Theater in St. Bonifatius Herbrechtingen

Wie das Badische Landestheater in Herbrechtingen die Judas-Geschichte anders erzählt

Um Judas und die großen Fragen der Menschheit ging es bei einer eindrucksvollen Theateraufführung in der Herbrechtinger Kirche.

80 Minuten lang waren rund 150 Zuschauer in der Herbrechtinger Kirche St. Bonifatius Zeugen einer beeindruckenden und faszinierenden Theateraufführung „Judas“. Veranstalter waren die beiden evangelischen und katholischen Kirchengemeinden von Herbrechtingen und Bolheim.

Aus dem Schatten der jahrhundertealten Schmähung tritt in diesem Stück Judas ins Rampenlicht, um zu zeigen, dass sich die Geschichte auch anders erzählen lässt. Als Dienst eines Freundes nämlich, der Jesus half, seinen Plan in die Tat umzusetzen: zu sterben, um damit unsterblich zu werden. War alles Vorbestimmung, freier Wille oder gar eine Verkettung unglücklicher Zufälle – derlei Themen wurden aufgeworfen.

Die Zuschauer blieben nicht teilnahmslos in den Bänken sitzen. Sie wurden mit einbezogen, es wurden Fragen gestellt. Wo wären Sie gewesen, damals, bei der Passionsgeschichte? Bei den Hosianna-Rufern auf der Straße oder doch lieber hinterm Fenster? Bei denen, die riefen: Kreuzige ihn oder denen, die Angst hatten und sich versteckten?

Große Fragen auch heute

Eines wurde deutlich: Die großen Fragen der Menschheit stellen sich heute genauso und sind so brisant wie damals vor 2.000 Jahren. Verstrickungen, Schuld, Angst, Zweifel oder Glaube? Das Handeln der Menschen ist meistens nicht eindeutig.

Dass Regisseur Wolf E. Rahlfs eine Schauspielerin als Judas einsetzt, entpuppte sich als ein gelungener Schachzug. Denn: bei diesem Thema spielt das Geschlecht keine Rolle. Und Alice Katharina Schmidt ist ein unglaublich starker Judas. Sie ist facettenreich, beherrscht die leisen wie die lauten Töne. Wirkt verletzlich, abgebrüht und aufgewühlt gleichermaßen.

Abgerundet wurde der Abend durch ein Gespräch mit der Hauptdarstellerin im Gemeindesaal unter der Kirche. Leben, Glauben und Zweifel konnten zur Sprache kommen, ebenso das Staunen darüber, dass eine Solo-Schauspielerin so viele Menschen in ihren Bann ziehen kann. Fazit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Veranstaltung: ein eindrucksvoller und zum Nachdenken anregender Beginn der Karwoche.

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