Wie viel Geld bringt der Windpark im Herbrechtinger Stadtwald?
Die in Rheinland-Pfalz ansässige Juwi GmbH wird im Waldgebiet „Schönbühl“, nordwestlich des Ugenhofs, auf Teilflächen des Herbrechtinger Stadtwalds einen Windpark planen. Diesen Beschluss fasste der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig.
Sollten die drei Windkraftanlagen gebaut werden, kann die Stadt über eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren hinweg offenbar mit Pachteinnahmen in einem niedrigen zweistelligen Millionenbereich rechnen. Der Zeithorizont ist freilich ein weiter: Juwi rechnet mit einer Inbetriebnahme gegen Ende des Jahrzehnts.
Herbrechtingen: Aktive Rolle im Klimaschutz
Bürgermeister Daniel Vogt warb in der Sitzung intensiv für den Windpark auf städtischer Fläche. Herbrechtingen könne auf diese Weise, so Vogt, „eine aktive Rolle im Klimaschutz“ einnehmen. Außerdem könne man auf diese Weise einen Schritt in Richtung der gesetzlich geforderten Klimaneutralität machen. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine sei es, so Vogt, auch für Kommunen wichtig, sich durch den Aufbau einer eigenen Energieerzeugung stärker unabhängig zu machen.
Aus lokaler Sicht sei es außerdem wichtig, fügte Vogt hinzu, „das Heft des Handelns in die Hand“ zu nehmen. Sprich: Windkraft solle rund um Herbrechtingen vorzugsweise dort genutzt werden, „wo es der Kommune und damit unserer gesamten Bürgerschaft etwas bringt“.
Jährlich deutlich mehr als eine halbe Million Euro an Pacht
Den potenziellen finanziellen Nutzen bezifferte Vogt in seiner Rede auch in Euro – zumindest grob: Drei interessierte Bieter hatten sich um den „Schönbühl“ beworben, im Durchschnitt hätten sie 180.000 Euro pro Jahr und Windkraftanlage geboten, also jährlich 540.000 Euro, garantiert über eine Vertragslaufzeit von 20 Jahren. Das wären knapp elf Millionen Euro für die Stadtkasse. Die tatsächliche Pachtsumme dürfte noch höher ausfallen, zumal Bürgermeister Vogt im Rat erklärte, das Angebot von Juwi liege „deutlich über der durchschnittlich angebotenen Jahrespacht“.
Auch der mögliche Beitrag zur Energieversorgung ist durchaus stattlich: 30 bis 45 Millionen Kilowattstunden könnten die drei Anlagen Vogt zufolge jährlich produzieren. Im Blick hat die Juwi derzeit Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von knapp 200 Metern und einem Rotordurchmesser von 172 Metern. Die Gesamthöhe läge damit bei 285 Metern. Stefan Roll, Projektleiter von Juwei, sagte im Rat, man rechnen sogar mit einer Jahresleistung von 45 bis 60 Millionen Kilowattstunden.
Mehr als die Hälfte des Herbrechtinger Verbrauchs aus erneuerbaren Quellen
Schon jetzt werden durch Photovoltaikanlagen und kleine Wasserkraftwerke in Herbrechtingen jährlich 15 Millionen Kilowattstunden Strom regenerativ erzeugt. Auf Basis dieser Angaben würde der Windpark dazu beitragen, künftig mehr als die Hälfte des Herbrechtinger Strombedarfs von rund 90 Millionen Kilowattstunden jährlich regenerativ zu erzeugen.
Bis Strom und Einnahmen fließen, ist allerdings noch ein weiter Weg zurückzulegen. Wie Juwi-Mitarbeiterin Martha Müller erklärte, werde die Kartierung der Flächen bis Ende 2025 dauern, die Antragstellung könne dann ab 2027 erfolgen. Mit einer Inbetriebnahme sei bis Mitte oder Ende 2029 zu rechnen. Diese Aussichten führten zu deutlichem Raunen im Rat. „Ja, das sind schockierende Zahlen“, räumte Müller ein. Projektierer wie die Firma Juwi seien „vom Gesetzgeber abhängig“, zudem seien die Kapazitäten von Fachleuten begrenzt, die man etwa für die vorbereitenden Untersuchungen benötige. Allerdings hoffe die Branche darauf, dass die Politik sich zu einer Beschleunigung der Verfahren entschließe, so Müller. Insgesamt sei sie aber durchaus optimistisch: „Wir wären nicht hier, wenn wir kein gutes Gefühl hätten.“
Gut ein halber Hektar Rodungsfläche pro Windrad
Martin Müller von der FWV-Fraktion wollte von den Juwi-Vertretern wissen, wie stark der Einfluss auf den Wald sein werde. Martha Müller erklärte, pro Windkraftanlage werde man etwa 6000 Quadratmeter dauerhaft freihalten müssen. Darauf wird einerseits die Anlage samt Fundament gebaut, es würden aber auch verdichtete Kranplätze bereitgehalten, die nach dem Bau zum Beispiel bei Reparaturen benötigt würden. Zudem müssen für die Anlieferung der Bauteile Waldwege auf fünf Meter verbreitert werden. Im Moment gehen die Planer davon aus, dass die Baustelle über die L1165 zwischen Sontheim/Stubental und Gerstetten beliefert werden könnte.
„Wir treffen heute eine weitreichende Entscheidung für die Stadt“, sagte Hermann Mader (FWV) und dankte den Verantwortlichen im Rathaus, dass sie „so schnell gehandelt haben“. Immerhin hätten die Herbrechtinger Bürgerinnen und Bürger genau dies im vergangenen Jahr bei den Vorbereitungen zum Stadtentwicklungskonzept angeregt.