Jüngster Busfahrer im Landkreis Heidenheim

Warum Henrik Tham mit 17 das Gymnasium verließ, um Busfahrer zu werden

Eigentlich wollte der Herbrechtinger Henrik Tham Medizinprofessor werden – entschied sich dann jedoch mit 17, Busfahrer zu werden. Sechs Jahre später ist er immer noch der jüngste Busfahrer im Landkreis Heidenheim. Was seither geschah und warum er vehement für seinen Beruf wirbt.

Warum Henrik Tham mit 17 das Gymnasium verließ, um Busfahrer zu werden

Sollte irgendwann einmal ein deutscher Verkehrsminister vom ÖPNV so begeistert sein wie Henrik Tham, gäbe es bald sogar im hintersten Winkel der Republik Busverkehr im Stundentakt. Tham ist Busfahrer aus Leidenschaft.

„Ich sollte eigentlich Medizinprofessor werden, aber mein Interesse war das Busfahren“, sagt der 23-Jährige. Es war seine Oma, die den Enkel schon im weißen Arztkittel sah, Tham aber folgte seiner eigenen Philosophie: „Jeder soll machen, was er wirklich möchte, nicht, was andere in einem sehen.“ So könne man im Beruf zufrieden sein.

Tham stammt aus Herbrechtingen, arbeitet bei der Heidenheimer Verkehrsgesellschaft (HVG) und ist sehr wahrscheinlich der jüngste Busfahrer im Landkreis. Als Kind fuhr er jeden Tag mit dem Bus von Herbrechtingen zum Heidenheimer Werkgymnasium und war fasziniert von der Arbeit der Menschen hinter dem großen Lenkrad. Heute beschreibt er die Vorzüge seines Berufs deutlich rationaler: „Es ist eine schöne Vorstellung, viele Menschen bewegen zu können und auch noch etwas für die Umwelt zu tun.“

Mit 17 verließ der Herbrechtinger das Gymnasium, um Busfahrer zu werden

Irgendwann als Teenager beschloss Tham, seinen Traum wahr werden zu lassen. Er verließ das Gymnasium mit dem Realschulabschluss und begann mit 17 eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Im ersten Lehrjahr erwarb er erst einmal den Pkw-Führerschein, bevor er mit dem Busschein weitermachte. Die Ausbildung war durchaus breit gefächert. Tham lernte die unterschiedlichen Bustypen in der Werkstatt von ihrer technischen Seite her kennen, im Büro gewann er Einblicke in die Abläufe hinter dem Personennahverkehr. Das erste Mal am Steuer eines fast 19 Meter langen Gelenkbusses zu sitzen, haben ihm Respekt eingeflößt, aber er gewöhnte sich schnell daran, die Kolosse durch den Stadtverkehr zu lenken. Seine Ausbildung schloss Tham mit „sehr gut“ ab.

Heute arbeitet Tham zu 70 Prozent in der Verwaltung im Abocenter des Heidenheimer Tarifverbunds, kümmert sich um Monatskarten und neuerdings auch um das Deutschlandticket. „So viele neue Angebote wie zurzeit gab es noch nie“, sagt er. Die restlichen Stunden seines Arbeitstages verbringt er hinter dem Steuer. Morgens zwischen halb sieben und acht Uhr fährt er einen sogenannten Kurzdienst, transportiert beispielsweise Schulkinder von den Reutenen in die Stadt. Am Wochenende fährt er immer wieder auch einen der Shuttlebusse für FCH-Fans oder nachts den Discobus.

Er möge genau diese Linien, sagt er: „Es ist schön, wenn etwas los ist. Mir macht es auch Spaß, wenn die Leute gute Laune haben.“ Mit der Kundschaft, also den Fahrgästen, interagieren zu können und zu wollen, ist für Tham eine Grundvoraussetzung für den Job. Eine andere ist, Gelassenheit mitzubringen: „Kein Tag ist wie der andere, und wenn es mal wieder eine Umleitung gibt, muss man Ruhe bewahren können.“

Für den ÖPNV werden immer mehr Fahrerinnen und Fahrer gesucht

Die meisten der rund 80 Fahrerinnen und Fahrer bei der HVG sind angelernte Kräfte. Auch diesen Weg in den Beruf des Busfahrers gibt es, allerdings nicht mit der Tiefe, die Henrik Tham in seiner Ausbildung erfahren hat. Umso mehr glaubt er, dass sein Weg auch beispielgebend sein kann: „Der ÖPNV wird immer attraktiver“, sagt er, „also wird man auch immer mehr Fachkräfte brauchen.“

2020 hat Tham seine Ausbildung abgeschlossen. Fast drei Jahre später ist er immer noch der jüngste Fahrer. „Ich würde mich echt freuen, wenn ich da so langsam abgelöst würde“, sagt er und lacht. An ihm soll es jedenfalls nicht scheitern, Tham wirbt nach Kräften für den Beruf, auch bei der Heidenheimer Ausbildungsmesse im vergangenen Herbst stand er für Gespräche parat.

Bleibt noch die Frage nach seiner Oma. Hat sie es verwunden, dass der Enkel kein Arzt werden wollte? „Na, klar“, sagt Tham, „sie ist sehr stolz auf mich.“