Wie sich der Kabarettist Stefan Kröll gegen Selbstmitleid und Jammern stemmt
Der Karl-Saal im Kloster Herbrechtingen war gut besucht, als der bayerische Kabarettist Stefan Kröll ganz unspektakulär die Bühne betrat. Er sei weit gefahren, sagte er, eigentlich sei er selten so weit weg von zu Hause – von einem kleinen Dorf irgendwo zwischen München und Rosenheim.
Kröll plauderte über die verschiedensten Themen aus seinem Alltag, über seine Beobachtungen und kam vom einen zum anderen. Alles, was er wie nebenbei streifte, war von feinem Humor und oftmals, wenn man schon dachte, der Satz sei zu Ende, wurde noch eine hintergründige Pointe nachgereicht. Ob es um die Landtagswahlen in Bayern ging, um die 100-Jahr-Feier der Schweine-Innung in Mühldorf-Altötting, seine Erfahrungen als Junge, wenn man jedes Wochenende mit den Eltern in die Berge musste, und die geheime Sprache der Erwachsenen über die allerbesten Wege zu den verschiedenen Gipfeln, alles floss mühelos ineinander, machte Schlenker und fand doch immer wieder zurück zum Ausgangspunkt. Kröll, Jahrgang 1970, beklagte selbstironisch und mit vielen Lachern aus dem Publikum beantwortet sein Älterwerden, die Sturheit seiner Tochter und kam dann mit einem herrlichen Schlenker über das bayerische Granteln zum Thema des Abends: Aufbruch.
Plädoyer für Aufbruch
Es sei mehr als Zeit, endlich aus dem Selbstmitleid und ewigem Jammern zu etwas Neuem überzugehen. Grundsätzlich immer anderen die Schuld zu geben für das eigene Scheitern, sei es der Politik, den Eltern, der Kindheit, dem Genpool, sei nicht nur nervtötend für die Mitmenschen, sondern es sei nun endlich dran, sich weniger in den Problemen zu suhlen als vielmehr, sich auf Lösungen zu konzentrieren. Wenn es nach ihm ginge und man ein Wort aus dem Sprachschatz verbannen könne, wäre das „Stress“. Sobald man das ausspreche, und das passiert ja dauernd, das sei ja wie ein selbst gemachtes Qualitätssiegel, verändere das nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die Fähigkeit, wirklich nach vorne zu schauen. Er erzählte von einem befreundeten Meister, der in seiner Firma das Wort nicht mehr verwende. Der gesamte Betrieb sei seit Jahren immer erfolgreicher, und dies nicht, weil die Mitarbeiter immer noch mehr leisten müssen, sondern weil durch einen anderen Ansatz – gemeinsam nach Lösungen zu suchen, statt fortwährend nur Probleme zu benennen – eine wesentlich größere Zufriedenheit und gemeinsamer Erfolg bei allen entstanden sei. Zeit für Aufbruch. Natürlich in der ganzen Gesellschaft. Und das sei keine Frage des Alters. Er erzählte von einer über 90-jährigen Künstlerin, die, nach ihrem Alter befragt, sagte: „Es kommt doch nicht auf die Karosserie an, sondern auf die Einstellung!“ Und dann fiel Kröll ein: „Oh Gott, Söder ist erst 57!“
Viele Medien nicht der Zukunft zugewandt
Auch dass sich viele Medien nach wie vor darin überbieten im Wettbewerb, wer die meisten schlechten Nachrichten verbreitet, gewinnt, sei alles andere als lösungsorientiert oder der Zukunft wirklich zugewandt. Er ging über zu Ernest Hemingway („Ich lese Kalendersprüche“) und trug dessen Zitat in einem herrlich witzigen Song am Klavier vor: „Man braucht drei Jahre, um sprechen zu lernen, und 50, um schweigen zu lernen.“ Das Lied war gespickt mit absurden Alltagssituationen zwischen Eheleuten, Eltern und Kindern und anderen Begegnungen. Dann kam er zu Hannibal, der Liebe zwischen Rasenrobotern, der Macht von Sprache und dem Üben, sich Werbeanrufen am Telefon zu entziehen („Schweig, du Knecht!“) – wo es dann seinen Steuerberater traf – und allerlei Vergnüglichem mehr, das Kröll mit hintersinnigen Bezügen darbot. Das Publikum lachte viel und war sichtlich zufrieden mit dem Programm. Auch Kröll sagte anerkennend zu den Zuschauern: „Die weite Reise hat sich gelohnt!“
Die nächsten Veranstaltungen
Die nächsten Veranstaltungen der Musikschule Herbrechtingen: Am 1. Dezember gibt es ein Benefizkonzert der „Life For All“-Band und am 2. Februar 2024 erklärt der Berliner Kabarettist und Pianist Christoph Reuter in seinem Programm: „Alle sind musikalisch! (außer manche)“.