Kai Hönig ist ein Tüftler. Er tüftelt in seinem Beruf, in seiner Freizeit „und wenn es im Urlaub was zu bauen gibt, ist das auch immer willkommen“. Seit geraumer Zeit ist ein ausrangiertes Löschgruppenfahrzeug 8 (LF 8), Baujahr 1986, das größte Projekt des Hermaringers – auch auf Reisen. Zuletzt ist der 30-Jährige mit seiner Freundin und dem LF 8 durch die Benelux-Länder gereist. Mit dem knallroten Löschfahrzeug als fahrendes Zuhause ging es zwölf Tage lang von Campingplatz zu Campingplatz.
Ich wollte, dass es original und in der Region bleibt
Kai Hönig
Es war bei weitem nicht Hönigs erste Reise dieser Art. Ergattert hat er den Oldtimer im Januar 2022 von der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Heimatort Hermaringen. Die hatte nach über 30 Einsatzjahren entschieden, das LF 8 zu ersetzen. So arbeitete Hönig, selbst Mitglied der Wehr, dabei mit, ein modernes Modell zu beschaffen. Wie er erklärt, würde das ausrangierte Modell üblicherweise von einem Händler gekauft und umfunktioniert beziehungsweise ins Ausland gebracht werden. Nicht mit Hönig: „Ich wollte, dass es original und in der Region bleibt.“ Ein paar Gespräche mit der Feuerwehr, ein Angebot an die Gemeinde, eine Vorstellung des Anliegens durch Bürgermeister Jürgen Mailänder im Gemeinderat und eine Abstimmung später war der junge Hermaringer stolzer Besitzer eines Löschfahrzeug 8.
Kai Hönigs Begeisterung für Fahrzeuge
Hönig, der inzwischen in Herbrechtingen lebt, arbeitet als Entwicklungsingenieur bei Voith und hat zuvor eine Ausbildung zum Elektriker gemacht. Die Begeisterung für Fahrzeuge hat er in die Wiege gelegt bekommen. Sein Vater war Nutzfahrzeugmechaniker und unterstützt ihn immer wieder bei den Arbeiten am LF 8. An diesem musste zunächst einiges repariert und ausgebessert werden. „Ich hatte nie vor, es komplett zum Reisemobil umzubauen“, blickt Hönig zurück.
Dennoch keimte irgendwann der Wunsch in ihm, einen Wochenendtrip mit dem Fahrzeug zu unternehmen. Gesagt, getan – und kurze Zeit später hatte der Hermaringer den Mannschaftsraum mit einem selbstgebauten Gestell und einer Matratze zum Schlafplatz umfunktioniert. Um das Reisen mit dem L8 komfortabler zu machen, rüstete er es schnell mit einer Zusatzbatterie, einem Stromaggregat, mehreren Wasserkanistern und einem Radio auf. Später ließ er sogar eine Konstruktion folgen, mit der sein Moped auf Reisen immer dabei sein kann.
Wie weit soll der Umbau führen?
Inzwischen liegen unzählbare Stunden an Arbeit und diverse Reisen hinter Hönig. „Das Fahrzeug ist mir ans Herz gewachsen“, sagt er. Nur eine Frage lässt ihn nicht los: Soll das Gefährt zum Reisemobil im Feuerwehr-Look werden, oder ein originales Feuerwehrfahrzeug mit zusätzlichen Campingfunktionen bleiben? „Ich bin noch im Zwiespalt“, erzählt Hönig. Zuletzt hat er sich sogar Aufkleber des Herstellers Ziegler aus Giengen organisiert, mit denen das LF 8 dann, zumindest von außen, genau so aussehen wird wie in seinem Baujahr.
Selbst der Schriftzug „Rauchmelder retten Leben“ zierte noch die Seite des Fahrzeugs, als Hönig und seine Freundin Janine Mack im Juni dieses Jahres aufbrachen. „Die Idee war, in Richtung Rotterdam zu kommen“, erzählt Hönig. So ging es über das „beeindruckende“ Luxemburg und die belgische Hauptstadt Brüssel an die niederländische Küste. Nach fünf Tagen in der Provinz Zeeland fuhr das Paar „auf den Dämmen in Richtung Rotterdam“ und machte sich nach der Besichtigung auf den Weg zurück in die Heimat. „Es lief komplett problemlos“, lobt Hönig sein Fahrzeug, das im Gegensatz zu dieser „eher gemütlichen Sommerausfahrt“ auch schon deutlich anspruchsvollere Reisen gemeistert habe.
Hindernisse auf der Camping-Reise
Gemütlich war es allerdings nicht immer, denn der Campingurlaub mit dem 7,5 Tonnen schweren Fahrzeug brachte auch Hindernisse mit sich. „Man hat eigentlich keinen Aufenthaltsraum bei schlechtem Wetter“, sagt Hönig und Mack ergänzt: „Wir mussten immer wieder improvisieren.“ Die 26-Jährige war bisher eher selten im Campingurlaub, schon gar nicht mit einem Feuerwehrfahrzeug. „Man lernt zu schätzen, was man zu Hause hat“, sagt sie und freut sich dennoch über ein „aufregendes Abenteuer“.
Mit großem Aufwand waren für Hönig und Mack die Recherchen verbunden, wo welche Regeln für Lkw-Oldtimer gelten. So mussten sie sich einen Campingplatz am Rande Brüssels suchen und mit dem Fahrrad die Stadt erkunden. Der Grund: Ein Einfahrverbot aufgrund des hohen Schadstoffausstoßes. Angesprochen auf die schlechten Abgaswerte und den Dieselverbrauch von 15 bis 18 Liter pro 100 Kilometer gerät Hönig ins Grübeln. Dann sagt er: „Es ist schon ein Zwiespalt, aber alte Fahrzeuge und die Historie zu erhalten sind es mir wert, mit einem ,Luftverpester’ herumzufahren.“ Zudem verweist er darauf, dass die Fahrweise gerade beim Lkw eine entscheidende Rolle spiele.
„Ein Stück Geschichte aus meiner Heimat Hermaringen“
Dass ihm sein LF 8 viel bedeutet, zeigen nicht nur die vielen Kosten, die er auf sich genommen hat: „Es ist ein Stück Geschichte aus meiner Heimat Hermaringen.“ Wie Mack erzählt, überlegte Hönig auch während des gemeinsamen Urlaubs immer wieder, wie er das Fahrzeug noch verbessern könnte. „Das ist ein Problem bei mir, dass ich immer schon wieder an das Nächste denke“, gibt Hönig zu, der „umbautechnisch eine lange To-do-Liste“ hat. Eine Idee für die nächste Reise hat er auch schon: „Ich möchte einmal um die komplette Ostsee fahren.“ Wie weit er sein LF 8 bis dahin umgebaut hat, tüftelt er noch aus.
Aller Anfang ist schwer
Aus der Anfangszeit des Löschfahrzeug 8 hat Kai Hönig zwei ganz besondere HZ-Artikel zugespielt bekommen. Sie erzählen folgende Geschichte: Kurz nachdem die Hermaringer Feuerwehr 1986 das nagelneue LF 8 bei Ziegler in Giengen abgeholt hat, war es schon wieder kaputt. Nach nur zwei Tagen kam ein Autofahrer von der Fahrbahn ab, krachte durch das Tor des Gerätehauses und auf das neue Fahrzeug. Weil sich der Versicherungsfall lange zog, wurde das LF schließlich erst 1988 zugelassen. Kurios: Bei den Reparaturarbeiten war es ausgerechnet Kai Hönigs Vater, der während seiner Ausbildung bei der Firma Sing in Giengen den Motor des Fahrzeugs ausbaute.