Jetzt können Nägel mit Köpfen gemacht werden: Der Gemeinderat hat am Donnerstag den Bebauungsplan „Obere Wiesen – Zoeppritzstraße“ als Satzung beschlossen, was bedeutet, dass die beiden Mehrfamilienhäuser auf der Freifläche gegenüber dem Bolheimer Feuerwehrgerätehaus in der ursprünglich geplanten Version gebaut werden können. Zwei Häuser mit insgesamt 22 Zwei- und Dreizimmerwohnungen werden entstehen. Die Flachdachgebäude werden viergeschossig, wobei das oberste Stockwerk als sogenanntes Staffelgeschoss zurückgesetzt ist.
Der Herbrechtinger Gemeinderat diskutierte mehrfach
Der Weg dahin war zäh, weil sich einige Bolheimer gegen das Projekt gestellt hatten. Rückblick: Die Heidenheimer Firma Heinrich Hebel war zum ersten Mal im April 2024 im Bauauschuss öffentlichen zugegen und stellte das Konzept vor. Während der Ausschuss keine grundsätzlichen Einwände hatte, stieß das Vorhaben bei Anwohnern im Nachgang auf Kritik. Sie fürchteten unter anderem, die Flachdächer würden das Ortsbild stören. Daraufhin wurde ein Bürgerdialog einberufen. Hebel-Vertreter, die Stadtverwaltung und Anwohner einigten sich darauf, das Konzept zu überarbeiten. Ende Juni wurde das neue Konzept dem Gemeinderat vorgestellt. Das vierte Geschoss wäre demnach entfallen, damit aber auch vier Wohnungen und rund 300 Quadratmeter Wohnfläche. Außerdem sah die neue Variante Satteldächer anstelle von Flachdächern vor und die Gebäude wären rund 30 Zentimeter niedriger gewesen. Im Gemeinderat wurde über beide Varianten diskutiert, in der folgenden Abstimmung entschied man sich dann aber für die im April vorgestellte Flachdachvariante.
Daraufhin wurden von den Kritikern Mails an Stadträte verschickt, die HZ veröffentlichte Leserbriefe, in denen unter anderem Zweifel am Demokratieverständnis des Gemeinderats geäußert wurden. In einer weiteren Sitzung Ende Juli wurde das Vorhaben erneut diskutiert und die Verwaltung mit 17 Ja- und drei Nein-Stimmen beauftragt, den Bebauungsplan zu erstellen. Nach der Veröffentlichung des Entwurfs nutzten 17 Bürger die Möglichkeit, ihre Bedenken schriftlich zu äußern, zu denen am Donnerstag erneut Stellung bezogen wurde. Die wichtigsten Bedenken und die Stellungnahmen des Planungsbüro Kolb aus Steinheim und der Stadtverwaltung:
Das Flachdach
Erneut äußerten Bürger ihre Abneigung gegen die Flachdachbauweise, sie argumentierten unter anderem, dass ein Satteldach besser ins Ortsbild passe. Das sogenannte Staffelgeschoss füge sich keinesfalls harmonisch ins Ortsbild ein. Dabei sei im Stadtentwicklungskonzept eine „ansprechenden Bebauung“ vorgesehen. Genau das, so Planer Helmut Kolb, werde durch die architektonische Gestaltung, die Dachbegrünung und das vielseitige Wohnungsangebot berücksichtigt. Laut Kolb befinden sich in der Umgebung des Neubaus bereits Pult-, Flach- und Satteldächer.
Kolb erläuterte zudem die mit dem Landratsamt abgestimmte Entwässerungsstrategie. Das Plangebiet sei an einen bestehenden Mischwasserkanal angeschlossen. Aufgrund von öfter auftretenden Starkregenereignissen müssten die bestehenden Kanalsysteme entlastet werden. „Das Regenwasser muss daher sowohl versickern als auch verdunsten können.“ Letzteres werde durch Baumpflanzungen und die Dachbegrünung erreicht, was ein Flachdach notwendig mache. Er entkräftete auch das Argument, ein Satteldach sei besser für die Installation einer PV-Anlage geeignet. „Durch eine Aufständerung auf dem Flachdach ist die Anlage gleichwertig.“
Die Geschosse
Die Bürger bemängeln, dass auch die Höhe der Gebäude das Ortsbild verunstalten würden. Die Gebäude seien mit 9,40 Metern ähnlich hoch wie die direkte Nachbarschaft, so Kolb. Zudem würde die beiden Mehrfamilienhäuser nicht an die direkte Bebauung angrenzen. „Unserer Ansicht nach ist das zumutbar.“
Die Wohnungsgröße
Kritisiert wurde, dass nur Zweizimmerwohnungen geplant wären, die nicht für Familien mit Kindern geeignet seien, was zu Ein-Personen-Haushalten führen würde. Von reinen Schlafstädten für Pendler war die Rede. Kolb: „Es sind auch Wohnungen mit drei Zimmern für kleine Familien vorgesehen.“ Zudem werde man auch oder gerade in ländlichen Gegenden aufgrund des demografischen Wandels in Zukunft vermehrt kleine Wohnungen brauchen. Es ergäben sich Wohnbedarfe für Senioren, aber auch für Singles oder Paare ohne Kind. „In einen Ort gehören unterschiedliche Wohnformen und wir denken, dass der Bedarf da ist.“
Die Versiegelung
In Zeiten, in denen sich Unwetter und starke Hitze häuften, würden in Bolheim Gebäudekomplexe errichtet, die viel Fläche versiegeln, so der Vorwurf der Gegner. „Sorgt die Größe der Gebäude nicht auch für eine schlechtere innerdörfliche Luftzirkulation?“, wurde in einer Stellungnahme gefragt. Kolb: „Sowohl die Dächer der Häuser als auch die Garagen werden begrünt, was der Kühlung der Luftqualität und Belüftung dient.“ Zudem würden heimische Laubbäume gepflanzt. „Die Parkflächen werden nur reduziert versiegelt und offenporig gestaltet, um eine Verbesserung des Wohnklimas zu erreichen.“
Die Bürgerbeteiligung
Durch die Einreichung von Unterschriften von mindestens 60 Einwohnern von Bolheim und der Einlassungen im Bürgerdialog habe man versucht, klarzumachen, dass man eine derartige Bebauung ablehne, so die Gegner. „Der Gemeinderat war leider nicht bereit, die Anliegen der Bürger ernst zu nehmen.“ Kolb rekapitulierte erneut: „Das Projekt wurde in drei öffentlichen Ratssitzungen vorgestellt, es gab eine Bürgerinformationsveranstaltung. Auch wenn der Beschluss nicht dem entspricht, was sich die Kritiker wünschen, wurden die Bürger über ein Maß hinaus beteiligt, das sonst nicht üblich ist.“
Das Schlusswort gehörte Hermann Mader (FWV): „Der Worte sind genug gewechselt, jetzt lasst Taten folgen.“ Bei einer Gegenstimme wurde der Bebauungsplan als Satzung beschlossen. Laut Stadtbaumeister Dieter Frank will die Firma Hebel nach der Sommerpause mit der Vermarktung der Wohnungen beginnen. Der Baubeginn ist für das dritte Quartal 2025 geplant.