnahmen sei man aber weit entfernt.
Martin Müller: „Ein Absturz ist nicht in Sicht“
„Unkenrufe von allen Seiten“ wurden von Martin Müller (FWV) kritisiert. „Die Wirtschaft und die Gesellschaft sind angespannt, aber wir sind weit entfernt von Sink- oder Sturzflug, Herr Afheldt.“ Die Verschuldung steige erst 2026. Gegebenenfalls werde sich das irgendwann in den Gebühren niederschlagen. Aber er sah auch Einsparmöglichkeiten, etwa bei der Musikschule. „Wir sind trotz aller Krisen in der Vergangenheit immer auf die Füße gefallen. Und ein Absturz ist nicht in Sicht. Es wird weitergehen und es kann gut weitergehen.“ Was Herbrechtingen sich für seine Bürger kosten lasse, sei enorm. Exemplarisch nannte er das Hallenbad und die Bibliothek. „Aber dass die Nachfrage nach Bauplätzen bei uns so hoch ist, liegt doch gerade an der guten Infrastruktur.“
Auf den Antrag von Cornelia Stahl, die kostspieligen Positionen im Haushalt schon im zweiten Quartal grob zu diskutieren, gab es nur zwei Ja-Stimmen. Dem Antrag von Matthias Sturm, sich mit Einspar- oder Einnahmemöglichkeiten in der Strategiesitzung im Oktober zu beschäftigen, folgte der Rat einstimmig. Der Haushalt soll am 23. Januar beschlossen werden.