Energieversorgung

Wie das Biomasse-Heizkraftwerk Herbrechtingen für 20 Millionen Euro modernisiert werden soll

Das Biomasse-Heizkraftwerk Herbrechtingen soll fit für die Zukunft gemacht werden. Geplant sind Modernisierungen, die eine Ausweitung der Brennstoffe ermöglichen, und der Bau einer Fernwärmleitung in den Ort. Dafür bedarf es jedoch noch der Zustimmung des Gemeinderats.

20 Jahre ist es in Betrieb, jetzt wäre es an der Zeit, das Biomasse-Heizkraftwerk (Bio-HKW) im Vohenstein an der B19 zu modernisieren. Das ist zumindest das Ansinnen des Betreibers sowie der Stadtverwaltung. Der Zeitpunkt wäre für Herbrechtingen passend, denn – wie andernorts auch – werden hier derzeit eine kommunale Wärmeplanung ausgearbeitet und Möglichkeiten ausgelotet, Gebäude klimaneutral zu heizen. Bislang ist die Ausarbeitung dafür wenig konkret. Durch die Pläne der Biomasse-Heizkraftwerk Herbrechtingen GmbH, die zu WRZ-Hörger-Gruppe gehört, könnte sich das für Herbrechtingen nun relativ schnell ändern.

Strom für 33.000 Haushalte werden in Herbrechtingen erzeugt

100 Gigawattstunden Strom erzeugt das Heizkraftwerk und damit genug für 33.000 Haushalte. Die gleichzeitig produzierte Wärme wird bislang nur von umliegenden Industriebetrieben verwendet und bleibt zum großen Teil ungenutzt. Um künftig auch die Stadt mit Abwärme versorgen zu können, plant die GmbH auf eigene Kosten den Bau einer rund drei Kilometer langen Wärmeleitung zur Heizzentrale der Technischen Werke im Baumschulenweg. Das dort von der TWH betriebene Blockheizkraftwerk könnte dann auf den Einsatz von Gas verzichten und es könnte so bis zu ein Drittel des gesamten städtischen Wärmebedarfs gedeckt werden.

Die geplante Modernisierung umfasst mehrere Bausteine. Im ersten Schritt soll auf dem Areal neben dem Pelletswerk an der B19 eine rund 2500 Quadratmeter große Halle errichtet werden, um darin Brennmaterialien zu sortieren, aufzubereiten und zu zerkleinern. Derzeit existiert hier noch keine Halle und ein mobiler Schredder ist unter freiem Himmel im Einsatz. Im Kraftwerk selbst werden jährlich rund 140.000 Tonnen biogene Brennstoffe verwertet, also Holzabfälle aus der Region. „Kein Baum wird für unser Kraftwerk gefällt“, betont Geschäftsführer Bernd Hörger. Verbrannt werden unbehandelte Massivhölzer und Holzschnitzel, Baumschnitt, Rinde, aber auch beschichtete oder lackierte Massivhölzer und Spanplatten. Zugeordnet wird das alles den Altholzkategorien I und II.

Im ersten Schritt soll auf dem Areal neben dem Pelletswerk eine rund 2500 große Halle errichtet werden. Ansicht: Hörger

Aufgrund rechtlicher Vorgaben soll das bislang verbrannte Altholz jedoch stofflich verwertet werden. „Wenn Brennstoffe einem zweiten Leben zugeführt werden können, ist das natürlich sinnvoll“, sagt Hörger. Um den Brennstoffbedarf weiterhin decken zu können, will das Unternehmen zukünftig Altholz aus den Kategorien III und IV verbrennen und plant deshalb auch die Modernisierung der Kesselanlage inklusive Abgasreinigung. Zu diesen Altholzkategorien zählt, was nicht mehr anderweitig genutzt werden kann, etwa Gebrauchtmöbel wie Küchen mit PVC-Beschichtung, Konstruktionshölzer, Fensterrahmen und imprägniertes Holz. Außerdem sollen Verbundverpackungen und Abfälle aus der Papierproduktion genutzt werden. Der überwiegende Teil Materials bleibt laut Hörger biologischen Ursprungs.

„Entscheidend ist auch nicht, was unten reinkommt, sondern was oben rauskommt“, sagt Hörger und meint mit „oben“ den Schornstein. „Durch die Ausweitung der Brennstoffe werden die Grenzwerte für Emissionen noch strenger für uns.“ Mehrere Filterstufen sollen zu einer Verringerung führen und die Emissionen würden auch deutlich detaillierter erfasst und überwacht als bisher. „In der Technik hat sich in den vergangenen 25 Jahren einfach viel getan“, so Hörger weiter. „Nach der Modernisierung, in die wir rund 20 Millionen Euro investieren, werden noch weniger Abgase in die Umwelt gelangen als bislang.“

Der Herbrechtinger Gemeinderat entscheidet am 20. März

Um die Brennstoffquellen zu erweitern, muss jedoch die sogenannte Dienstbarkeit, die unter anderem regelt, was im Kraftwerk verbrannt werden darf und was nicht, geändert werden. Und hier kommt die Stadt bzw. der Gemeinderat ins Spiel. In der kommenden Sitzung am Donnerstag, 20. März, soll der Rat, der laut der Verwaltung über die Modernisierungspläne bereits nichtöffentlich informiert wurde, grundsätzlich seine Zustimmung zum Erweiterungs- und Modernisierungskonzept bekunden.

Jedenfalls hofft die Stadtverwaltung auf die Zustimmung. Denn: „Mit der bisherigen Regelung ist ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb des Heizkraftwerkes und damit eine Belieferung der Stadt mit Wärme aus erneuerbaren Energien nicht möglich“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Hinzu kommt, dass die 20 Jahre geltende Grundvergütung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz entfällt. All das mache die Modernisierung notwendig, um das Kraftwerk weiterhin wirtschaftlich betreiben zu können. Und auf letzteres hofft man im Rathaus. „Das Thema Klimaneutralität treibt bei vielen Verantwortlichen Sorgenfalten ins Gesicht“, sagt Bürgermeister Daniel Vogt. „Unser Schlüssel ist das Biomasse-Heizkraftwerk. Nicht viele Kommunen haben so eine Möglichkeit und müssen bei null anfangen.“ Der gesellschaftliche Nutzen der Modernisierung sei für Herbrechtingen groß und es sei eine wichtige Weichenstellung für die Energieversorgung der Zukunft – ganz unabhängig von den Farben der Regierung.

Unabhängiges Ingenieurbüro aus Tübingen beauftragt

Auch hat die Stadt im Vorfeld ein unabhängiges Ingenieurbüro für technischen Umweltschutz mit der sogenannten fachtechnischen Bewertung einer „angepassten Grunddienstbarkeit“ beauftragt. „Wir wollten, dass das Thema neutral und objektiv angeguckt wird“, erklärt Stadtbaumeister Dieter Frank. Die Ergebnisse werden in der Sitzung am Donnerstag vorgestellt und liegen der HZ in Auszügen vor. Grundsätzlich kam das Ingenieurbüro Frank Dröscher aus Tübingen demnach zum Ergebnis, dass die Erweiterung des Brennstoffes aus Sicht der Luftreinhaltung unschädlich sei, sofern Anforderungen aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz eingehalten werden. Dazu gehören unter anderem eine umfangreiche Aufnahmekontrolle der Einsatzstoffe mit Beprobung, eine geschlossene Lagerung mit Ablufterfassung, die Gewährleistung von vollständigem Ausbrand der Stoffe sowie eine kontinuierliche Emissionsüberwachung. Das sehen Stadt und Kraftwerksbetreiber als gegeben an.

Das Ingenieurbüro rät zudem, die Verbrennung von etwa geruchsintensiven, infektiösen oder quecksilber- oder schwermetallhaltigen Materialien auszuschließen. Insbesondere nennt das Büro hier unsortierte Siedlungsabfälle, aber auch Grüngut und Küchenabfälle. Die Verbrennung solcher Stoffe war laut Bernd Hörger aber ohnehin nie vorgesehen. „Technisch wäre das in der Anlage problemlos möglich, aber das ist nicht unser Anspruch“, so der Geschäftsführer. „Niemand soll sich Kopfzerbrechen machen müssen.“

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