Kommt ein Kind auf die Welt, steht das Leben Kopf. Und auch die Geburt ist eine höchst außergewöhnliche Situation. Das gilt für werdende Mütter genauso wie für werdende Väter. Helen Scharnowski ist zehnfache Mutter und weiß das nur zu gut. Auch weil sie selbst sehr erfahren in Sachen Schwangersein und Geburt ist, hat sie sich vor drei Jahren zur Doula ausbilden lassen.
Das Wort Doula kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „Dienerin der Frau“. Doulas begleiten Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbett – nicht medizinisch, sondern auf emotionaler und mentaler Ebene. „Ziel ist es, den werdenden Müttern Angst und Anspannung zu nehmen, insbesondere bei der Geburt“, sagt Helen Scharnowski.
Doulas können und wollen Hebammen nicht ersetzen. Im Idealfall arbeiten sie zusammen. „Hebammen machen sehr viel“, sagt Helen Scharnowski. „Aber im Krankenhaus treffen die Frauen meist auf Geburtshelferinnen, die sie nicht kennen. Und die Hebammen dort müssen mehrere Frauen gleichzeitig betreuen.“ Weil eine Eins-zu-eins-Betreuung wichtig, aber kaum möglich sei, möchte sie als Doula bei der Geburt die Konstante an der Seite der Frau sein. Sie beruhigt, berät und bestärkt. Sie veratmet die Wehen mit, nimmt in den Arm und massiert. Aber wäre dafür nicht eigentlich der werdende Vater zuständig? „Auch die brauchen bei der Geburt mal eine Pause“, sagt Helen Scharnowski. „Und sie wissen oft nicht, wie sie ihrer Partnerin in dieser Ausnahmesituation helfen können. Ich unterstütze sie dabei.“
Hebammen und Doulas konkurrieren nicht
Nora Loy hat schon mehrere Klientinnen gemeinsam mit Helen Scharnowski betreut. „Und ich muss sagen: Es war einfach schön und ein toller Benefit für die Frauen“, sagt die Heidenheimer Hebamme. Ihre Arbeit und das Angebot der Doulas hätten ganz andere Schwerpunkte, sie konkurrieren nicht, können sich aber gut ergänzen. „Unser Fokus liegt auf der Medizin“, sagt Nora Loy. „Und eine Doula ist wie die beste Freundin unter der Geburt und kümmert sich um das seelische Gleichgewicht der Frau.“
Eine Eins-zu-eins-Betreuung bei der Geburt sei zwar schon lange ein Anliegen der Hebammen. „Aber unter den aktuellen Bedingungen ist das nicht möglich. Und auch durch die bescheidene Gebührensituation können wir Hebammen die emotionalen Bedürfnisse der Frauen nicht immer so auffangen, wie wir möchten.“ Sicherlich gebe es Hebammen, die es nicht gern sehen, dass jemand anderes im eigenen Berufsbild mitmischt. „Aber eine Doula ist eine Ergänzung, die den Frauen helfen kann.“
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Dass schwangere Frauen sich bei der Geburt von Doulas unterstützen lassen, ist in der Region zwar noch nicht sehr verbreitet. In Großstädten und auch in den USA ist das laut Helen Scharnowski bereits Usus. Und neu ist die Tätigkeit der Doulas nicht. „Es waren schon immer erfahrende Frauen bei den Geburten dabei, denen die werdenden Mütter vertrauen und die sie unterstützen“, so die 48-Jährige.
Unterstützung beim zweiten Kind
Die meisten ihrer Kundinnen kommen zu Helen Scharnowski, bevor sie ihr zweites Kind bekommen. So war es auch bei Lea Opolka aus Steinheim. Ihr erstes Kind kam während Corona zur Welt – und damit unter erschwerten Bedingungen. „Das war nicht die schönste Erfahrung für mich und meinen Mann“, sagt die 26-Jährige. Beim zweiten Kind holte man sich Unterstützung von Helen Scharnowski. „Schon vor der Geburt haben wir über meine Wehwehchen und Ängste gesprochen“, beschreibt Lea Opolka. „Natürlich ist jede Geburt anders und es geht nicht nach Plan, aber es hat mir geholfen, im Vorfeld schon einen kleinen Leitfaden zu erstellen.“
Die „dritte Frau“ im Kreißsaal
Während der Geburt habe sich Helen Scharnowski dezent im Hintergrund gehalten, so Lea Opolka. „Aber sie war immer da, wenn ich etwas brauchte, und wusste intuitiv, was sie oder mein Mann für mich tun können.“ Die Hebamme im Klinikum sei ebenfalls toll gewesen und habe nichts gegen die Unterstützung der Doula einzuwenden gehabt. Auch Dr. Carina Paschold, Leiterin der Geburtsklinik und Frauenheilkunde auf dem Schlossberg, hat prinzipiell nichts gegen Doulas im Kreißsaal. „Wenn man den Rahmen definiert, läuft das unserer Erfahrung nach problemlos.“
Und so kam am 30. August 2024 Valeria Opolka auf die Welt. Nicht nach Fahrplan, aber es ging alles gut und auch überraschend schnell. Ob das an den Massagen und der Anwesenheit der Doula lag, kann natürlich niemand sagen. Aber sollte das Paar noch ein Kind bekommen, würden sie sich wieder begleiten lassen. Lea Opolka: „Mein Mann würde immer wieder Helen dabeihaben wollen.“
Die Doula
Doula bezeichnet eine geburtserfahrene Frau, die einer werdenden Mutter während Schwangerschaft und Geburt zur Seite steht. Krankenkassen bezahlen die Arbeit einer Doula nicht, Eltern müssen die Kosten selbst tragen. Für das Komplettpaket mit Betreuung während der Schwangerschaft, der Geburt (inklusive Rufbereitschaft) und im Wochenbett berechnet eine Doula zwischen 800 und 1200 Euro. Ihre Ausbildung zur emotionalen Geburtsbegleiterin hat Helen Scharnowski vor drei Jahren beim Verein Doulas in Deutschland absolviert. Noch sei sie die einzige Doula im Kreis Heidenheim. „Es gibt welche in Günzburg, Ulm und Aalen“, so Scharnowski. „Aber das darf sich gern noch weiter etablieren.“