Einen Blick nach vorn und einen zurück warf am Sonntagvormittag Hermaringens Bürgermeister Jürgen Mailänder beim Neujahrsempfang der Gemeinde. Zurück auf ein Jahr, in dem sich die Welt von ihrer dunklen Seite gezeigt habe. Mailänder sprach hier vom nach wie vor andauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, dem Nahostkonflikt, Naturkatastrophen und dem Klimawandel. Alles in allem „nicht gerade ermutigend“.
Nur auf Hermaringen geblickt, sehe die Welt aber durchaus heller aus. „Der Blick zurück auf das vergangene Jahr macht mich, was unsere Heimatgemeinde betrifft, sehr zufrieden“, so Mailänder. Dankbar könne man sein für das „wunderbare Miteinander in unserer Gemeinde“ und das Erreichte. Hier erinnerte der Bürgermeister unter anderem an die Fertigstellung der neuen Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Bahnlinie, den Bau des Pumptracks bei den Sportanlagen auf dem Kupferschmied, des Multisportfelds bei der Güssenhalle, den Abschluss der Kläranlagensanierung und den neuen Hermaringer Wochenmarkt.
Den ökologischen Fußabdruck reduzieren: Bürgerenergiegenossenschaft, Windpark, Wärmeplanung
Besonders hervor hob Mailänder zudem die Bürgerenergiegenossenschaft mit ihren PV-Anlagen auf dem Rathaus, der Güssenhalle und anderen Gebäuden der Gemeinde. Im Laufe des 13-jährigen Bestehens der Genossenschaft habe man nun schon rund drei Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt – dies, so Mailänder, entspreche dem Jahresbedarf von rund 860 Haushalten. Nicht zuletzt sei die Genossenschaft, an der mittlerweile 200 Personen Geschäftsanteile im Wert von mehr als einer Million Euro erworben hätten, auch ein Beitrag Hermaringens zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks. Mit dem geplanten Windpark von Vattenfall im Gemeindewald sowie dem frühen und freiwilligen Vorantreiben einer kommunalen Wärmeplanung trage man weiter dazu bei, „unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Umwelt zu erhalten“.
Kritik äußerte Mailänder an der Bürokratie, die manchmal über die Vernunft siege. So etwa im Fall des erwähnten Stegs über die Bahnschienen. Um Fördergelder in Höhe von 600.000 Euro zu erhalten, musste die Brücke mit einer Breite von vier Metern gebaut werden. Für Hermaringen wären drei Meter völlig ausreichend gewesen, erinnerte Mailänder. Den Hinweis der Gemeinde habe das Verkehrsministerium aber nicht berücksichtigt – wegen bestehender Richtlinien.
Mailänders Kritik: Wie ein Gesetz neue Wohnbauten verhindert
Als weiteren „Witz in einer ländlich geprägten Gemeinde“ nannte Mailänder das Bundesimmissionsschutzgesetz, das eine Bebauung der Brachfläche an der Ecke Karl-/Friedrichstraße sowie des Wikora-Areals verhindere. Weil künftigen Bewohnern ein Klagerecht wegen landwirtschaftlicher Gerüche eingeräumt werde, blieben fertige städtebauliche Konzepte bislang in der Schublade.
Neue Herausforderungen werde man in Hermaringen dennoch mit Mut, Engagement und Zuversicht angehen, so Mailänder weiter. Darunter im Jahr 2024 etwa die Fertigstellung der Erschließung des Gewerbegebiets Berger Staig Ost, die Sanierung von Pumpwerken und Regenbecken sowie den flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes. Freuen könne man sich auch auf die Eröffnung der neuen Zahnarztpraxis in Räumlichkeiten über der Volksbank.
Mailänder: "Ich bitte Sie inständig: Gehen Sie wählen."
Hermaringens Bürgermeister richtete im Rahmen seiner Neujahrsansprache auch einen Appell an alle Anwesenden in der Güssenhalle. Mailänder forderte dazu auf, das „Wir“ über das „Ich“ zu stellen. Dies in Bezug auf konkrete Vorhaben und Projekte, wie den geplanten Glasfaserausbau in der Gemeinde sowie die Unterstützung der örtlichen Bürgergesundheitsgenossenschaft Grüne Aue.
Wohl aber zielte Mailänders Aufruf auch aufs Politische ab: Rechtspopulistische Strömungen nähmen in beängstigender Weise zu, so der Bürgermeister. „Man kann es nicht oft genug betonen, dass diese Ansichten keine Lösungen für unsere Probleme bieten, sondern nur auf die Spaltung der Gesellschaft aus sind.“ Es müsse wieder mehr ins Bewusstsein rücken, dass Frieden, Freiheit und Wohlstand nicht selbstverständlich seien, sondern demokratische Errungenschaften. Diese gelte es, aktiv zu bewahren.
„Ich bitte Sie inständig: Gehen Sie wählen“, forderte Mailänder im Hinblick auf die Kommunalwahl am 9. Juni auf. Gleichzeitig ermunterte Mailänder die Anwesenden, sich für das Amt des Gemeinderats zur Wahl zu stellen. „Als Mitglied des Gemeinderats haben Sie die einmalige Chance, die Zukunft unserer Gemeinde aktiv mitgestalten zu können.“