Am Rande Bolheims Richtung Mergelstetten soll ein neues Baugebiet entstehen. Nicht heute und nicht morgen, aber – so die Hoffnung der Stadtverwaltung – vielleicht binnen zehn Jahren. Um das zu erreichen, hat sich die Stadt jetzt das besondere Vorkaufsrecht der Flächen im Bereich „Viehweide Ost – Innere Krautgärten“ gesichert.
Es gibt zwei Arten von Vorverkaufsrechten, ein allgemeines und ein besonderes. Beim allgemeinen handelt es sich um eine gesetzliche Regelung, die etwa ein Vorkaufsrecht für Flächen, die in einem Bebauungsplan liegen und für eine öffentliche Nutzung vorgesehen sind, beinhaltet. Im Bereich „Viehweide Ost – Innere Krautgärten“ gibt es allerdings keinen Bebauungsplan.
In zehn Jahren ein neues Baugebiet in Bolheim?
Daher wurde in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats das besondere Vorkaufsrecht als Satzung geschaffen und beschlossen. Das bedeutet, dass die Stadt nach Abschluss eines Kaufvertrags über ein Grundstück zwischen dem Verkäufer und einem Dritten die Fläche bevorzugt erwerben kann. Das besondere Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung rechtfertigt. „Und das ist der Fall, weil hier mittel- beziehungsweise langfristig unser nächstes Wohngebiet entstehen soll“, erläuterte Stadtbaumeister Dieter Frank. Bodenvorratspolitik sei dafür ein probates Mittel. „Wir müssen genügend Grund sammeln, um Bauland zu schaffen.“ Zehn Jahre hält Frank dafür für realistisch.
Damit in Herbrechtingen und seinen Teilorten weiter Wohnraum entstehen kann, werden sowohl Flächen im Innen- als auch im Außenbereich benötigt. Das sieht das Stadtentwicklungskonzept 2035 vor. „Wir haben außen aber kein Eigentum mehr“, so Frank. Daher nahm man das Gebiet der Krautgärten beziehungsweise der Viehweide Ost in den Blick. „Wir werden das Gebiet aber sicher nicht auf einen Schlag erschließen.“
Der Gemeinde gehört laut Frank jetzt bereits etwa ein Zehntel der Fläche in diesem Bereich. Nun werde man auf Eigentümer zugehen, um einen Verkauf zu forcieren. Das besondere Vorkaufsrecht eröffne die Option, in Kaufverträge einzuschreiten, ein Muss ergibt sich daraus allerdings nicht. Der Gemeinderat werde im Einzelfall entscheiden, ob das Vorverkaufsrecht wahrgenommen wird oder nicht.
Kann sich Herbrechtingen die gehandelten Preise leisten?
„Die Flurstücke dort werden jetzt schon preislich höher gehandelt, als was die Stadt bieten kann“, teilte Thomas Beißwenger (Grüne) mit. „Warum weisen wir das nicht einfach als Bauland aus?“ Das sei der nächste beziehungsweise parallel erfolgende Schritt, antwortete Dieter Frank. Der Beschluss zum besonderen Vorkaufsrecht gelte jedoch ab sofort. „Und wir wollen so schnell wie möglich starten.“ Bürgermeister Daniel Vogt ergänzte: „Wir nehmen wahr, dass dort rege Verkäufe stattfinden. Und wir wollen als Stadt nicht nur Zuschauer sein, sondern mitmachen.“
„Die Gemeinde will also in Kaufverträge reingrätschen. Wieso überlässt man das nicht dem freien Markt?“, wollte Jochen Afheldt (AfD) wissen. Dieter Frank dazu: „Weil der freie Markt hier versagt. Es ist das ureigene Ziel und die Aufgabe einer Gemeinde, Baugrund zur Verfügung zu stellen. Und zwar für die Allgemeinheit und nicht für einen kleinen Teil der Bevölkerung, der dort dann entwickelt, was er oder sie will.“ Dem stimmte auch Hermann Mader (FWV) zu. „Es geht hier um das Allgemeinwohl und nicht um Einzelinteressen. Nur indem wir als Kommune Bauland entwickeln, stellen wir sicher, dass man den Bürgern Baugrund einigermaßen kostengünstig anbieten kann, ohne dass sich Einzelne bereichern und die Preise explodieren.“
Thomas Österle (CDU) teilte seine Freude über den Plan mit und fragte, ob man sich auch für unbewohnte landwirtschaftliche Flächen, die nur als Unterstellplatz genutzt werden, ein besonderes Vorkaufsrecht sichern könne. Der Stadtbaumeister will das nun prüfen. Für das Gebiet „Viehweide Ost – Innere Krautgärten“ stimmte der Gemeinderat mehrheitlich der Schaffung einer Vorkaufsrechtssatzung zu.