Warum sich die Transportbranche im Landkreis Heidenheim über die wohl steigende Lkw-Maut ärgert
Die Bundesregierung macht Druck: Unter Tagesordnungspunkt Nummer 50 soll sich der Bundesrat am Freitag mit dem „Dritten Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften“ befassen. Mehr steht auf der Tagesordnung noch nicht, denn das Thema wurde erst am Donnerstag noch eilends auf die Liste gesetzt. Die Details, über die der Bundesrat abstimmen soll, sollen erst im Laufe der Sitzung vorgelegt werden. Zum 1. Dezember sollen die neuen Regelungen aber bereits umgesetzt werden.
Im Kern ist freilich längst bekannt, worum es bei dem unscheinbar benannten Gesetz geht, das eine ganze Branche in Aufregung versetzt: Die Bundesregierung will eine CO2-Maut einführen, durch die die bisherige Lkw-Maut von 19 auf 34,8 Cent pro Kilometer steigen würde – ein Plus von 83 Prozent. Ziel ist, den Umstieg auf emissionsfreie Antriebe und den Transport per Schiene zu forcieren. Teile der Mehreinnahmen sollen demnach in die Schieneninfrastruktur fließen.
Steigende Maut belastet die Transportunternehmer auch im Kreis Heidenheim
An der Umsetzbarkeit solcher Ziele zweifeln Menschen wie Thomas Schwarz. Gemeinsam mit seinem Bruder Hans-Günther ist er Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition in Herbrechtingen. Dass die Eile, mit der das Gesetz nun verabschiedet werden soll, ihn ärgert, muss Schwarz nicht betonen. Man hört es ihm an. „Es könnte keinen blöderen Termin für die Umsetzung geben“, sagt Schwarz. Der Grund: Die Unternehmen der Branche hätten laufende Verträge mit ihren Kunden, die meist bis Ende des Jahres liefen. Sprich: Spediteure und Logistiker müssen nicht nur neue Verträge aushandeln, in denen sich die steigenden Ausgaben niederschlagen, sie rechnen auch damit, dass sie zumindest für den Dezember die Mehrkosten selbst verbuchen müssen. „In der Branche sind die Margen gering, das kann niemand einfach wegstecken“, sagt der Spediteur. In Ostwürttemberg arbeiten nach seiner Einschätzung mehrere Tausend Menschen im Bereich Güterkraftverkehr und Logistik.
Es könnte keinen blöderen Termin für die Umsetzung geben.
Thomas Schwarz, Geschäftsführer
Die Branche ist sauer, man wittert hinter dem Gesetz schlicht eine Steuererhöhung, weil die Unternehmen die Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben müssten, bevor sie schließlich beim Endkunden ankämen. Die erwarteten Mehreinnahmen durch die neue Maut belaufen sich nach Berechnungen der Bundesregierung auf 7,62 Milliarden Euro. Aus Sicht der Unternehmen wäre die Erhöhung in diesem Umfang nicht nötig. Der Gesetzgeber habe für die CO2-Maut den Höchstsatz übernommen, den die Europäische Union vorsieht.
Dass eine betroffene Branche sich über steigende Kosten beklagt, ist nicht überraschend. Thomas und Hans-Günther Schwarz möchten das aber differenziert wissen: „Wir sind überhaupt nicht dagegen, mehr Transporte auf die Schiene zu verlagern“, sagen sie. Die Autobahnen seien voll und Fahrer schließlich knapp. „Wir haben in der Firmengruppe 800 Wechselbrücken, die auch für Bahntransporte geeignet sind“, sagt Thomas Schwarz. Viele Kunden wollten das aber gar nicht, so die Erfahrung der Schwarz-Brüder. Bahntransporte seien manchen Kunden zu wenig zuverlässig für eng getaktete Produktionsketten. Dennoch würden Thomas und Hans-Günther Schwarz es begrüßen, wenn die Mehreinnahmen in Milliardenhöhe tatsächlich in die Infrastruktur gesteckt würden. Das bezweifelt man in der Branche aber und sieht sich als „Steuereintreiber“ missbraucht. Laut Gesetzentwurf soll die Hälfte der Mauteinnahmen für den Bundesfernstraßenbau verwendet werden, der Rest „ganz überwiegend für Maßnahmen aus dem Bereich der Bundesschienenwege“.
Die Firma Schwarz aus Herbrechtingen will verstärkt auf E-Lkw setzen
Dass die Mauterhöhung die von der Politik erhoffte Lenkungswirkung hin zu einer emissionsärmeren Mobilität entfalten kann, bezweifelt man in der Transport- und Logistikbranche ebenfalls. Sie seien durchaus offen für mit Wasserstoff oder Strom betriebene Lastwagen, im Frühjahr will man bei Schwarz die ersten vollelektrischen Lastwagen für Mittelstrecken bis zu 400 Kilometer am Tag in Betrieb nehmen. Die Gebrüder Schwarz sehen in solchen alternativen auch eine Zukunft, aber: „Das wird leider nicht so schnell kommen, wie wir es uns wünschen und wie es die Politik fordert.“ Es werde noch einige Jahre dauern, bis ausreichend viele Lkw mit alternativen Antrieben zur Verfügung stünden. Aktuell sind von den rund 600.000 in Deutschland zugelassenen Lastwagen über zwölf Tonnen gerade einmal gut 3600 mit einem batterieelektrischen Antrieb ausgerüstet. Schwere Lkw mit Wasserstoffantrieb erwartet die Branche ab Mitte bis Ende des Jahrzehnts.
Für die nächsten Wochen rechnen die Unternehmer erst einmal damit, dass sie viele Gespräche mit Kunden werden führen müssen. „Wir müssen neu verhandeln, da bleibt uns nichts anderes übrig.“